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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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war mein Lieblingsraum: ausgestattet mit einem Sofa, einem tiefen Sessel, Fernseher, Stereoanlage, einem kleinen Eisschrank und dem Klavier meiner Mutter, auf dem ich nicht spielen konnte, von dem ich mich aber auch nicht trennen mochte. Durch ein breites Schiebefenster, das sich auf eine winzige Terrasse hin öffnete, fiel die Abendsonne.
    Aus dem Kühlschrank holte ich eine Dose Bier und trat auf die Terrasse, um mir den Sonnenuntergang über dem Londoner Westen anzusehen. Die kleinen Stadtgärten waren mit weißen und rosa Kirschblüten übersät. Ein rascher Blick nach nebenan. Wieder kein Glück. Dort sollte ein berühmter Fußballer wohnen, aber ich hatte noch kein Lebenszeichen von ihm entdecken können.
    Vor sechs Monaten hatte ich das Haus dank der letztjährigen Tantieme kaufen können. Nachdem ich sechs Jahre lang in kleinen Wohnungen überall in London gehaust hatte, genoß ich es, mich auf mehreren Wohnebenen bewegen zu können.
    Groß war mein erstes Haus nicht, aber es war mir ans Herz gewachsen. Als ich es gekauft hatte, war es ein Alptraum in Orange, Schwarz und Braun gewesen. Überall Plüsch und Staub. Das war selbst mir zuviel gewesen. Also hatte ich die Maler geholt und war angenehm überrascht gewesen von dem Ergebnis. Jetzt war es überall hell und luftig, sparsam möbliert mit den zufällig zusammengekauften Möbeln aus meiner letzten, sehr viel kleineren Wohnung.
    Ich nahm einen kräftigen Schluck aus der Bierdose. Alles lief prächtig. Das Haus. Der Job. Karen.
    Doch was war heute abend mit ihr? Soweit ich wußte, hatte ich nichts gesagt oder getan, was sie verärgert haben konnte. Zu Anfang der Party schien sie auch bester Stimmung gewesen zu sein. Egal, was es war, ich würde es schon herausfinden.
    Ich hörte sie die Treppe herunterkommen.
    »Ein Glas Wein?«
    Sie nickte, eine kaum merkliche Bewegung. Ich öffnete eine Flasche, goß ihr ein Glas ein und setzte mich neben sie aufs Sofa.
    »Was ist los?«
    Sie nahm den Wein und blickte stumm die Wand an.
    Ich wartete.
    »Ich habe ihn gesehen«, sagte sie schließlich. »Er war da, auf der Party.«
    »Wer?«
    Wieder sagte sie nichts und biß sich auf die Lippe.
    »Wer?« wiederholte ich. Dann ging mir ein Licht auf. »O nein. Doch nicht der?«
    Sie nickte. Ich holte tief Luft. Das war wirklich schlimm. Ich legte den Arm um sie.
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, aber …«
    »Aber was?«
    »Er … hat mich angesehen. Wie … Ich weiß nicht.« Sie wandte sich von mir ab.
    Ich nahm ihre Hand, drückte sie und wartete. Mist, verfluchter! Nach all der Arbeit, die ich in diese Beziehung gesteckt hatte – nein, die wir hineingesteckt hatten –, war das Schlimmste, was uns passieren konnte, daß ihr ehemaliger Lover wiederauftauchte.
    Viel hatte sie mir nicht von ihm erzählt. Ich kannte noch nicht einmal seinen Namen. Nur, daß er verheiratet und viel älter war, Wußte ich. Zwei Jahre lang hatten sie eine Affäre gehabt, dann hatte Karen ihn vor die Wahl gestellt – entweder sie oder seine Frau. Er entschied sich gegen Karen.
    Nach der Trennung war sie verzweifelt gewesen. Ich hatte mich bemüht, zurückhaltend und freundlich zu sein. Statt in der offenen Wunde herumzustochern, versuchte ich, sie auf andere Gedanken zu bringen. Wir paßten gut zusammen, und es gab vieles, was der eine am anderen wirklich mochte. Hinter der Fassade aus Selbstvertrauen war sie verletzlich und unsicher. Ich konnte nie ganz begreifen, warum, fand das Geheimnis aber faszinierend. Warum sie mich mochte, wußte ich auch nicht so genau. Wahrscheinlich war ich ein angenehmes Kontrastprogramm zu meinem Vorgänger – amüsant, ohne ihr angst zu machen.
    Während der letzten achtzehn Monate hatte ich zunächst ihr Vertrauen und dann, wie ich hoffte, ihre Liebe gewonnen. Zwar hatte sie noch ihre eigene Wohnung in Maida Vale, aber vor ein paar Monaten war sie praktisch bei mir eingezogen. Wir hatten kein Wort darüber verloren. Jedenfalls verbrachte sie jetzt fast jede Nacht in meinem Haus, und nach und nach nisteten sich auch ihre Habseligkeiten bei mir ein.
    Wir hielten unsere Beziehung geheim. Hätte sie sich im Handelssaal herumgesprochen, hätte es über kurz oder lang Probleme gegeben. Falls doch schon geklatscht wurde, war es uns noch nicht zu Ohren gekommen.
    Und jetzt war sie ihm wieder begegnet. Als ich, neben ihr sitzend, die Spannung in ihrem Gesicht sah und in dem Griff spürte, mit dem sie meine Hand umklammert hielt, kroch

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