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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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treffen. Aber ich habe das unbestimmte Gefühl, daß er uns nichts sagen wird. Doch das ist kein Anlaß zur Sorge. Wenn irgend jemand einen Anteil von mehr als fünf Prozent erwirbt, muß er das der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde mitteilen, die es öffentlich bekanntgibt. Diese Aktien sind offenbar weit gestreut. Sehen Sie, kein Anteil ist größer als zwei Prozent.«
    Ich gab mich damit zufrieden. Es behagte mir zwar nicht sehr, daß fünfhundert Nummern Anteile am Unternehmen hatten – Namen wären mir lieber gewesen –, aber wenn das System so war, mußte man es akzeptieren. Es gab keinen Anhaltspunkt dafür, daß etwas nicht stimmte. Ich bezweifelte, daß Richard dem Aktienbuch mehr entnommen hatte.
    Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, daß es bereits halb sechs war, und es gab noch einen wichtigen Punkt, den ich unbedingt ansprechen wollte.
    »Sind noch irgendwelche rechtlichen Fragen offen? Probleme mit Patenten oder dergleichen?«
    »Die sind ein Alptraum«, sagte Willie, »besonders wenn es um Software geht. Wir haben eine sehr gute Kanzlei in Edinburgh, die sich um unsere Patente kümmert. Burns Stephens.« Ich erinnerte mich – die Kanzlei, die auch Richards Nachlaß regelte. »Im übrigen bewegen sich ihre Honorare auch in vernünftigen Grenzen. Nach ihrer Ansicht ist das Patent auf unsere neue, leichte Datenbrille sehr gut, aber im Prinzip erreichen wir mit diesen Patenten nur, daß die Konkurrenz etwas länger braucht.«
    Ich zuckte die Achseln. Das Problem dürfte allen Computerfirmen gleichermaßen zu schaffen machen, dachte ich.
    »Sonst keine juristischen Probleme?«
    Abermals sah Willie etwas unglücklich drein. So kurz unsere Bekanntschaft auch war, ich konnte in seiner Miene schon lesen wie in einem offenen Buch.
    »Willie?«
    Er zögerte nicht lange. »Möglicherweise gibt es da noch ein juristisches Problem, aber es hat nicht den Anschein, als würde es uns ernsthaft zu schaffen machen.«
    »Und worum handelt es sich?«
    »Einen Unfall in Kalifornien. Ein Siebzehnjähriger, Jonathan Bergey, hat den ganzen Abend an einem unserer Systeme gespielt. Danach ist er auf sein Motorrad gestiegen, um nach Hause zu fahren. In einer scharfen Kurve ist er ins Schleudern geraten, gegen einen Baum geknallt und ein paar Stunden später im Krankenhaus gestorben. Das alles ist vor drei Monaten passiert. Der Anwalt des Vaters hat sich mit uns in Verbindung gesetzt und behauptet, der Unfall sei passiert, weil der Junge durch das Spielen am VR-Gerät unter Orientierungsstörungen gelitten habe. Ich habe mir ziemliche Sorgen gemacht, doch zwei Wochen später erhielten wir einen Brief von dem Vater selbst, in dem er uns mitteilte, er werde von einer Klage absehen. Das war eine Erleichterung. Amerikanische Rechtsstreitigkeiten gehen leicht in die Millionen.«
    »Ich dachte, wir sind auf dem Unterhaltungssektor kaum vertreten.«
    »Das ist richtig. Es war ein Versuchsprojekt, das wir zusammen mit Virtual America durchgeführt haben, einer amerikanischen Firma, die Unterhaltungsgeräte für Spielhallen produziert. Es gibt insgesamt nur zwölf Prototypen.«
    Das schien mir in der Tat ein bedenklicher Vorfall zu sein. »Sind wir versichert?« fragte ich.
    »Ich bemühe mich darum«, sagte Willie. »Aber es ist nicht leicht, wie Sie sich denken können. Es gibt keine VR-Unfallstatistiken, in die sich die Versicherungsmathematiker verbeißen könnten. Aber ich habe einen Versicherungsmakler, der sich darum kümmert. Noch hat er nicht einen einzigen Unfall entdeckt, der mit VR zu tun gehabt haben könnte – von der Geschichte in Kalifornien natürlich abgesehen.«
    Ich schüttelte den Kopf. Diese Branche war ein Minenfeld. Dagegen erschien mir der Wertpapierhandel harmlos.
    Bevor ich die Fabrik verließ, schaute ich bei Sorenson vorbei. Er saß in Richards Büro und unterhielt sich mit David Baker. Sorenson winkte mich rein.
    David kam mir in der Tür entgegen. »Interessanter Tag?«
    »Sehr interessant«, sagte ich. »Nochmals vielen Dank für die Präsentation.«
    »Keine Ursache«, sagte er und ging.
    Richards Büro war ein schmuckloser Glaskasten wie die anderen, ausgestattet mit einem schwarzen Schreibtisch und einem Computer. Wie Rachel hatte auch Richard ein kleines elektronisches Fenster. Es war abgeschaltet. Ich fragte mich, was er sich wohl für eine Aussicht gewählt haben mochte. Ansonsten waren die Wände bedeckt mit Fotos aus der Anfangszeit von FairSystems und der VR-Entwicklung. Gefährlich

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