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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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sollten und am Ende des Jahres möglicherweise noch erheblich mehr.
    »Wofür ist das?« fragte ich und zeigte auf die Jenson-Zahlungen.
    »Ach, das geht um ein Projekt, an dem Richard und Rachel gearbeitet haben.«
    »Projekt Plattform?«
    »Richtig.« Offenbar war Willie überrascht, daß ich den Namen des Projektes kannte. »Wissen Sie was darüber?«
    »Eigentlich nicht«, sagte ich. »Ich bin nur vorhin an dem Projektraum vorbeigekommen. Wissen Sie Genaueres?«
    »Oh, nein.«
    »Wieso wissen Sie dann von diesen Zahlungen?«
    »Nun, seit letztem Sommer bestehe ich auf regelmäßigen Liquiditätsflußprognosen für das Unternehmen. Deshalb nennt Richard mir den Zeitpunkt und den Umfang ausstehender Zahlungen.« Er unterbrach sich. »Ich meine ›nannte‹.« Er mußte sich erst wieder fangen. »Tut mir leid, es ist einfach unfaßbar, was geschehen ist«, sagte er stockend. Er sah so unglücklich aus, daß ich versucht war, ihm tröstend die Hand zu tätscheln. Dann nahm er sich wieder zusammen. »Vor ungefähr drei Wochen hat er mich darüber informiert, daß diese Zahlung von Jenson Computer zu erwarten sei.«
    »Und was ist mit diesen eventuellen Zahlungen später im Jahr?«
    »Er sagte, sie könnten sehr umfangreich sein. Vielleicht aber auch ausbleiben. Es hänge alles davon ab, was mit dem Projekt Plattform werde.«
    Offenbar war dieses Projekt von lebenswichtiger Bedeutung für das Unternehmen. Ich mußte mehr darüber in Erfahrung bringen.
    »Was geschieht, wenn es nach dem Sommer keine Zahlungen von Jenson Computer mehr gibt?«
    Willie blätterte in seinen Papieren. »Dann sind wir im September zahlungsunfähig.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Na ja, wenn wir Pech haben, könnte es auch schon im August der Fall sein.«
    Drei Monate. Ich hatte den deutlichen Eindruck, daß die Angelegenheit ziemlich verfahren war.
    Ich bat um genauere Zahlen – Aufschlüsselung des Absatzes nach Kunden, Forderungen, Informationen über Gewinnspannen, Entwicklungskosten der einzelnen Produkte, Lagerbestände und so fort. Willie hatte alles parat, und alles lief aufs gleiche hinaus: Monat für Monat gab FairSystems mehr Geld aus, als es einnahm.
    Ich wußte, daß kleine Unternehmen in der Regel keine sehr klaren Vorstellungen von ihrer finanziellen Lage haben. So gesehen, leistete Willie ausgezeichnete Arbeit. Aber mit jedem neuen Zahlenpaket, das er mir präsentierte, wand er sich mehr. Er rang buchstäblich die Hände.
    »Sieht nicht gut aus, Willie, oder?« sagte ich.
    »Allerdings. Sobald wir das Jenson-Geld ausgegeben haben, ist nicht mehr viel zu erwarten.«
    »Lassen sich die Entwicklungskosten noch weiter drücken?«
    »Glaube ich nicht. Sie können Rachel gerne fragen, aber in den letzten Monaten haben wir auf die meisten neuen Projekte verzichtet, bis auf dieses Projekt Plattform. Das Geld, das wir haben, brauchen wir, um die Sachen zu beenden, an denen wir gerade arbeiten. Wenn wir auch diese Projekte einstellen, haben wir sehr bald überhaupt keine Einkünfte mehr.«
    Er hatte recht. Für ein Unternehmen wie FairSystems war es Selbstmord, wenn es aufhörte, neue Produkte zu entwickeln.
    Ich sah mir die Bilanz an. »Da sind keine Kredite. Haben Sie es bei allen Banken versucht?«
    »Ja, doch. Alle schottischen Banken haben abgewinkt. Ich habe es auch bei einem halben Dutzend englischer Banken versucht, und die waren auch nicht interessiert. In unserem Aufsichtsrat sitzt Nigel Young von Muir Campion. Das ist eine der ältesten Handelsbanken in Edinburgh. Nigel hat alle seine Beziehungen spielen lassen – ohne Erfolg. Verstehen Sie? Wir haben keine Sicherheiten und keine Gewinne.«
    Ich verstand. »Wir müssen also zusehen, daß endlich Geld reinkommt?«
    Verlegen zuckte Willie mit den Achseln.
    »Ist denn damit zu rechnen, daß diese Firma irgendwann Gewinne macht?« fragte ich.
    »Richard hat gesagt, im nächsten Jahr würden wir viel Geld verdienen.«
    »Und haben Sie ihm geglaubt? Hatte er irgendwelche Zahlen?«
    »Nein, er hat keine Zahlen gehabt«, sagte Willie. »Aber er wirkte sehr zuversichtlich. Natürlich hätte ich liebend gern ein paar Unterlagen gesehen, aber irgendwie glaubte ich ihm auch so.«
    Ich machte aus meiner Skepsis kein Hehl. Vertrau mir. Genau das hatte Richard immer gesagt, und das taten die Menschen dann auch – egal wer, Karen, Willie oder ich. Aber am Ende muß man auf solche Worte Taten folgen lassen, oder man kann die Rechnungen nicht bezahlen, und der Strom wird abgestellt.
    Die

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