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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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das Zimmer und wollte nach der Mappe greifen.
    »Moment mal«, sagte ich schroff und klammerte mich an den Papierstapel. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Mein Bodyguard lächelte mich unaufrichtig an. »Ich denke, das gehört uns.«
    »Ach, wirklich?« Ich stand auf. »Ich lese gerade Marys Roman durch.«
    Er kicherte. »Steht deshalb etwa Webeinträge auf dem Titelblatt?«
    Ich zwang mich, nicht hinunterzulinsen. »Es ist mir egal, was auf dem Titel steht, Agent …?«
    »Gilpin. Ein Roman. Macht es Ihnen was aus, wenn ich mir ein paar Seiten ansehe?«
    »Was zum Teufel geht hier vor sich?«, fragte Jake.
    »Nichts von Bedeutung«, sagte ich.
    »Hören Sie, Miss Whyte«, sagte Gilpin. »Wir wissen, dass diese Mädels hier …«
    »Frauen«, widersprach Mary.
    »Diese Frauen hier Daten für Sie zusammengetragen haben. Wir waren sehr gespannt auf die Ergebnisse. Und als sie hier mit der Mappe in der Hand aufgelaufen sind, dachte ich … Verstehen Sie meinen Standpunkt?«
    »Nicht wirklich«, sagte ich.
    »Wie sähe es aus, wenn Sie erst morgen damit unter dem Arm ankommen? Das könnte man Ihnen so auslegen, als wollten Sie Beweise unterschlagen und so die Justiz behindern. Verstehen Sie?«
    Ich verstand. »Es ist ganz schön dreist von Ihnen, mir das wegzunehmen, bevor ich es durchgesehen habe.«
    Er zog mir die Mappe aus dem gelockerten Griff. »Wo ständen wir, wenn wir nicht dreist wären. Ladies.«
    »Frauen«, riefen Donna und Mary im Chor.
    Pennys Nackenhaare stellten sich auf, als ihr Blick Gilpin zur Tür folgte.

34
    Am Sonntagmorgen war ich sehr erleichtert, weil endlich meine Regel eingesetzt hatte. Während mein Unterleib von Krämpfen geschüttelt wurde, braute sich im Kopf eine Migräne zusammen. Also rief ich, nachdem ich meine Medikamente genommen hatte, im Kummerladen an, um der Arbeitsgruppe im Konferenzraum zu sagen, dass ich später kommen würde.
    »Wie ich höre, sind Sie gestern Abend mit Agent Gilpin aneinandergeraten«, sagte Lauria.
    »Um es mal ganz direkt zu sagen: Er ist ein Arschloch.«
    Sie lachte. »Er ist ein guter Wachhund, aber seine soziale Kompetenz gleicht der eines Rottweilers.«
    »Hey«, sagte ich. »Ich kenne ein paar echt nette Rottweiler.«
    »Verstanden. War Ihnen bewusst, dass Agent Maekawa parallel zu Ihnen in Sachen Schnitter ermittelte?«
    »Nicht wirklich.«
    Es tat weh, doch ich erzählte ihr von meiner letzten Unterhaltung mit Reen.
    »Sie hat das gemacht, was ich auf eigene Faust ermitteln nennen würde. Nach ihrem daraus resultierenden Tod können Sie sehen, warum es uns missfällt, dass einer unserer Agenten oder sonst jemand sein eigenes Süppchen kocht.«
    Ich hielt meinen Mund.
    »Ihre Wohnung hat wenig erbracht«, sagte Lauria.
    »Ich dachte, Sie hätten zugestimmt, mich mitzunehmen, wenn Sie dort hingehen.«
    »Wir mussten es letzte Nacht tun«, sagte Lauria.
    Als wäre ich in Florida gewesen. Ich verbannte den Ärger aus meiner Stimme. »Hm. Egal, ich komme später, aber ich komme.«
    In mir kochte es. Migräne hin oder her, ich musste in Reens Wohnung. Jetzt.
    Da ich von Gilpin überwacht wurde, konnte ich nicht als ich selbst hingehen. Als ich meine Verkleidung zusammensuchte, wurde mir die Ironie des Ganzen bewusst. Machte der Schnitter es nicht genauso?
    Graue Perücke von Halloween, Stock von einer Knieverletzung, zwei Lagen Kleidung und meine alten Sneaker. Ich spachtelte mein Gesicht à la Mary zu, ritzte mir einige Falten in die Wangen, verrieb alles und voilà – ich war locker zehn Jahre älter.
    Ich gab Penny eine Belohnung und schlüpfte dann zur Hintertür hinaus und die Stufen hinunter. Ich hatte eine kleine Tüte mit Körnerfutter für Reens Vögel dabei.
    Ich wollte gerade das große Holzgatter im Zaun aufschließen, als mir einfiel, dass Jake die Scharniere nicht geölt hatte. Ich hatte mir geschworen, es selbst zu tun, es dann aber vergessen. Mist. Aber ach, wie schwer konnte es schon sein, drüberzuklettern?
    Ich hatte nicht damit gerechnet, wie unförmig meine Verkleidung war. Ich schaffte es bis auf den Zaun, warf Stock und Körner auf die andere Seite und versuchte, über die Holzzacken zu kommen.
    »Was zum Teufel machst du da?«
    Im zweiten Stock stand ein nackter Jake am Fenster und stemmte die Hände in die Hüften.
    Soviel dazu, unbemerkt zu entkommen.
    Ich bedeutete ihm, die Klappe zu halten, verlor das Gleichgewicht und rutschte zurück. Meine Sneaker retteten mich, ich kraxelte wieder auf den Zaun und schwang mich da-rüber.
    Dann

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