Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
dabei.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Die Nachricht war vor allem für Rachels Kontaktleute bestimmt, für Firmen, die an unseren Projekten mitarbeiten, nicht für Kunden im engeren Sinn. Da hab’ ich nicht dran gedacht, Sie vorher zu fragen.«
    »Ich halte es für besser, daß ich bei allen Mitteilungen gefragt werde, die nach draußen gehen«, sagte David. »Es ist wichtig, daß das Unternehmen nach außen hin ein einheitliches Bild bietet. Ich habe viel für unser Image in der VR-Branche getan und hoffe, in Zukunft darauf aufbauen zu können. Richard hat mich in diesem Bemühen stets unterstützt.« Er sprach ruhig und vernünftig und hatte immer noch das Lächeln im Gesicht.
    Bei Harrison Brothers hatte ich mich aus allem Kompetenzgerangel herausgehalten, dennoch war für mich dort reichlich Gelegenheit gewesen, es aus der Nähe zu beobachten. Für viele Investmentbanker ist Machtgier ein ebenso starkes Motiv wie Geldgier. Aggressivität ist eine ihrer hervorstechendsten Charaktereigenschaften. So manches Mal hatte ich gedacht, wie gut es doch war, daß die Harrison-Brothers-Junta nur über eine Investmentbank und nicht über einen Staat der Dritten Welt herrschte. Zumindest blieben so die Messer im Rücken nur metaphorisch.
    Ich wußte, um was es David ging. Er wollte mich sanft, aber unnachgiebig auf den Platz abdrängen, auf den ich seiner Meinung nach gehörte – den eines zeitweiligen Frühstücksdirektors, während er die graue Eminenz war, die alle Fäden in der Hand hielt.
    Nur, daß es so nicht laufen würde.
    Taktieren wäre völlig unangebracht gewesen. Der Mann hatte IBM und die Harvard Business School hinter sich. Es gab kein Machtspiel, das er nicht kannte.
    »Ich weiß, daß Sie gern Geschäftsführender Direktor geworden wären, David. Aber das hat nun mal nicht geklappt. Ich habe den Posten, zumindest ein paar Monate lang. Folglich bestimme ich die Regeln.«
    »Ach ja? Und wie sehen die aus?« Es war eine winzige Spur Sarkasmus in seiner Stimme.
    Ich zwang mich zur Ruhe. »Sie und ich, wir brauchen uns gegenseitig, David. Ich brauche Sie, weil Sie der einzige in unserem Laden sind, der Ahnung vom Verkauf hat. Walter Sorenson hält große Stücke auf Sie. Ich möchte Sie auf keinen Fall verlieren, vor allem jetzt nicht.«
    »Na, das ist ja schön zu hören.« Noch immer war der Sarkasmus spürbar.
    »Sie brauchen mich, weil mein Vater und ich fast die Hälfte der Aktien kontrollieren. Ich werde nur drei Monate hierbleiben, und wenn ich weg bin, stehen Ihnen alle Türen offen.« Allerdings hütete ich mich, ihm die Chefposition für die Zeit nach meinem Fortgang anzubieten. Dazu wollte ich doch etwas mehr über David Baker wissen. »Also, Sie müssen nur ein bißchen Geduld haben und mir helfen. Ich werde mir gern jeden Rat anhören, den Sie mir geben können. Und sicher werde ich Ihnen auch in den meisten Fällen folgen. Aber die erforderlichen Entscheidungen treffe ich und niemand sonst. Ich bin für dieses Unternehmen verantwortlich, und glauben Sie mir, ich werde mein Bestes tun. Es liegt in Ihrem wie in meinem Interesse, daß die Firma überlebt. Also, werden Sie mit mir zusammenarbeiten?«
    Schweigend hatte David zugehört und war sich dabei mit den Fingern übers Kinn gefahren. Als ich fertig war, wartete er und überlegte sich seine Antwort sorgfältig.
    Schließlich fragte er: »Haben Sie schon mal ein Unternehmen geleitet?«
    »Nein.«
    »Haben Sie schon mal einen Computer verkauft? Oder ein anderes Industrieprodukt?«
    »Nein.«
    »Haben Sie schon mal Budgets, Absatzprognosen, Fertigungspläne aufgestellt?«
    »Nein.«
    »Wie viele Leute sind Ihnen unterstellt gewesen?«
    »Hören Sie, David«, sagte ich ungeduldig. »Wir wissen beide, daß ich keinerlei Erfahrung habe. Aber ich bin von rascher Auffassungsgabe. Ich kann arbeiten. Ich habe einen gesunden Menschenverstand. Und ich bin umgeben von guten Leuten, die sich auf all diese Dinge bestens verstehen. Einer von ihnen sind Sie.«
    Er schwieg und versuchte, sich über mich klarzuwerden. Er war bemüht, mich einzuschüchtern, aber ich war entschlossen, ihm keine Chance zu geben. »Okay, ich werde Sie unterstützen«, sagte er schließlich. »Aber Sie müssen wissen, daß die VR-Branche kompliziert ist. Keine Spielwiese für Amateure. Ich habe viel persönliches Kapital in dieses Unternehmen investiert und möchte nicht zusehen müssen, wie es den Bach runtergeht. Ich weiß, wie wir die Firma während der nächsten Monate über Wasser

Weitere Kostenlose Bücher