Tödliche Aspekte Kommissarin Julia Sanders 2. Fall (Krimis aus Schleswig-Holstein) (German Edition)
lieber in Ihrer
Wohnung besprechen als hier im Hausflur?“ Der Mann trat beiseite. Als sie die
Wohnung betraten, hatten sie das Gefühl sie wären in einer Kneipe gelandet,
allerdings zu Zeiten, als noch kein Rauchverbot dort herrschte. Alle Fenster
waren, trotz herrlichem Sommerwetter, fest verschlossen. Neumann sah Julias
Blick, der zum Wohnzimmerfenster führte, und meinte treuherzig:
„Wie schnell kann man sich den Tod
holen, und den Gefallen tu ich dem Amt nicht. Also was wollen Sie wissen.“ Die
beiden Polizistinnen warfen sich einen verstohlenen Blick zu. Eigentlich
wollten sie von Neumann nur wissen, ob Daniel Örtler allein gelebt habe.
Stattdessen wusste er einiges über Kummer & Schwarz. Örtler musste einiges
ausgeplaudert haben. Julia begann.
„Also Herr Neumann, Sie sagten, dass das
Pharmaunternehmen Kummer & Schwarz Kinder auf dem Gewissen hätte. Was hat
Daniel Örtler Ihnen erzählt? Waren Sie befreundet?“ Neumann machte eine Geste,
dass die beiden Frauen sich setzen sollten.
„Wollen Sie einen Kaffee?“ Die beiden
schüttelten synchron die Köpfe. Ein Blick in die Küche hatte ihnen den Appetit
verdorben. „Daniel und ich sind so, wenn Sie wissen, was ich meine.“ Er machte
eine Handbewegung, die den engen Kontakt zwischen den Männern darstellen
sollte. „Wir haben keine Geheimnisse voreinander, nicht dass Sie jetzt denken
wir sind schwul oder so. Nee, um Gottes willen. Aber jetzt möchte ich erst mal
wissen, warum Sie mich das alles fragen? Was ist mit meinem Kumpel?“ Julia fiel
es schwer, dem Mann die traurige Nachricht zu überbringen.
„Daniel Örtler wurde gestern tot aus der
Kieler Förde geborgen.“ Es herrschte für einen Moment eisiges Schweigen.
Plötzlich wurde das Gesicht des Mannes leichenblass.
„Tot? Wie konnte das passieren? Man
fällt doch nicht so einfach in die Förde. Daniel war ein sehr guter Schwimmer.
Er war früher einmal Rettungsschwimmer bei der DLRG.“ Julia empfand tiefes Mitleid
für den Mann.
„Er ist ermordet worden. Es muss einen
Kampf gegeben haben, dann hat der Täter ihn niedergeschlagen, gewürgt und in
die Förde gestoßen. Es tut uns sehr leid. Wissen Sie, ob Herr Örtler Angehörige
hat? Vater, Mutter oder Geschwister?“ Erschüttert ließ Neumann sich auf einen
Stuhl sinken.
„Wir haben nie über unsere Familien
gesprochen, weder über meine noch über seine. Er war mal verheiratet. Die Ehe
ist in die Brüche gegangen, als sie ein Kind wollte und er nicht. Ich weiß
nicht, ob seine Eltern noch leben.“ Julia sah sich in dem kargen Zimmer um. Ihr
Blick fiel auf einen Bilderrahmen mit einem Hochglanzfoto. Es zeigte Daniel
Örtler und Christian Neumann in inniger Umarmung.
„Herr Neumann, wie meinten Sie das
vorhin, dass Kummer & Schwarz Kinder auf dem Gewissen hat?“ Neumann wischte
sich über die Augen und räusperte sich.
„Daniel hat mir erzählt, dass sie dort
Versuche an Tieren im Labor machen, und danach wird dieses Medikament an
Schweinen getestet, weil ihr Organismus dem des Menschen gleicht. Es soll wohl
auch schon Todesfälle gegeben haben, alte Menschen und Kinder, hat Daniel mir
erzählt. Er sagte, er hätte alles aufgeschrieben. Wo weiß ich nicht, vielleicht
auf seinem Computer.“ Julia nickte.
„Hat Herr Örtler Ihnen mal ein Passwort
genannt, mit dem er seinen Computer starten kann?“ Neumann schüttelte den Kopf.
„Möglicherweise hat er in seiner Wohnung
irgendwelche Unterlagen. Ich habe keinen Schlüssel für die Wohnung, Sie?“ Julia
überhörte die Frage.
„Lebte Herr Örtler allein?“ Neumann
nickte.
„Ja, kein Tier, keine Freundin, nichts
außer mir.“ Julia wusste nicht, warum, doch sie fragte, den Mann plötzlich:
„Herr Neumann wussten Sie, dass Daniel
Örtler homosexuell war?“ Schweißperlen zeigten sich auf seiner Stirn.
„Wie kommen Sie denn da drauf? Daniel
und schwul. Das ist doch lachhaft.“ Julia bemerkte plötzlich, dass Neumann eine
blaue Hose trug. Seine Hände hatte er tief in den Taschen vergraben. Sie
erinnerte sich an die Worte des Gerichtsmediziners.
„Herr Neumann dürfen wir mal Ihre Hände
sehen?“ Der Mann sah sie irritiert an.
„Warum das denn? Wollen Sie meine
Fingerabdrücke haben?“ Widerstrebend zog er seine Hände aus den Hosentaschen.
Es waren große schwielige Arbeitshände. Sie waren zwar dreckig keine Frage,
jedoch fehlte an den Fingern kein Glied.
„Herr Neumann dürfen wir Ihre Hose
zwecks Untersuchung zum LKA mitnehmen? Sie bekommen Sie später
Weitere Kostenlose Bücher