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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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»Und er hat sich für mich interessiert, denke ich.«
    »Ja, das hat er.« Rachel lächelte. »Er hat viel von Ihnen gesprochen. Aber er war in allem, was er getan hat, so unglaublich zielstrebig. Manchmal war er wie ein Automat.«
    »Hören Sie auf!« protestierte ich. »Ich bin ein Trader. Man erwartet von mir, daß ich kalt und leidenschaftslos an die Dinge herangehe.«
    Rachel lachte nur.
    »Na gut, ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«
    »Nein«, sagte sie. »Ich mag es.«
    Ich fuhr sie zu ihrer Wohnung in Glenrothes. Sie bot an, ein Abendessen zu kochen. Ich nahm gern an. Als wir die Treppe hinaufgingen, war ich plötzlich neugierig zu sehen, wie diese eigenartige Frau lebte. Sie machte sich in der kleinen Küche sofort an die Arbeit und forderte mich auf, mich umzusehen. Ich ließ mich nicht zweimal bitten.
    Die Wohnung war klein und einfach: Wohnzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer und Küche. Das Wohnzimmer war mit Büchern vollgestopft, was mich überraschte. Ich fragte mich, wann Rachel Zeit fand zu lesen. Rasch sah ich die Regale durch. Überall sah man die schwarzen Buchrücken der Penguin-Klassiker. Natürlich auch Lehrbücher und Zeitschriften über Computer. Und es gab einen ganzen Schrank voller Lyrik. Einige Autoren kannte ich – Yeats, Auden, Tennyson, aber von vielen hatte ich noch nie gehört.
    Neben diesem Schrank stand der unvermeidliche Computer auf einem erstaunlich ordentlichen Schreibtisch. An den Wänden hingen Kunstdrucke, hauptsächlich abstrakte Malerei. An der Wand über dem kleinen Gaskamin stiftete ein riesiger Jackson Pollock Verwirrung.
    Ich ging wieder in die Küche zurück. Auf dem Tisch stand eine geöffnete Hasche Valpolicella. Rachel machte eine einladende Handbewegung. »Bedienen Sie sich!« sagte sie. Ich goß mir ein Glas ein, nahm einen Schluck und spürte, wie mir das starke, dunkle Getränk den Magen erwärmte. Wie schaffte es Rachel, soviel von dem Zeug zu trinken, ohne Kopfschmerzen zu bekommen?
    Wir aßen an einem kleinen Tisch im Wohnzimmer. Die Spaghetti waren gut, die Soße überraschend schmackhaft. Nach dem Essen unterhielten wir uns noch lange, während die Dunkelheit des Sommerabends langsam ins Zimmer kroch. Irgendwann fragte ich sie nach den Lyrikwerken, die ich in ihrem Bücherschrank entdeckt hatte, nach all den Namen, die mir unbekannt waren.
    »Ach die! Das sind alles Amerikaner. Sie gefallen mir sehr.« Rachel schien ein bißchen verlegen zu sein.
    »Ich wäre nie darauf gekommen, daß du dich für Lyrik interessierst«, sagte ich. Wir hatten uns inzwischen darauf verständigt, auf das alberne Sie zu verzichten.
    »Ach, nicht besonders. Eigentlich kaum.«
    Ich lächelte sie an. »Natürlich tust du das. Warum hättest du sonst all die Bücher.«
    Interessiert sah Rachel mich an. »Liest du Gedichte?« fragte sie.
    Gern hätte ich die Frage bejaht, aber es wäre gelogen gewesen. »Ich würde gerne, aber ich hab’ keinen Zugang. Wenn ich Gedichte lese, sehe ich nur die Wörter. Aus irgendeinem Grund erkennt mein Gehirn den Sinn oft nicht.«
    »Dann solltest du laut lesen«, sagte Rachel. »Gedichte muß man hören, nicht lesen.«
    »Dann lies doch bitte welche vor!« sagte ich.
    »Auf keinen Fall!«
    »Komm schon. Ich hör’ zu. Ich höre gerne zu.«
    »Na gut.« Sie lächelte etwas verlegen, ging zum Bücherschrank und nahm ein paar Bände heraus. Dann setzte sie sich auf den Fußboden, zog die Beine unter und begann vorzulesen. Ich saß in einem Sessel, hörte zu und sah sie an.
    Ein gewisser James Wright hatte die Gedichte geschrieben. Von einfachen Dingen war die Rede: einem Mann in einer Hängematte, zwei Indianerponys. Rachel las sie wundervoll. Mit ihrer leisen, etwas heiseren Stimme und dem leichten schottischen Akzent verlieh sie jedem Gedicht eine ganz eigene Atmosphäre. Offenkundig kannte sie genau, was sie da las, denn sie brachte viele Nuancen zur Geltung, die ein gelegentlicher Leser sicherlich übersehen hätte.
    Nach Wright kam Lawrence Ferlinghetti an die Reihe. Ich hörte nicht mehr auf die Worte, sondern ließ mich ganz von Rachels Stimme gefangennehmen. Das Licht der Stehlampe neben dem Bücherschrank warf einen weichen goldenen Schimmer auf ihr Gesicht. In ihren braunen Augen brannte ein dunkles Feuer, als sie über die Seiten glitten. Hin und wieder strichen ihre schlanken Hände das braune Haar zur Seite, wenn es ihr in dicken Strähnen ins Gesicht fiel.
    Wie verzaubert schaute ich sie an.
    NEUNZEHN
    Der Wind blies mir ins

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