Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
Vom Netzwerk:
während sie nach Notizblock und Stift griff, sich wieder auf das Telefonat konzentrierte und begriff, dass sie unmittelbar losfahren musste.
    Eine Waschküche!
    »Friluftsgatan zehn«, wiederholte sie und sah im Augenwinkel, dass Janos’ Bewegungen jetzt etwas flüssiger wurden. Er knöpfte rasch seine Hose zu, als hätte er es plötzlich sehr eilig. Sie legte auf, rollte sich auf den Rücken, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schaute ihn für einen kurzen Augenblick an. Durchbohrte ihn fast mit ihrem Blick. Er wandte ihr das Gesicht zu, sog die Lippen zwischen die Zähne, betrachtete sie und sah dabei aus, als wollte er etwas sagen.
    »Ich muss weg«, schleuderte sie ihm entgegen, und im selben Augenblick wurde ihr klar, dass sie selbst diejenige war, die sich unmerklich von ihm entfernte, nicht andersherum. Nicht er war es, der sie verließ. Für sie war unversehens ein deutlicher und gleichzeitig weniger dramatischer Abstand entstanden. Ein Spalt zum Atemholen.
    Sie warf die Beine über die Bettkante, schälte sich aus den zerwühlten Laken und verschwand ins Bad. Die Tür ließ sie angelehnt.
    »Dann gehe ich«, sagte er kurz.
    »Okay«, erwiderte sie, obgleich sie einen Impuls verspürte, ihn wie früher zu bitten, nicht sofort zu gehen. Sie hätte ihn fragen können, ob er nicht noch kurz bleiben wolle, zumindest bis sie selber das Haus verließ. Dann könnten sie die Tür hinter sich abschließen und sich gemeinsam auf den Weg machen. Vielleicht wollte er irgendwo abgesetzt werden. Aber eigentlich hätte er auch warten können, bis die Mädchen nach Hause kamen.
    Doch zum ersten Mal spürte sie, dass es ihr tatsächlich am liebsten war, wenn er vor ihr ging, wenn er sie verließ. Sie wollte auf keinen Fall eine Umarmung oder dergleichen erbetteln. Sich nicht an ihn klammern und sich womöglich erniedrigen. Es war tatsächlich das Beste, die Tür selber zuzuschließen, denn jetzt trug sie die alleinige Verantwortung. Außerdem hatte sie einen anspruchsvollen Job, dessen Herausforderungen ihr gefielen.
    Sie hatte sich allmählich an Janos’ ambivalentes Kommen und Gehen angepasst. Auf sie zu und gleichzeitig immer weiter von ihr weg. Es ging ihr nicht gut damit, doch sie vermochte nicht, sich in irgendeiner Weise dagegen zu schützen. Jetzt empfand sie den Abstand, der sie noch vor kurzem so kläglich erscheinen hatte lassen, als befreiend und sogar ein wenig bequem. Sie konnte ihrer Arbeit nachgehen, ohne dass Janos’ stures Schweigen sie länger berührte.
    Noch vor ein paar Minuten hatten sie einander zu trösten versucht. Wie Kinder. Fünfzehn gemeinsame Jahre ließen sich nicht so einfach abschütteln und hatten ihre Spuren hinterlassen. In der Erinnerung, der Psyche und selbst in der Art zu trauern. Sie selbst hatte sich an diesem späten Freitagnachmittag nicht zurückhalten können. Schließlich war sie auch nur ein Mensch. Sicher, es war schon öfter vorgekommen. Bereits einige wenige Male hatten sie miteinander geschlafen, hatten sich nicht bremsen können und miteinander im Bett oder auf dem Wohnzimmerteppich wie besessen gevögelt. Als wäre es das letzte Mal. Und jedes Mal hatte er sie halb aufgelöst und mit erstickenden Angstattacken zurückgelassen. Liebte er sie denn letztlich nicht doch am meisten?
    Louise schämte sich für ihre Schwachheit und dafür, dass sie es immer wieder zuließ. Es war natürlich ihre eigene Schuld. Das Ganze war ihr derart peinlich, dass sie sich sogar davor scheute, es ihrer besten Freundin anzuvertrauen, die in allen Lagen zu ihr hielt. Während einer Trennung gab es immer jemanden, der einen auffing. Doch ihre Freundin war aus einem anderen, härteren Holz geschnitzt. Sie würde sie nicht gerade schonen und ihr mit Bestimmtheit erklären, dass diese Treffen nun ein Ende haben müssten, da Janos sie letztlich nur ausnutzte. Und sie würde ihr deutlich signalisieren, dass sie, Louise, endlich Grenzen setzen müsse. Als würde sie das nicht selbst begreifen. Aber Grenzen zu setzen fiel ihr am schwersten. Ansonsten hätte sich diese traurige Geschichte wohl schon längst erledigt. Auch wenn sie nicht unbedingt zu ihren Gunsten ausgegangen wäre. Sie hatte immer gedacht, dass er einfach Zeit bräuchte. Wenn sie nur genügend Geduld aufbrächte, würde er eines schönen Tages schon zu ihr zurückkehren.
    Die Sehnsucht nach einem warmen Körper, einer Umarmung, einer Liebkosung war weitaus stärker als die widersprüchlichen Gefühle, die sie dabei empfand,

Weitere Kostenlose Bücher