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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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musternd. »Und unterschätzen Sie nicht den guten Willen, der Ihnen hier entgegengebracht wird. Wir sind alle auf Ihrer Seite und werden Ihnen nach Kräften helfen.«
    »Danke«, sagte ich lächelnd und ging mit meiner Tasse Tee in Richards Büro. FairSystems wirkte auf mich ein bißchen wie eine Familie, und wenn es Richards Familie gewesen war, dann war es jetzt auch meine.
    Ich setzte mich an die glatte schwarze Schreibtischplatte und dachte über das Unternehmen nach. David Baker machte mir Sorgen. Zweifellos verstand er etwas von seinem Job. Und ganz offensichtlich behagte es ihm nicht, daß ich in der Firma war. Irgendwie mußte es mir gelingen, die Firma zu leiten, ohne ihn zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Wir konnten es uns nicht leisten, ihn zu verlieren; ohne einen fähigen Marketingdirektor war FairSystems chancenlos. Ich fragte mich, was für einen Grund sein heftiger Streit mit Richard gehabt hatte.
    Auch Rachel war hervorragend in ihrer Arbeit, aber mit ihr würde es weit weniger Schwierigkeiten geben. Es war klar, daß FairSystems technisch große Stärken hatte. Erforderlich war nur noch der letzte entscheidende Schritt, von dem sie gesprochen hatte: die serienmäßige Fertigung und der Massenabsatz, damit die Preise für VR-Systeme so erschwinglich würden, daß jeder sie sich leisten könnte. Allerdings barg dieser Schritt selbst für Riesenunternehmen wie IBM erhebliche Risiken. Bei der Größe und der finanziellen Lage von FairSystems erschien er unmöglich.
    Noch immer beschäftigte mich Steve Schwartz’ Theorie, nach der ein Käufer mit dem Einverständnis und der Unterstützung von Wagner Phillips Aktien von FairSystems in großem Maßstab aufkaufte. Nun, auf mich wartete eine ideale Gelegenheit, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Noch am selben Tag waren Willie und ich mit Scott Wagner persönlich zum Mittagessen verabredet.
    Ich schaltete meinen Computer ein. Er piepte und teilte mir mit, daß eine E-Mail eingegangen sei. Mit einem kleinen Lächeln der Befriedigung darüber, daß meine Anwesenheit in der Firma nicht unbemerkt geblieben war, klickte ich mich durch eine Reihe von Menü-Items, um die Nachricht aufzurufen.
    Das Lächeln verging mir.

    Gib auf. Hau ab. FairSystems ist im Arsch!
    Doogie
    ZWÖLF
    Scott Wagner war eine gepflegte Erscheinung. Er sah gut aus. Breite Schultern unter einem ausgezeichnet geschnittenen Anzug. Ein sonnengebräuntes Gesicht mit einem energischen Kinn. Blaue Augen, die mir offen begegneten, während er sprach. Sorgfältig frisiertes, dichtes Haar. Ein durchtrainierter fünfunddreißigjähriger Körper, der den Eindruck von gebändigter Kraft vermittelte.
    Auch seine Stimme war gepflegt. Er sprach leise und mit leichtem amerikanischen Akzent. Seine Ausdrucksweise war klar, langsam und abgewogen. Nachdrücklich, ohne aufdringlich zu sein.
    Er war für drei Tage nach England gekommen, um einen möglichen Kandidaten für eine Plazierung an der NASDAQ unter die Lupe zu nehmen. Diese Gelegenheit benutzte er, um sich mit Willie und mir zu verabreden. Willie hatte offenbar größte Hochachtung vor ihm; einerseits war er geschmeichelt, daß ihn der Amerikaner seiner Aufmerksamkeit für wert befand, andererseits von seiner Anwesenheit eingeschüchtert. Ein bißchen erinnerte Wagner mich an David Baker, wie er so am Tisch saß, nur daß er die bessere Rollenbesetzung war: Er repräsentierte das, was David erst werden wollte.
    Wir befanden uns im Restaurant des Balbirnie House, einst ein Herrenhaus, als Glenrothes noch ein Gut zwischen einigen Dörfern gewesen war. Wir waren die ersten im eleganten Speisesaal; Wagner mußte unbedingt um drei in Edinburgh sein, wenn er sein Flugzeug noch erwischen wollte.
    Als der Kellner kam, bestellte Wagner Räucherlachs und einen Salat. Keinen Wein, nur Tafelwasser. Nicht ganz so enthaltsam, entschied ich mich für Wild und Pomerol.
    »Heute morgen hatte ich ein hochinteressantes Gespräch mit Scottish Enterprise«, sagte Wagner.
    »Ach ja?«
    »Wissen Sie, was die Schotten alles erfunden haben?«
    »Haggis? Den Kilt? Das Baumstammwerfen? MacEwan’ Export?«
    Wagner lächelte. »Viel mehr als das. Telefon, Fernsehen, Radar, Teerbelag, Penicillin, Chloroform, Luftbereifung. Sogar die klebstoffbeschichtete Briefmarke! Ich kann nicht begreifen, warum dieses Land nicht genauso reich ist wie Kalifornien.«
    »Weil sie alle Schottland den Rücken gekehrt haben, bevor sie eines von diesen Dingen erfunden haben.«
    »So wird’s wohl

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