Tödliche Beute
Sentinel
.
Die SOS sind eine internationale Organisation, die sich dem Schutz der Ozeane und aller Meerestiere verpflichtet hat.«
»Bitte schildern Sie der Kommission, wie es zu der Kollision zwischen Ihrem Schiff und dem dänischen Kreuzer
Leif Eriksson
gekommen ist.«
Ryan setzte zu einer flammenden Rede gegen die Waljagd an. Der Vorsitzende unterbrach ihn mit entschlossener Stimme und forderte ihn auf, sich auf die Kollision zu beschränken. Ryan entschuldigte sich und beschrieb, dass die
Sea Sentinel
urplötzlich ihren Kurs geändert habe und auf den Kreuzer zugesteuert sei.
»Kapitän Ryan«, sagte Lundgren mit hörbarer Belustigung. »Wollen Sie uns allen Ernstes weismachen, Ihr Schiff habe die
Leif Eriksson
aus eigenem Antrieb
angegriffen
und
gerammt?
«
Zum ersten Mal seit Beginn seiner Aussage wirkte Ryan alles andere als selbstsicher. »Äh, nein, Sir. Ich sage lediglich, dass mein Schiff nicht mehr der Steuerung gehorcht hat.«
»Mal sehen, ob ich das richtig verstehe«, sagte eine der Frauen am Tisch der Kommission. »Sie behaupten, Ihr Schiff habe sich selbständig gemacht und eigenmächtig den Kurs geändert.«
Einige Zuschauer lachten leise auf.
»Es hatte den Anschein«, räumte Ryan ein.
Dies zog eine Reihe bohrender Fragen nach sich. Auch ohne formelles Kreuzverhör wurde der Mann regelrecht zerpflückt, dachte Austin. Ryan bemühte sich nach Kräften, die Fragen zu parieren, verlor aber mit jeder Antwort weiter an Boden. Schließlich hob er beide Hände, um der Kommission Einhalt zu gebieten.
»Mir ist bewusst, dass meine Erklärung mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Doch lassen Sie mich bitte eines eindeutig feststellen, damit es keine Missverständnisse gibt. Wir haben das dänische Schiff
nicht
vorsätzlich gerammt. Es gibt mehrere Leute, die das bezeugen können. Auch Kapitän Petersen kann bestätigen, dass ich noch versucht habe, ihn zu warnen.«
»Wie lange vor der Kollision ist diese Warnung erfolgt?«, fragte Lundgren.
Ryan atmete tief durch. »Das war weniger als eine Minute vor dem Zusammenstoß.«
Lundgren stellte keine weiteren Fragen. Ryan durfte den Zeugenstand verlassen, und die CNN-Reporterin nahm seinen Platz ein. Bei der Schilderung der Kollision blieb sie ganz ruhig, aber als sie den Tod ihres Kameramanns zu Protokoll gab, verlor sie die Fassung und starrte Ryan wütend und vorwurfsvoll an.
Lundgren bedeutete einem Gerichtsdiener, eine Videokassette in den Rekorder einzulegen, der zusammen mit einem Fernsehgerät gut sichtbar für alle Anwesenden etwas abseits des Tisches aufgestellt worden war. Das Band lief an. Man sah Ryan umgeben von Reportern und Fotografen an Deck seines Schiffs stehen. Er machte einen Scherz über die unruhige See, und dann sagte die Reporterin: »Sorgen Sie nur dafür, dass diese Geschichte all die verfluchten Tabletten wert ist, die ich geschluckt habe.«
Die Kamera zoomte dicht an Ryans grinsendes Gesicht heran, als dieser erwiderte: »Ich kann Ihnen praktisch
garantieren
, dass es hoch hergehen wird.« Als die Kamera daraufhin seinem ausgestreckten Finger zu dem dänischen Kreuzer folgte, kam Unruhe im Publikum auf. Das war’s, dachte Austin. Ryan ist erledigt.
Die Aufnahme endete, und Lundgren stellte der Reporterin noch eine Frage: »War das auf dem Band Ihre Stimme?«
Sie bejahte. Ryan sprang auf.
»Das ist unredlich. Sie reißen meine Anmerkung vollkommen aus dem Zusammenhang!«
»Bitte setzen Sie sich, Mr. Ryan«, sagte Lundgren mit nachdenklicher Miene.
Ryan erkannte, dass dieser Ausbruch ihn nur noch mehr wie einen Hitzkopf wirken ließ, der dazu imstande wäre, ein Schiff zu versenken. Er riss sich zusammen. »Ich bitte um Verzeihung, Sir. Man hat mir nicht mitgeteilt, dass dieses Video zu den Beweismitteln zählen würde. Ich hoffe, ich erhalte die Möglichkeit, mich dazu zu äußern.«
»Wir befinden uns hier nicht vor einem amerikanischen Gericht, aber Sie werden bis zum Ende dieser Anhörung noch ausreichend Gelegenheit haben, Ihren Standpunkt zu vertreten. Die Kommission wird zunächst Kapitän Petersen und seine Männer befragen, sobald diese dazu in der Lage sind. Bis dahin bleiben Sie auf dem Polizeirevier in Untersuchungshaft. Wir werden uns bemühen, das Verfahren zu beschleunigen.«
Ryan bedankte sich. Dann verließ er in Begleitung der Polizisten den Saal.
»War das alles?«, fragte Austin den Bürokraten.
»Es sieht so aus«, antwortete Becker. »Ich habe damit gerechnet, dass man Sie noch einmal in
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