Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Beute

Tödliche Beute

Titel: Tödliche Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
Vom Netzwerk:
einen Stuhl.
    »Ich bin Mike Neal«, sagte er.
    Neal war Mitte vierzig, trug Arbeitskleidung und kniehohe schwarze Gummistiefel. Mit seinem dunklen kantigen Gesicht und dem dichten schwarzen Haar sah er eigentlich nicht schlecht aus, wären da nicht die rote Trinkernase und der weiche Zug um die Mundwinkel gewesen.
    »Sie klingen wie eine Amerikanerin.«
    »Das bin ich auch.« Sie streckte die Hand aus und stellte sich vor.
    »Hübscher Name«, sagte Neal und registrierte erstaunt ihren festen Händedruck. »Sind Sie auf der Durchreise?«, fragte er, genau wie zuvor die Kassiererin.
    Gamay nickte. »Ich wollte schon immer mal die Küstenprovinzen besuchen. Sind Sie Fischer?«
    »Ja.« Er deutete mit sichtlichem Stolz zum Fenster hinaus. »Das da drüben im Dock ist mein Prachtstück. Die
Tiffany
. Ich hab sie damals nach meiner Freundin getauft. Wir haben uns letztes Jahr getrennt, aber es bringt Pech, ein Boot umzubenennen.«
    »Ist heute Ihr freier Tag?«
    »Nicht wirklich. Der Motor musste repariert werden, und die Werkstatt gibt
Tiffany
erst wieder frei, wenn ich die Rechnung bezahle. Die befürchten wohl, ich könnte mich aus dem Staub machen.«
    »Würden Sie denn so etwas tun?«
    Er grinste. »Ich hab die schon mal um ein paar Dollar beschummelt.«
    »Trotzdem kommt mir deren Standpunkt etwas kurzsichtig vor. Mit dem Boot könnten Sie immerhin Fische fangen und so das Geld für die Rechnung verdienen.«
    »Ja, falls es Fisch zu verkaufen gäbe.«
    »Ich hab oben an der Tankstelle schon gehört, dass es nicht gut aussieht.«
    »Nicht gut ist noch geschmeichelt. Die anderen Boote sind ein ganzes Stück die Küste hinaufgefahren. Manche der Jungs kommen zwischendurch ihre Familien besuchen.«
    »Wie lange geht das schon so?«
    »Ungefähr sechs Monate.«
    »Und warum sind die Bestände so stark geschrumpft?«
    Er zuckte die Achseln. »Die Leute von der Fischereibehörde haben gesagt, die Fische seien wohl auf Nahrungssuche weitergezogen. Aber herschicken wollten sie niemanden, obwohl wir darum gebeten haben.
    Wahrscheinlich möchten die sich nicht die Füße nass machen. Die Meeresbiologen haben zu viel damit zu tun, auf ihren fetten Hintern zu hocken und ihre Computer anzustarren.«
    »Sind Sie denn auch der Meinung, dass die Fische einfach abgewandert sein könnten?«
    Er grinste. »Für eine Touristin stellen Sie aber ganz schön viele Fragen.«
    »Wenn ich nicht gerade Urlaub mache, arbeite ich als Meeresbiologin.«
    Neal wurde rot. »Oh, Entschuldigung. Ich habe nicht Ihren fetten Hintern gemeint. Ach, verdammt …«
    Gamay lachte. »Ich weiß genau, was Sie meinen. Viele Kollegen kommen so gut wie nie aus ihren Laboratorien raus. Meiner Ansicht nach verfügen Fischer über weit mehr praktische Meereskenntnisse als jeder Wissenschaftler. Andererseits kann fachlicher Rat nicht schaden. Vielleicht kann ich Ihnen ja einen Anhaltspunkt liefern, weshalb es hier keine Fische mehr gibt.«
    Neals Gesicht verfinsterte sich. »Ich habe nicht gesagt, es gäbe
keine
Fische mehr. Ganz im Gegenteil.«
    »Wo liegt dann das Problem?«
    »Diese Viecher sind anders als alles, was ich zeit meines Lebens gesehen habe.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Neal zuckte die Achseln. Anscheinend wollte er das Thema nicht weiter vertiefen.
    »Ich habe überall auf der Welt Fische untersucht«, sagte Gamay. »Mich kann kaum noch etwas überraschen.«
    »Wollen wir wetten?«
    Gamay streckte die Hand aus. »Einverstanden. Wie hoch ist Ihre Werkstattrechnung?«
    »Siebenhundertfünfzig kanadische Dollar.«
    »Falls Sie mir zeigen, was Sie gerade angedeutet haben, begleiche ich den Betrag. Aber erst gebe ich Ihnen ein Bier aus, um die Abmachung zu besiegeln.«
    Neals unrasierter Unterkiefer klappte herunter. »Meinen Sie das ernst?«
    »
Sehr
sogar. Sehen Sie, Mike, der Ozean hat keine Schranken. Fische schwimmen, wohin sie wollen.
    Womöglich zeichnet sich hier eine Gefahr ab, die auch amerikanische Fischer betreffen könnte.«
    »Okay«, sagte er und schlug ein. »Wann kann’s losgehen?«
    »Heute?«
    Neal strahlte. Der Grund für seine Freude war unschwer zu erraten. Eine hübsche und freundliche Amerikanerin zahlte seine Rechnung und fuhr mit ihm allein aufs Meer hinaus, wo er all seinen rauen Charme spielen lassen konnte. Genau in diesem Moment betrat Paul Trout das Lokal und kam an den Tisch.
    »Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat«, sagte er.
    »Im Hafen war kaum jemand unterwegs.«
    »Das ist Mike Neal«, erklärte Gamay.

Weitere Kostenlose Bücher