Tödliche Aktien
Gewohnheit, die ich in den letzten Wochen angenommen hatte. Ich sah einen kleinen weißen Astra-Lieferwagen mit zwei Männern darin. Als wir durch Markinch fuhren, fiel er etwas zurück, holte aber wieder auf, als wir an der riesigen Whiskybrennerei in Leven vorbeikamen.
»Ich glaube, uns folgt jemand«, sagte ich.
Rachel drehte sich um. »Wer? Da sind jede Menge Autos hinter uns.«
»Der weiße Lieferwagen. Er ist seit Glenrothes hinter uns.«
»Gut, fahr langsamer. Wollen mal sehen, was er dann macht.«
Ich tat wie geheißen und fuhr nur noch fünfzig Stundenkilometer. Ein Auto nach dem anderen überholte uns, nicht aber der Lieferwagen. Er hielt sicheren Abstand.
Dann beschleunigte ich wieder. Der Lieferwagen blieb hinter uns.
»Du könntest recht haben«, meinte Rachel. »Was sollen wir tun?«
»Es ist noch ein Kilometer bis zur Abfahrt Kirkhaven. Wenn sie auch abbiegen, halte ich am Polizeirevier.«
An der Abzweigung ging ich mit dem Tempo herunter und blinkte. Der Lieferwagen fuhr jetzt direkt hinter uns. Zwei große Männer saßen darin. Sie sahen aus wie Arbeiter.
Ich bog rechts ab. Der Lieferwagen setzte seinen Weg in Richtung Crail und St. Andrews fort.
Ich lachte, als sich die nervöse Spannung legte. »Ich glaube, wir sehen schon Gespenster.«
Rachel seufzte. »Nein, ein bißchen Ängstlichkeit ist durchaus angebracht. Ich möchte nicht, daß man noch mal versucht, dir den Schädel einzuschlagen.«
Ich parkte vor Inch Lodge, suchte den Kai mit den Augen ab und ließ Rachel ins Haus. Sie ging umher. »Es ist unheimlich ohne Richard.«
»Vielleicht hättest du doch nicht herkommen sollen.«
»Aber nein. Ich freue mich, daß ich hier bin. Kann ich einen Blick nach oben werfen?«
Wir gingen in Richards Schlafzimmer hinauf. »Das ist dir doch nicht vertraut, oder?« fragte ich nervös.
Sie lächelte. »Nein, hier bin ich noch nie im Leben gewesen.«
Dann küßte sie mich.
Etwas weckte mich. Es war dunkel. Ein undefinierbares Klopfen. Ich blickte zu Rachel hinüber. Schemenhaft war zu erkennen, daß sie mir den Rücken zuwandte. Ich lächelte. Dann hörte ich das Geräusch erneut. Offenbar kam es von unten, nicht von draußen.
Aufmerksam lauschend lag ich im Bett. Ich meinte, ein leises Rascheln zu vernehmen. Da beschloß ich, aufzustehen und nachzusehen.
Der Morgenmantel hing im Badezimmer, aber im Haus war es so warm, daß ich ihn nicht brauchte. Daher schlich ich nackt die Treppe hinunter. Ich wußte, da war niemand. Nie ist jemand da, wenn man nachts verdächtige Geräusche hört. Aber nachsehen mußte ich.
Die Nacht draußen war so hell, daß ich das Wohnzimmer einigermaßen überblicken konnte. Es war nichts Verdächtiges zu sehen. Eine geschlagene Minute blieb ich in der Tür stehen und lauschte.
Nichts.
Dann wandte ich mich der Küche zu. Nichts.
Ich kam mir ein bißchen lächerlich vor, wie ich da splitternackt durchs Haus strich und nach eingebildeten Eindringlingen Ausschau hielt. Wenn jemand eingebrochen wäre, dann hätte ich ihn längst entdeckt. Also machte ich mich wieder auf den Weg nach oben ins Schlafzimmer.
In der Tür stockte mir das Herz. Ein riesiger Schatten hockte auf dem Bett und drückte Rachel nieder. Im gleichen Augenblick schlang sich ein Arm um meinen Hals und zog mich nach hinten. Ich öffnete den Mund zu einem Schrei, doch der wurde von einem Tuch erstickt, das eine kräftige Hand mir so aufs Gesicht preßte, daß auch die Nase bedeckt war. Ein starker, süßlicher Geruch verursachte mir Übelkeit.
Ich warf mich nach vorn und auf die Knie, um den Angreifer hinter mir zu Fall zu bringen.
Dann schwanden mir die Sinne.
SECHSUNDZWANZIG
Meine Beine waren kalt. Kalt und naß. Und schwer von durchnäßtem Kleiderstoff. Und ich war furchtbar müde. Wollte nur noch schlafen.
Mich fror an den Beinen. Ein Rauschen war in meinen Ohren, wie von einem Wasserfall. Unter Aufbietung aller Willenskraft versuchte ich, die Augen zu öffnen, aber es war unendlich schwer. Im Hinterkopf pochte ein dumpfer Schmerz.
Meine Beine befanden sich im Wasser. Ich lag in einem merkwürdigen Winkel und lehnte an etwas.
Endlich gelang es mir, die Augen zu öffnen. Dunkelheit umgab mich. Etwas drückte auf meine Brust und schränkte meine Bewegungsfreiheit ein. Ich berührte es. Ein Sicherheitsgurt.
Jähe Panik pumpte Adrenalin in meinen Kreislauf, und plötzlich war ich hellwach. Ich sah auf. Es war ein Auto, mein BMW. Ich war im Fahrersitz festgeschnallt. Bekleidet war ich mit
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