Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
sie in den Nächten entwickelt hatte. Ziemlich erschöpft waren wir beide aus dem Urlaub zurückgekehrt. Ich lächelte dem Schaum in meinem Bier zu.
    »Tut mir sehr leid, das mit Ihrem Bruder«, sagte der Gastwirt, als er mir nachschenkte. »War ein feiner Kerl.«
    »War er«, sagte ich.
    Mit einem Handtuch trocknete sich der Gastwirt die Hand und reichte sie mir. Er hatte ein freundliches Lächeln. »Heiße Jim Robertson.«
    Ich schüttelte die entgegengestreckte Hand. »Mark Fairfax«, sagte ich.
    Ich lehnte mich an die Bar und nahm einen kleinen Schluck aus meinem Glas. »Haben Sie Richard gut gekannt?«
    »Flüchtig«, sagte Jim. »Er kam häufig für ’n Pint und hin und wieder für ’n Schluck Whisky vorbei. Manchmal haben wir ein bißchen geplaudert. Er hatte ’ne nette Art. Oft hat er da drüben gesessen und Zeitschriften gelesen. So wissenschaftliche Sachen.« Er zeigte auf einen kleinen Tisch mit einem einzigen Stuhl auf der anderen Seite des Pubs. »Für ’n Eierkopp war er schwer in Ordnung. Er ist sogar noch am Freitag abend hier gewesen, dem Abend, bevor er starb.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Mit ’nem Chinesen war er hier.«
    »Einem Chinesen?«
    »Chinesen oder Japaner. Hab’ sie selber nich’ gesehen, aber Annie.« Mit einem Kopfnicken deutete er auf die Gruppe an der Bar.
    Das Gespräch an der Bar erstarb, da alle Jim und mir zuhörten. Die einzige Frau in der Schankstube, eine Frau mittleren Alters mit blondgefärbtem Haar, setzte ihr Weißweinglas ab und sagte: »Ja, stimmt. Er war nur ein paar Minuten hier. Er kam herein, sah den Japaner da sitzen und ging sofort zu ihm. Er war echt wütend.«
    »Haben Sie gehört, was er gesagt hat?«
    »Nein, ging nich’. War zu undeutlich. Aber er war wegen irgendwas sauer. Ist ziemlich schnell wieder weg. Der Japaner hat ausgetrunken und ist bald danach gegangen. Sah ziemlich verdutzt aus.«
    »Haben Sie ihn vorher schon mal gesehen?« fragte ich interessiert.
    »Nein, noch nie. Der war noch nich’ hier. Wenigstens nich’, wenn ich da war.« Als ich so ihr aufgedunsenes Gesicht betrachtete und sah, mit welcher Selbstverständlichkeit sie sich an der Bar breitmachte, da konnte ich mir kaum vorstellen, daß der Pub offen hatte, ohne daß sie da war.
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    »Nich’ so richtig. War ziemlich jung. Sah gut aus. Japaner. Vielleicht auch Chinese.«
    »Was hatte er an? Einen Anzug?«
    »Nein, was Lässiges, aber toll, echt toll. Blaues Hemd und schicke Hose. Was die Touris so tragen, wenn sie zum Golf spielen hier sind.«
    »Haben Sie das der Polizei erzählt?«
    Sie stieß ein alkoholisiertes Lachen aus, in das die Runde an der Bar einstimmte. Jim erklärte die Heiterkeit: »Die Bullen sind verdammt gründlich gewesen. Jeden, der älter als zwei ist, haben sie in die Mangel genommen. Die haben uns ein Loch in den Bauch gefragt nach dem Typ.«
    »Haben sie rausgekriegt, wer es war?«
    »Nicht daß ich wüßte, aber warum fragen Sie nicht den da?« Mit diesen Worten deutete er mit dem Kopf auf die Tür, durch die gerade ein adretter kleiner Mann mit einem Schnurrbart hereinkam. Er trug eine blaue Windjacke und einen roten Pullover mit V-Ausschnitt – jeder Zoll ein Polizeibeamter außer Dienst.
    Cochrane lächelte mir zu. »Na, hat Sie Ihr Weg hierhergeführt, Sie Ärmster? Jim, ein Pint Special, bitte. Möchten Sie auch noch eins?«
    »Ich hab’ noch, danke«, sagte ich. »Die Leute haben mir gerade von dem Japaner erzählt, den sie am Freitag abend zusammen mit Richard hier gesehen haben.«
    Cochrane lachte. »An dieser Bar haben wir die geballte kriminalistische Intelligenz des Landes versammelt. Ein Wunder, daß sie den Mörder noch nicht gefaßt haben.«
    »Wie kommt die Untersuchung denn voran?« fragte ich.
    »Ich kann das schwer beurteilen«, sagte er. »Superintendent Donaldson läßt sich nicht gern in die Karten gucken.«
    »Das will ich gern glauben. Heute morgen hatte ich fast das Gefühl, selbst zu den Verdächtigen zu gehören.«
    »Bei Donaldson ist jeder verdächtig«, sagte Cochrane. »Aber das ist gar nicht so schlecht bei einer Morduntersuchung.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich wette, Sie werden ganz schön auf Trab gehalten.«
    »Wohl wahr. Tagelang waren wir damit beschäftigt, fast jeden Einwohner von Kirkhaven zu befragen.«
    »Irgendwelche brauchbaren Antworten?«
    »Niemand hat was gesehen. Draußen hat es gegossen, deshalb saßen die Leute drinnen, und niemand hat viel

Weitere Kostenlose Bücher