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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Sie war blass geworden.
    »Was ist?«, fragte Reacher.
    Sie ignorierte ihn. Machte auf dem Absatz kehrt und rief den letzten in der Hotelhalle verbliebenen Agenten zu sich. Erklärte ihm, er müsse sie für den Rest des Abends als Teamführer vertreten. Sprach dann in ihr Mikrofon und wiederholte diese Information für alle Agenten auf der Einsatzfrequenz. Wies sie an, ihre Wachsamkeit zu verdoppeln, die Mindestabstände zu halbieren und die Zeit, in der Armstrong exponiert war, möglichst noch mehr zu verkürzen.
    »Was ist?«, wiederholte Reacher.
    »Zurück ins Büro«, erklärte Froelich. »Sofort. Das war Stuyvesant. Sieht so aus, als stünden wir vor einem echten Problem.«

9
     
    Sie schaltete die roten Blinkleuchten ein und bahnte sich einen Weg durch den Abendverkehr, als ginge es um Leben oder Tod. Stellte an jeder Verkehrsampel die Sirene an. Sprach nicht. Reacher saß reglos auf dem Beifahrersitz. Neagley lehnte sich vom Rücksitz nach vorn und starrte auf die Fahrbahn. Das schwere Fahrzeug schwankte und schlingerte und hatte alle Mühe, auf dem glitschigen Asphalt nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Die Tiefgarage erreichten sie in weniger als vier Minuten. Dreißig Sekunden später waren sie im Aufzug und gleich darauf in Stuyvesants Büro. Er saß, auf seinem Stuhl zusammengesackt, als habe jemand ihm einen Magenhaken verpasst, unbeweglich an seinem tadellos aufgeräumten Schreibtisch und hielt einen Stapel Blätter in der Hand. Durchscheinendes Licht zeigte, dass das erste Blatt eine kodierte Kopfzeile wie ein Ausdruck aus einer Datenbank trug. Darunter standen zwei einzeilig geschriebene Absätze. Seine Sekretärin neben ihm reichte ihm weitere Ausdrucke, Blatt für Blatt. Sie war kreidebleich und verließ den Raum, ohne ein Wort zu sagen.
    »Was ist los?«, sagte Reacher.
    Stuyvesant sah zu ihm auf. »Jetzt weiß ich ’ s auch.«
    »Was wissen Sie?«
    »Dass wir’s hier mit Leuten von außen zu tun haben. Garantiert. Ganz ohne Zweifel.«
    »Wieso?«
    »Sie haben gesagt, die Demonstration werde theatralisch sein«, sagte Stuyvesant. »Oder spektakulär. Man könnte sie auch dramatisch oder unglaublich oder sonst wie nennen.«
    »Was hat’s gegeben?«
    »Wissen Sie, wie hoch unsere nationale Mordrate ist?«
    Reacher zuckte mit den Schultern. »Hoch, vermute ich.«
    »Fast zwanzigtausend pro Jahr.«
    »Okay.«
    »Das sind etwa vierundfünfzig Morde pro Tag.«
    Reacher rechnete im Kopf nach. »Eher fünfundfünfzig«, sagte er. »Außer in Schaltjahren.«
    »Wollen Sie von zweien hören, die heute verübt wurden?«, fragte Stuyvesant.
    »Wer?«, fragte Froelich.
    »Kleine Zuckerrübenfarm in Minnesota«, erwiderte Stuyvesant. »Der Farmer geht heute Morgen durch sein rückwärtiges Grundstückstor und wird mit einem Kopfschuss erledigt. Ohne erkennbares Motiv. Der zweite Mord hat sich in Colorado ereignet – in einem kleinen Einkaufszentrum außerhalb von Boulder. In einem der oberen Stockwerke hat ein Steuerberater sein Büro. Der Kerl fährt nach unten, geht durch den Hinterausgang und wird auf dem Service-Innenhof mit einer Maschinenpistole niedergemäht. Auch hier ist kein Motiv erkennbar.«
    »Und?«
    »Der Farmer hat Bruce Armstrong geheißen. Der Steuerberater Brian Armstrong. Beide waren Weiße, ungefähr in Brook Armstrongs Alter, ungefähr gleiche Größe, gleiches Gewicht, ähnliches Aussehen, gleiche Haar- und Augenfarbe.«
    »Gehören sie zur Familie? Sind sie verwandt?«
    »Nein«, antwortete Stuyvesant. »Nicht untereinander, nicht mit dem Vizepräsidenten. Deshalb frage ich mich: Wie hoch sind die Chancen? Dass zwei Männer, die mit Nachnamen Armstrong heißen und deren Vornamen beide mit BR anfangen, an dem Tag, an dem wir’s mit einer ernsten Drohung gegen unseren Mann zu tun haben, ›zufällig‹ das Opfer sinnloser Morde werden? Und ich denke, dass die Antwort ungefähr eins zu einer Million lautet.«
    Schweigen.
    »Die Demonstration«, bemerkte Reacher.
    »Ja«, sagte Stuyvesant. »Das war die Demonstration. Eiskalter Mord. Zwei unbeteiligte Männer. Deshalb stimme ich Ihnen zu. Das sind keine Insider, die sich einen Scherz erlauben.«
    Neagley und Froelich setzten sich, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Reacher lehnte an einem hohen Aktenschrank und starrte aus dem Fenster. Die Jalousie war noch offen, aber draußen war es bereits dunkel.
    »Wie haben Sie es erfahren?«, fragte er. »Hat jemand angerufen und die Verantwortung dafür übernommen?«
    Stuyvesant

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