Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
Vom Netzwerk:
immer aufs Neue abgewiesen und zurückgelassen zu werden.
    Ihre heftigsten Emotionen – der abgrundtiefe Hass, die glühende Wut und die verletzende Eifersucht – hatten sich mit der Zeit gelegt, wie sie mit einer gewissen Erleichterung feststellte. Es schien, als hätten sich die negativen Energien wie bei einer leeren Batterie entladen. Und sie war bis zum heutigen Tag davon überzeugt gewesen, dass sie ihn, wenn es darauf ankäme, jederzeit zurücknehmen würde. Doch nun zweifelte sie zum ersten Mal daran.
    Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Im Guten wie im Bösen. War sie etwa dabei, sich von Janos zu entfremden?
    »Ich werde es nie wieder tun«, fluchte sie nun leise im Schlafzimmer vor sich hin, wo sie fertig angezogen in einem schwarzblauen, grob gestrickten Baumwollpulli und farblich passenden Hosen stand. Arbeitskleidung. Sie bürstete ihr Haar und versuchte, den Pony in Form zu bringen. Nicht ein einziges Mal mehr, entschied sie. Aber dasselbe hatte sie sich bereits letzte Woche gelobt. Und in der Woche davor auch.
    Doch diesmal meinte sie es ernst.
    Resolut warf sie die Bürste auf die Kommode. Und außerdem würde Janos überhaupt nicht das Bedürfnis verspüren, zu ihr zurückzukommen. Wenn es nun tatsächlich so fantastisch mit der anderen war. Aber selbst dieses Phänomen wunderte sie schon nicht mehr. Es kam ihr vor, als hätte sich ihre Vorstellung von dem, was richtig oder falsch oder, besser gesagt, angebracht oder unangebracht war, völlig aufgelöst. Er hatte sie verlassen, war einfach aus dem Haus gegangen und direkt in die Arme einer anderen Frau gelaufen. Aber dass er diesen Schritt getan hatte, bedeutete natürlich nicht, dass er sie für immer verstieß.
    Wir alle treffen unsere Wahl, auch ich, dachte Louise, während sie ins Badezimmer zurückging, um die Zahnbürste zu holen.
    Als sie die Kiefernholztreppe in ihrem Reihenhaus hinunterstieg, sah sie ihn im Flur stehen. Er war also noch nicht gegangen. Wartete. Harrte aus. Er erschien ihr eher unschlüssig als zögernd. Noch nicht einmal die Jacke hatte er angezogen.
    Louise war leicht irritiert und verspürte spontan Lust, ihn vor die Tür zu setzen. Doch gleichzeitig wollte sie es auch wieder nicht, wollte aus unerfindlichen Gründen nicht grob zu ihm sein. Sie wagte nicht, ihn allzu sehr zu verletzen. Andererseits würde sie den Abschied am liebsten so kurz wie möglich gestalten und ihn nicht unnötig in die Länge ziehen.
    »Du bist wohl länger weg, oder?«, fragte er prüfend, während es in seinen Augen aufblitzte.
    Sie betrachtete ihn nachdenklich. War sein Zögern ein Zeichen dafür, dass er es sich anders überlegt hatte? Wollte er ernstlich zurück zu ihr?
    Es ist verdammt kompliziert, die unzähligen Nuancen zwischenmenschlichen Verhaltens auszuloten, dachte sie und verkniff sich sogleich diesen gespreizten Gedanken. Vor allem aber ist es schwer, ständig auf Messers Schneide zu balancieren, zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
    In der Liebe zählt entweder alles oder nichts.
    »Ja, vermutlich werde ich länger weg sein«, antwortete sie, steckte die Zahnbürste in den Mund und ging in die Küche.
    »Dann verschwinde ich wohl«, hörte sie ihn endlich sagen, während sie gurgelte und in die Spüle ausspuckte.
    Seine Stimme klang krächzend und ein wenig lahm. Sie nickte stumm, als er durch die Tür nach draußen glitt. Nach Hause zu der Neuen. Zu Pia.

DRITTES KAPITEL
    D ie beiden Techniker wurden sachkundig von Benny Grahn angewiesen. Eine wundersame Ruhe breitete sich am Tatort aus, einer ganz gewöhnlichen Waschküche in einem älteren Wohnhaus aus dem Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts.
    »Hallo, wie läuft’s?«, fragte Louise und steckte vorsichtshalber die Hände in die Jackentasche, um nicht aus Versehen irgendetwas zu berühren und dafür einen Rüffel zu kassieren.
    »Hallo«, entgegnete Benny, nickte ihr zu und betrachtete sie eingehend. »Nun bist du auf dich allein gestellt.«
    »Meinst du nicht, dass wir das gemeinsam hinkriegen?« Sie lächelte ihn an. »Ganz allein bin ich ja wohl kaum. Außerdem hab ich ja dich.«
    Ihr Lächeln war offen und einladend. Claesson befand sich zurzeit in einem unendlich langen Erziehungsurlaub. Zumindest empfanden sie es so. Diese neue Attitüde unter den männlichen Polizisten mit Claessons Dienstgrad war natürlich nicht unkommentiert geblieben. Aber sie würden sich daran gewöhnen, nahm sie gelassen an.
    Sowohl daran, dass er nicht jederzeit erreichbar war, als auch daran,

Weitere Kostenlose Bücher