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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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schnappte ich mir das Vogelfutter und den Stock und überquerte geduckt Dartmouth Place. In der Dartmouth Street sah ich schwer atmend und verschwitzt nach rechts. Kein Gilpin.
    Ich war entkommen.
    Das Taxi ließ mich mehrere Häuser entfernt von Reens Wohnung aussteigen. Ich kramte ihren Schlüssel hervor und stand dann auf dem Gehweg, um abzuschätzen, ob mir jemand gefolgt war.
    Ob ich das wirklich mitbekäme?
    Ich humpelte auf den Stock gestützt zu Reens Haus, schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf und trat ein.
    Ein Schauer der Erinnerung überlief mich. Ich stützte mich mit gesenktem Kopf an der Wand ab.
    Oh Gott, Reen, wie ich dich vermisse.
    Rote Wände, schwarz lackierte Objet d’arts, weiße Sofas. Puristisch.
    Der Puder für Fingerabdrücke war überall. Und Matsch auf dem Sisalteppich. Aber kein Blut. Reen war nicht hier ermordet worden. Schubladen und Schranktüren standen offen.
    Flüsternd sprach ich mit Cliffie, Bruno und Bubba, wobei ich die ganze Zeit schniefte. Ich bedachte sie mit einer extragroßen Portion Futter. Nicht, dass sie es gebraucht hätten. Der Menge nach zu schließen fütterte Mrs Maekawa sie bereits.
    Als ich ihr Wasser erneuert und eine frische Zeitungslage in den Käfig gelegt hatte, atmete ich zitternd durch, putzte mir die Nase und sah mich um.
    In der Küche und im Wohnzimmer fand ich nichts, was von Interesse war, abgesehen von Erinnerungen, bei denen ich am liebsten geweint hätte. Ich griff nach dem Knauf der Schlafzimmertür. Ein Knarren wie von einem Bett kam von drinnen.
    Lauf weg!, schrie jede Faser in mir.
    Ich drückte das Ohr an die Tür, hörte nichts, drehte ganz vorsichtig den Knauf und schob die Tür ganz, ganz langsam auf …
    Ich lugte durch den Schlitz. Ich konnte nicht viel sehen. Reens Kommode. Ihr Schrank. Das Fußende des Bettes. Jemandes Hintern saß am Fußende. Ein Mann.
    Guter Gott. Kranak. Was machte er denn hier?
    Er hatte sein Sakko abgelegt und die Hemdärmel hochgekrempelt. Er saß mit dem Rücken zu mir am Fußende des Bettes. Er hob ein Fläschchen hoch, schob dann eine Nadel durch den Gummiverschluss und zog die Spritze auf.
    Dann klopfte er zweimal gegen die volle Spritze.
    Bevor ich etwas sagen konnte, stach er die Nadel in seinen Oberarm.
    Ich stürzte zum Bett.
    Kranaks Hand legte sich um meine Kehle wie ein Schraubstock.
    »Scheiße, Rob«, keuchte ich. »Was machst du da?«
    Seine Hand ließ los. Er warf einen Blick auf seinen Arm und errötete. Seine Narbe glich einer weißen Schlange. »Tolle Aufmachung, Tal.«
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich.
    Er beendete, was er begonnen hatte und drückte die Flüssigkeit in den Muskel. Als er die Nadel aus dem Arm zog, hing ein roter Tropfen an der Nadelspitze.
    »Geht’s dir gut?«, wiederholte ich.
    »Klar geht’s mir gut. Du kannst von Glück reden, dass ich dich nicht erwürgt habe.«
    »Was machst du da? Damit? Hier?«
    Er zog eine schwarze Nylontasche zwischen den zerknüllten Laken hervor. »Was ich mache? Wonach sieht’s denn aus, Tal?«
    Ich wippte auf meinen Absätzen. »Du hast dir einen Schuss gesetzt.«
    »Hey, hey! Da haben wir’s wieder. Miss Samantha Spade schlägt wieder zu. Nur spritzt man sich Heroin nicht intramuskulär, wie ich es gerade getan habe.«
    »Oh. Das sollte ich eigentlich wissen.«
    »Klar weißt du das.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Ich bin Diabetiker.«
    Da hatte ich ja schwer danebengelegen. »Ach, Rob. Ich …«
    »Unsere berüchtigte Therapeutin, sprachlos. Das hatten wir ja noch nie.«
    »Das tut mir wirklich leid. Weiß jemand in der Abteilung davon?«
    »Nein.« Sein grimmig verzogenes Gesicht sprach Bände.
    »Ich sag auch niemandem etwas. Reen wusste davon, stimmt’s?«
    »Ja.«
    Ein Stich der Eifersucht durchfuhr mich, was lächerlich war.
    Ich wandte mich von dem Fremden mit dem versteinerten Gesicht ab und begann, Reens Schlafzimmer zu durchforsten. Ich suchte in den Schubladen der Kommode, zwischen Stapeln aus Unterwäsche und Pullovern, hinter den Fotos und Gemälden.
    Und die ganze Zeit über spürte ich Kranaks Blick im Rücken.
    »Du wirst nichts finden«, sagte er.
    »Kann sein.« Ich nahm den Schrank in Angriff, Kleider, Schachteln, Schuhe. Ihre schwarz lackierte Schmuckschatulle hob ich mir bis zum Schluss auf, und nachdem ich den Deckel angehoben und die ordentlich sortierten Ohrringe, Armbänder und Ketten begutachtet hatte, war ich erneut enttäuscht.
    »Das ist doch zum Kotzen.« Ich setzte mich neben Kranak

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