Tödliche Aktien
Schnauze nur noch wenige Zentimeter von meiner Hose entfernt war, während er immer noch in kurzen Abständen sein heiseres Knurren hervorstieß. So dicht wie möglich preßte ich mich an die Mauer hinter mir und schob die Hände langsam nach vorn, um mich zu schützen.
»Lassen Sie das!« rief Doogie. »Oder Sie sind Ihre Finger los.«
Vorsichtig bewegte ich sie wieder zur Seite.
»Sie haben heute die Demonstration gesehen«, sagte Doogie. Eine Sekunde lang hob ich den Blick, um ihn anzusehen. Er wippte auf seinen Fußballen und sprach ruhig, aber mit einem drohenden Unterton. »Die Virtuelle Realität muß gestoppt werden, und wir werden das erreichen. Unter allen Umständen!«
Der Hund knurrte. Ich blickte hinab. Von seinen Lefzen hing ein Speichelfaden.
»Nun, das wird nicht ohne ein paar Opfer abgehen. Bei FairSystems zum Beispiel. Wir werden FairSystems vernichten. Haben Sie verstanden?«
Ich sagte keinen Ton, sondern hielt meinen Blick wie gebannt auf den Hund gerichtet.
»Also, wenn ich Sie wäre, würde ich die ganze Sache hier vergessen und einen Abgang machen. Und kein Wort zur Polizei, verstanden?«
Ich achtete nicht auf Doogie, deshalb sah ich den Schlag nicht kommen. Es war eine blitzschnelle Bewegung, ein trockener Haken auf den Solarplexus. Abermals ging ich zu Boden, und diesmal bekam ich wirklich keine Luft mehr. Vergeblich riß ich den Mund auf. Das Bild der Straße trübte sich von den Rändern her ein. Nach endlos langer Zeit fühlte ich wieder den lebensrettenden, kühlen Sauerstoff in meine Lungen strömen. Mir war übel.
Als ich den Kopf vom Straßenpflaster hob, sah ich sechs Füße, die sich entfernten – Doogies und die seines Hundes.
SECHZEHN
Alle Morgenzeitungen brachten etwas über die Demonstration, aber meist irgendwo im Mittelteil versteckt. Doogies Anschuldigungen zitierten sie unter Vorbehalt. Wie bei Reuters war von »unbestätigten Berichten« die Rede. In der »Financial Times« stand eine kurze Nachricht. Und Susan hatte einen kleinen Beitrag in »Scotland Today«, der regionalen Nachrichtensendung, gesehen. Mein Zusammenstoß mit »diesem Doogie«, so Susan, habe auf dem Bildschirm ziemlich dramatisch ausgesehen. Offenbar hatte man in der Firma nicht gerade die besten Erinnerungen an Doogie.
Gegen elf schaute Rachel bei mir im Büro vorbei.
»Heute morgen sehen Sie aber viel besser aus«, sagte ich.
Sie lächelte. »Zwölf Stunden Schlaf können wahre Wunder tun. Aber haben Sie die Zeitungen gesehen?«
»Ja. Nicht sehr erfreulich, was? Trotzdem, es hätte schlimmer kommen können. Wenigstens haben sie die Bergey-Geschichte nicht bestätigt.«
»Ja. Ich versteh’ nicht, warum Doogie den Brief nicht gezeigt hat.«
»Die Story, daß die Familie anonym bleiben will, nehmen Sie ihm doch nicht ab?«
»Nein. Das ist Blödsinn.«
»Wissen Sie, daß ich gestern abend eine ziemlich unangenehme Begegnung mit ihm hatte?«
»Wo?«
»Vor Inch Lodge. Mit seinem Hund. Er will FairSystems kaputtmachen. Ich soll endlich abhauen.«
»Warum sollten Sie?«
»Er und sein Hund waren ziemlich überzeugend.«
»Oh.« Rachel sah mich mitfühlend an. »Haben Sie’s schon der Polizei erzählt?«
»Er hat gesagt, ich soll es bleiben lassen, aber ich hab’s doch getan. Heute morgen war ich bei Sergeant Cochrane. Sie werden Doogie ganz schön in die Mangel nehmen. Aber es gab ja keine Zeugen. Also können sie nicht viel machen. Und wenn Cochrane recht hat, genießt Doogie seine Auftritte bei der Polizei geradezu. So ein Verhör gibt ihm offenbar das Gefühl, ein richtiger Revolutionär zu sein. Anscheinend kennt er seine Rechte genau. Und die seines Hundes.«
»Und? Gedenken Sie seinen Ratschlag zu beherzigen?«
»Nein«, ich lächelte. »Ich mag es nicht, wenn man mich bedroht.«
»Gut. Aber seien Sie vorsichtig. Man weiß nie, was Doogie im Schilde führt.«
»Mach’ ich, keine Sorge.«
Rachel wollte gehen, als Susan in der Tür auftauchte. »Carl Jenson ist wieder da. Er möchte mit Ihnen sprechen.«
»Jenson?« Ich blickte Rachel an. Sie zuckte mit den Achseln. »Na gut, schicken Sie ihn rein! Können Sie bei dem Gespräch dabeisein, Rachel?«
Kurz darauf kam Jenson in mein Büro gestürmt. »Hallo, Mark. Hallo, Rachel. Wie geht’s?«
Ich bot ihm einen Stuhl an, aber er beachtete es nicht.
»Gefällt mir, wirklich«, sagte er und zeigte auf das elektronische Fenster. »Scheint so, als ob sich das Sonnenlicht mit den Tageszeiten verändert. Werden die Tage im Winter
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