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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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läuft es mit unserem kleinen Unternehmen?« fragte Karen. Mit »unserem kleinen Unternehmen« meinte sie FairSystems; und das war es auch, denn Karen und ich hielten 7,5 Prozent der Aktien.
    »Wirklich gut«, sagte Richard und wurde sichtlich lebendig bei dem Thema. »Es war schwierig genug, aber ich denke, wir haben es fast geschafft.«
    »Oh, fast?«
    »Ihr erinnert euch sicherlich: Als ihr letztes Jahr euer Geld in die Firma gesteckt habt, habe ich euch gesagt, mein Ziel sei es, ein VR-System in jede Wohnung zu bringen. Ich denke, wir verfügen jetzt weitgehend über die technischen Voraussetzungen, um das zu schaffen.«
    »Was heißt das? Sollen wir jetzt Mikrowelle und Toaster wegschmeißen und uns statt dessen ein Cyberspace-Gerät aufstellen?«
    »Nein«, entgegnete er lachend. »Aber in einem Jahr kann jeder, der einen Personalcomputer hat, ein VR-System kaufen. Und in fünf Jahren wird es auch jeder tun.«
    »Was ist denn der entscheidende Fortschritt?« fragte ich.
    »Das kann ich leider nicht sagen. Es ist vertraulich. Aber es ist ’ne große Sache.«
    »Na, hör mal. Mir kannst du es doch sagen.«
    »Tut mir leid. Es ist wirklich vertraulich. Mehr als nur Insiderinformation. Die Geschichte wird die gesamte VR-Industrie umkrempeln und unser aller Leben verändern. Aber die Einzelheiten müssen auf einen kleinen Personenkreis im Unternehmen beschränkt bleiben.«
    Ich war ein bißchen verstimmt über Richards Geheimniskrämerei. Als würde ich losziehen und der Konkurrenz alles brühwarm erzählen. So gut mußte er mich doch kennen. Ein bißchen Vertrauen hatte ich schon verdient.
    »Wunderbar«, sagte Karen und rieb sich die Hände. »Dann gehen unsere Aktien also wieder in die Höhe.«
    Das hatte eine kleine Vorgeschichte. Fast ein Jahr zuvor hatte sich Richard verzweifelt an mich gewandt. Da es schlecht um die Liquidität von FairSystems bestellt war, sollten die Aktien des Unternehmens an der Londoner Börse plaziert werden. Doch plötzlich hatten die Broker die Plazierung storniert. Die Marktbedingungen seien ungünstig, hieß es. Die Aussichten des Unternehmens waren ausgezeichnet, doch alles Geld, das durch den wachsenden Absatz vorhandener Produkte hereinkam, wurde von neuen Entwicklungen verschlungen.
    Daraufhin tat ich zwei Dinge. Erstens investierten Karen und ich gemeinsam fünfundsiebzigtausend Pfund, die ausreichten, um die Firma ein paar Monate über Wasser zu halten. Das war zu einem Preis von fünfzig Penny pro Aktie geschehen.
    Zweitens schlug ich Richard vor, Wagner Phillips in San Francisco anzurufen, einen Wertpapiermakler, der auf kleine Technologieunternehmen spezialisiert war. Wagner Phillips leistete ausgezeichnete Arbeit, und das Unternehmen plazierte seine Aktien im November letzten Jahres an der NASDAQ, der Amerikanischen Börse für Kleinunternehmen. Die Aktien, für einen Kurs von zehn Dollar emittiert, kletterten in den ersten Tagen auf stolze zwölf Dollar. Angesichts unseres Investitionskurses von fünfzig Penny, etwa fünfundsiebzig Cent, bedeutete das für jeden von uns einen nicht realisierten Kursgewinn von achthundertfünfzigtausend Dollar. Der Champagner floß in Strömen.
    Allerdings hatten wir uns bei der Plazierung schriftlich verpflichten müssen, zwei Jahre lang auf den Verkauf unserer Aktien zu verzichten. Etwa drei Monate lang blieb die Situation unverändert, dann begann der Aktienkurs stetig nachzugeben bis auf den heutigen Stand von sechs Dollar. Und es waren immer noch achtzehn Monate, bevor wir verkaufen durften.
    Richard zögerte. »Ja, sie müßten steigen«, sagte er und versuchte, überzeugend zu klingen.
    Karens Gesichtsausdruck signalisierte Skepsis. Sie hatte das alles schon mehr als einmal gehört. Das hatten wir beide. Immer wieder hatte Richard gesagt, FairSystems werde eines Tages viele hundert Millionen wert sein, wenn wir nur bei der Stange blieben. Bis dahin war ich immer geneigt gewesen, meinem Bruder zu glauben. Karen weniger.
    Sie hatte gewußt, was sie tat, als sie ihr Geld investiert hatte. Schließlich war sie Wertpapierhändlerin. Und der nicht realisierte Kursgewinn war noch immer recht ansehnlich. Doch achtzehn Monate sind eine lange Zeit in der Welt der Computertechnologie, und Karen war keineswegs davon überzeugt, daß es FairSystems am Ende dieser Frist noch geben würde. In der kurzen Zeit ihrer Berufstätigkeit hatte sie viele High-Tech-Unternehmen kommen und gehen sehen. Ich kannte ihre Auffassung und hatte ein schlechtes

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