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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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der Lotusposition und ich, die Beine unbequem unter meine Sitzfläche gezogen.
    »Vor ein paar Jahren«, erklärte Jenson, »hat mir so ein Bursche gesagt, ich müßte langsamer treten oder ich würde es nicht mehr lange machen. Meinte, ich sollte jeden Tag meditieren. Also hab’ ich’s gemacht. Und es wirkt.« Er schloß die Augen. »Lassen Sie uns jetzt ein paar Minuten still sein.«
    Also schwiegen wir. Jenson atmete tief – durch die Nase ein und durch den Mund aus. Ein merkwürdiger Anblick, dieses Energiebündel in solcher Ruhe zu sehen. Ich zweifelte nicht daran, daß es Jenson guttat, jeden Tag ein paar Minuten auszuspannen. Und es überraschte mich nicht, daß er die Entspannung genauso besessen betrieb wie alles andere.
    Nach ein paar Minuten begannen die Ruhe und das rieselnde Wasser auch auf mich zu wirken. Für meine Beine fand sich eine bequemere Stellung, während das leise Plätschern und die Farne an einen feuchten schottischen Hügel denken ließen.
    Schließlich kam wieder Bewegung in Jenson. Er atmete noch einmal tief durch und wandte sich uns zu. »Das tut gut, nicht wahr? Also, verkaufen Sie mir FairSystems?«
    Sofort auf den Punkt. Ich fragte mich, ob das bizarre Ritual vielleicht nur eine Art Verhandlungstechnik war. Ich befand mich in Jensons Privatbereich, war nicht auf der Hut und leicht zu überrumpeln.
    Falls das seine Absicht war, hatte er sich in den Finger geschnitten.
    »Nein«, sagte ich.
    »Hören Sie, Sie haben keine Wahl. Wenn Sie nicht an mich verkaufen, fährt der Zug ohne Sie ab. Aber wenn Sie es tun, machen Sie eine der besten Partien, die Sie sich vorstellen können. Kapieren Sie das nicht?«
    »Na ja«, sagte ich, »ich glaube nicht, daß die Sache so einfach liegt. Wir haben gerade einen Vertrag mit einer japanischen Gesellschaft ausgehandelt, Onada Industries. Wir gestatten ihr die Nutzung unseres Simulationsmanagers und unseres Graphiksystems und erhalten dafür genügend Geld, um weiterzumachen.«
    Abfällig winkte Jenson ab. »Aber sie besitzt nicht die Voraussetzungen, um die Chips herzustellen, oder? Und dann handelt es sich nur um den Markt für Spiele, ich rede hier von einer weltweiten Eroberung der VR-Märkte.«
    »Sie haben völlig recht, Carl. Wenn wir mit Ihnen zusammenarbeiten, sind wir besser dran. Ich möchte Ihnen nur klarmachen, daß wir auch ohne Sie bequem überleben können. Wir brauchen Sie nicht.«
    »Es ist trotzdem besser für Sie, wenn Sie verkaufen.«
    »Nun, ich hoffe, daß wir die gemeinsame Arbeit am Projekt Plattform fortsetzen können. Aber wir brauchen mehr Geldmittel, und ich denke nicht daran, das Unternehmen zu verkaufen. Wenn Sie uns nicht helfen, bin ich gezwungen, einen weiteren Vertrag mit Onada abzuschließen, der ihnen diesmal die ausschließlichen Rechte am Graphiksystem zusichern würde. Ich glaube, dafür werden die Japaner gerne gut bezahlen.«
    »Also, was wollen Sie?«
    »Die fünfhunderttausend Pfund, die Sie uns schulden, würden für den Anfang reichen.«
    Jensons kleine dunkle Augen durchbohrten mich. Mit einemmal waren sie zur Ruhe gekommen und richteten all ihre Energie und Kraft auf mich. Er konzentrierte sich völlig auf das Problem, und das Problem war ich.
    Ich wartete. Ein Eichhörnchen hüpfte die Holzstufen hinunter in den anmutigen Garten.
    »Damit ist es nicht getan«, sagte Jenson langsam, ohne die Augen abzuwenden. »Projekt Plattform wird die Welt verändern, davon bin ich überzeugt. Davon hängt die Zukunft meines Unternehmens ab. Und ich möchte nicht, daß Jenson Computer auf eine unsichere Klitsche angewiesen ist, die entweder pleite geht oder mit den Japanern paktiert, wenn ich nicht hingucke. Da brauch’ ich schon ein bißchen Einfluß.«
    Schweigend wartete ich.
    »Ich will fünfzig Prozent«, sagte er.
    Fragend blickte ich Rachel an. Sie zuckte mit den Achseln. Ich mußte die Entscheidung treffen.
    Das Adrenalin schoß mir in die Adern. Ein vertrautes Gefühl. Zwar saßen wir hier zu dritt in Jeans in einem pseudojapanischen Tempel, aber es hätte genausogut mein Platz bei Harrison Brothers sein können. Denn es stand eine Menge Geld auf dem Spiel. Die nächsten Minuten würden über viele Millionen Dollar entscheiden. Und ich wußte, Jenson war bereit zu verhandeln.
    »Zehn.«
    »Das ist kein Einfluß, sondern nur ’ne Geldanlage.«
    »In Ordnung. Zwanzig Prozent. Plus eines Pakets Vorzugsaktien.«
    Jensons Blick wurde noch durchdringender. Er kannte meine Verhandlungsposition und ich die

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