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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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wir für Sie tun?«
    »Ich wollte ein paar Dinge mit Ihnen abklären«, begann Yoshi in lässigem Amerikanisch. »Da wäre zunächst mal die Linie, die wir jetzt auf dem virtuellen Unterhaltungsmarkt fahren. Nach unserem Gespräch neulich ist es nur fair, daß wir Sie auf dem laufenden halten.«
    Er hielt inne. Ich bedeutete ihm fortzufahren.
    »Wir haben uns mit einer kleinen Firma in Japan zusammengetan. Die entwickelt gerade einen VR-Simulationsmanager, den wir für unsere virtuelle Unterhaltungssoftware verwenden können. Nicht ganz so gut wie Ihr Produkt, aber fast. Für unsere Zwecke reicht es bestimmt.«
    Ein Bluff, dachte ich. Sonst wäre er nicht hier. Das Spielchen konnte er haben. »Also brauchen Sie den Vertrag mit uns gar nicht mehr?« sagte ich gleichmütig.
    »Genau das, Mark.«
    »Nun, ich freue mich, daß Sie eine befriedigende Lösung für Ihr Problem gefunden haben«, sagte ich und ließ nicht die geringste Besorgnis anklingen. »Allerdings verstehe ich nicht ganz, warum Sie dann hier sind?«
    Einen Augenblick sah Yoshi mich prüfend an. Augenscheinlich hatte er sich eine andere Reaktion erhofft. Er wußte, daß wir in Schwierigkeiten steckten, und hoffte, uns unter Druck setzen zu können. Doch diese Suppe gedachte ich ihm gründlich zu versalzen. Ich hatte auch meinen Stolz und war mir einfach sicher, daß er bluffte. »Wir wissen, daß FairSystems Übernahmeangriffen ausgesetzt ist«, sagte er, »und daß Jenson Computer Ihre Aktien aufkauft.«
    Er wartete auf eine Bestätigung von mir. Aber das Vergnügen gönnte ich ihm nicht.
    »Aller Wahrscheinlichkeit nach werden Sie sich bald von Ihrer Unabhängigkeit verabschieden müssen«, fuhr er fort. »Ich bin hier, um Ihnen ein Angebot für Ihr Unternehmen zu machen. Uns ist an einer sozialverträglichen Lösung gelegen. Sie und alle Ihre Leute behalten ihren Job, falls Sie es wünschen. Wir haben das Gefühl, daß FairSystems und Onada Industries ausgezeichnet zusammenpassen würden.«
    Nun war die Katze also aus dem Sack. Die Raubtiere umschlichen uns schon. Wieder wartete Yoshi auf eine Reaktion. Diesmal bekam er sie.
    »Nein«, sagte ich.
    Er ließ nicht locker. »Hören Sie, die Arbitrageure schießen sich ein, Mark. FairSystems’ Tage als unabhängiges Unternehmen sind gezählt.«
    »Nein«, sagte ich wieder.
    Yoshi seufzte tief auf. »Der Zusammenschluß würde eine enorme Schubkraft entfalten. Mit Ihrer VR-Software und unserer Hardwaretechnologie würde Onada auf dem elektronischen Unterhaltungsmarkt rasch den Sieg über Sega davontragen. Die haben nichts, was sich damit messen könnte. Denken Sie darüber nach.«
    »Nein.« Es fing an, mir Spaß zu machen.
    Yoshi versuchte es mit einer anderen Taktik. »Ich kann Ihnen versichern, daß Sie mit einer japanischen Gruppe viel besser fahren als mit einem US-Unternehmen. Die Amerikaner nehmen Entlassungen in großem Maßstab vor und drücken die Kosten. Japaner dagegen investieren langfristig. Deshalb beherrschen sie den Elektronikweltmarkt.«
    »Nein.«
    Yoshi hob hilflos die Hände. Suchend wanderten seine Augen zu David, der noch kein Wort gesagt hatte und ein undurchdringliches Pokerface aufgesetzt hatte.
    »Okay«, sagte Yoshi schließlich. »Ich hab’s begriffen. Aber unser Angebot wird nicht unbegrenzt auf dem Tisch bleiben. Sobald wir mit der anderen Firma abgeschlossen haben, brauchen wir Sie nicht mehr. Dann wird es zu spät sein. Entweder gehen Sie pleite, oder Jenson Computer wird sich Ihre gesamte Technologie unter den Nagel reißen und das Werk hier dichtmachen. Viel Zeit bleibt Ihnen nicht mehr für eine Entscheidung.«
    Er stand auf, um zu gehen, und wir reichten uns die Hand. »Tut mir leid, daß Sie die lange Reise umsonst gemacht haben«, sagte ich.
    »Denken Sie über unser Angebot nach«, erwiderte Yoshi und ließ sich von David Baker hinausbegleiten.
    Ich schloß die Augen. Erst Jenson Computer und jetzt Onada Industries. Ich fragte mich, wie viele andere Unternehmen es wohl noch geben mochte, deren wichtigste Kunden zugleich ihre schlimmsten Feinde waren.
    ZWEIUNDZWANZIG
    Ich ging im Flur auf und ab und wartete auf David. Es dauerte mindestens zehn Minuten. Offenbar hatten Yoshi und er sich eine Menge zu sagen.
    Er versuchte kehrtzumachen, als er mich sah, aber es war zu spät. Ich zog ihn in den Konferenzraum. Ungeduldig trat er von einem Fuß auf den anderen.
    »Warum haben Sie mich angelogen, David?« begann ich.
    Er zeigte übertriebenes Erstaunen.

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