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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Zuverlässigkeit und extreme Treffsicherheit gehören. Die Ausführung mit Schalldämpfer funktioniert sogar noch besser, weil das Gewicht des integrierten Schalldämpfers eine Tendenz abmildert, die jede Maschinenpistole aufweist: dass ihre Mündung bei jedem Feuerstoß in die Höhe schnellt. Ihr einziger Nachteil ist die Gewalt, mit der sie die leeren Patronenhülsen ausspuckt. Sie werden seitlich ebenso schnell ausgeworfen, wie die Geschosse den Lauf verlassen. Und sie fliegen weit. Im Normalfall stellte das kein Problem dar, denn die Waffe war für Einsätze militärischer Eliteeinheiten in aller Welt bestimmt. Aber in dieser Situation warf es Probleme auf. Es bedeutete, dass der Todesschütze sechs leere Patronenhülsen zurücklassen musste, als er sich die Maschinenpistole unter seinen Mantel stopfte, über Armstrongs Leiche hinwegstieg, den kleinen Innenhof verließ und zu seinem Wagen ging.
    Um achtzehn Uhr vierzig drängten sich fast siebenhundert Gäste in der Hotelhalle. Sie bildeten eine lange, lockere Schlange, die von der Drehtür über die Garderoben bis zum Saaleingang reichte. Die Luft war erfüllt von aufgeregten Stimmen und einer betörenden Mischung aus teuren Parfüms. Man sah neue Kleider, weiße Dinnerjackets, dunkle Anzüge und bunte Krawatten; Abendtaschen und kleine Kameras in ledernen Hüllen; Lackschuhe mit hohen Absätzen und glitzernde Brillanten; frische Dauerwellen und nackte Schultern.
    Reacher beobachtete die Szenerie an einer Säule in der Nähe der Aufzüge lehnend. Draußen auf der Straße standen drei Sicherheitsleute; zwei davon an der Drehtür, wo sie den Metalldetektor bedienten. Er piepste bei fast jedem vierten oder fünften Gast. Die Agenten durchsuchten Handtaschen und tasteten Gäste nach Waffen ab. Dabei lächelten sie mit Verschwörermiene. Niemand protestierte gegen diese Prozedur. Drei weitere Agenten streiften durch die Hotelhalle: Mienen unbeweglich, Augen ständig in Bewegung. Nochmals drei Agenten waren am Eingang des Ballsaals postiert. Sie kontrollierten Ausweise und Einladungen. Ihr Metalldetektor reagierte ebenso empfindlich wie der an der Drehtür. Manche Leute wurden zum zweiten Mal durchsucht. Aus dem Ballsaal hörte man bereits Musik.
    Neagley war Reacher gegenüber auf der anderen Seite der Hotelhalle auf der zweiten Stufe einer ins Mezzanin hinaufführenden Treppe postiert. Ihr Blick bewegte sich wie ein Radargerät: von links nach rechts und wieder zurück über das Menschenmeer hinweg. Nach jedem dritten Suchlauf sah sie rasch zu Reacher hinüber und schüttelte kaum merklich den Kopf. Er konnte beobachten, wie Froelich sich scheinbar ziellos durch die Menge bewegte. Sie sah gut aus. Ihr schwarzer Hosenanzug war elegant genug für diesen Abend, aber niemand würde sie für einen Gast halten. Sie strahlte Autorität aus. Manchmal blieb sie stehen, um mit einem der Agenten ein paar Worte zu wechseln. Manchmal sprach sie ins Mikrofon an ihrem Handgelenk. Nach einiger Zeit konnte Reacher genau sagen, wann sie über ihren Kopfhörer Meldungen empfing. Ihre Bewegungen wirkten dann etwas weniger zielgerichtet.
    Um neunzehn Uhr befanden sich die meisten Gäste im Saal. Eine kleine Traube von Nachzüglern wartete noch vor dem ersten Metalldetektor, und eine ebenso kleine Gruppe wurde am Eingang des Ballsaals kontrolliert. Gäste, die zum Sonderpreis hier im Hotel übernachteten, kamen paarweise oder zu mehreren aus den Aufzügen. Neagley stand jetzt allein auf der Treppe zum Mezzanin. Als das Gedränge in der Hotelhalle abnahm, schickte Froelich ihre Agenten in den Ballsaal zu den acht anderen, die dort bereits im Einsatz waren. Alle sechzehn sollten sich bei Armstrongs Eintreffen im Saal befinden. Hinzu kamen die drei Agenten seiner persönlichen Leibwache, drei am Saaleingang und zwei an der Drehtür. Dazu Cops in der Küche, in der Ladebucht, auf allen siebzehn Etagen und auf der Straße.
    »Wie viel kostet das alles?«, fragte Reacher sie.
    »Das verrate ich dir lieber nicht«, erwiderte sie. »Es würde dich umhauen.«
    Neagley verließ ihren Platz auf der Treppe und gesellte sich zu ihnen. »Ist er schon da?«, fragte sie.
    Froelich schüttelte den Kopf. »Wir komprimieren die Zeit, in der er exponiert ist. Er kommt spät und geht früh.«
    Plötzlich erstarrte sie und horchte auf eine Stimme in ihrem Ohrhörer. Presste ihn mit einer Hand ans Ohr, um die Hintergrundgeräusche auszuschalten. Dann sprach sie ins Mikrofon.
    »Verstanden, Ende«, sagte sie.

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