Tödliche Ernte
vermisste. Bevor ich damit herausplatzen konnte, meinte er: »Dich zu vermissen ist wie schlimmes Bauchweh.«
Verteufelt romantisch. Das war Jake.
Wir waren beide ziemlich in Stimmung und überlegten uns Dutzende von Möglichkeiten, ihn ins Hotel zu schmuggeln. Die meisten waren lachhaft und keine praktizierbar.
Dann kam mir ein schlimmer Gedanke. Ich war nicht da. Vielleicht hatte er eines der Models mit nach Hause genommen, die bei der Eröffnung herumgeschwirrt waren. Das war seine frühere Vorgehensweise. Konnte ja immer noch so sein.
Ich sagte kein Wort.
Während ich »fort« war, übernachtete er bei mir, um nach Penny zu sehen und ans Telefon zu gehen. Ich hatte irgendwie gehofft, der Schnitter hätte angerufen, da mein Telefon abgehört wurde. Doch Jake wusste nichts von seltsamen Anrufen oder Leuten, die aufgelegt hatten, zu berichten. Er sagte, ich hätte allerdings einen Anruf von einer Krankenschwester bekommen. Mrs Cheadle konnte wieder etwas reden, hatte die Schwester gesagt.
»Du wirst sie doch nicht besuchen, Tal?« Seine Stimme klang ganz spröde vor Sorge.
»Natürlich nicht. Ich bin schließlich undercover.« Ich lachte.
Er wusste, dass ich log.
37
Am Donnerstagmorgen folgte ich Lauria reichlich unausgeschlafen die Treppe hinauf zum Konferenzraum. Da stand Fogarty und schleimte sich bei einem fbi -Agenten ein. Vermutlich wollte er ein paar Interna für Street Fighter aus ihm herauskitzeln.
Lauria stellte mich der Gruppe als ihre Assistentin vor, und weder Kranak noch Gert schenkten »Emma« mehr als einen kurzen Blick.
Gegen Mittag brach ein halbes Dutzend Leute zum Mittagessen auf, während die Workaholics sich etwas zu essen bringen lassen wollten.
Kranak kam herbeigeschlendert, um Lauria etwas zu fragen und erbot sich dann, Lauria und mir etwas aus dem Delishop um die Ecke mitzubringen.
Ich verstellte meine normalerweise raue Stimme. »Danke. Aber ich wollte in die Stadt fahren.«
Kranak schob eine Hand in die Hosentasche. »Wollen Sie mit mir kommen? Der Deli ist gut.«
Na, klasse. Kranak wollte mit »Emma« einen auf Kumpel machen.
»Ich fürchte, ich habe ein paar Sachen zu erledigen.« Als ich hinausfegte, schnappte ich noch auf, wie Lauria ein Reuben-Sandwich bestellte.
»Miss Nash«, brüllte Kranak, als ich gerade am Eingang war. »Ich nehm Sie mit.«
Toll. »Danke.«
Draußen fegte ein eisiger Regen vom Himmel. Sogar die Möwen auf dem Parkplatz schienen schlechter Laune zu sein. Kranak hielt meinen Ellbogen, als wir zu seinem Wagen liefen. Ich ließ mich führen, da ich ja offiziell nicht wusste, welches sein Auto war.
Wir schnallten uns an und fuhren vom Parkplatz.
»Wohin?«
»Newbury Street.« Ich würde von da ein Taxi zum Krankenhaus nehmen.
»Sie wohnen also in Washington?«, meinte Kranak. »Wo da?«
»In Arlington, um genau zu sein.«
»Ah. Waren Sie vorher schon mal in Boston?«
»Vor Jahren mal.«
»Mieses Wetter«, knurrte er.
»Das stimmt allerdings.«
»Und jetzt sagen Sie mal, was unternehmen Sie abends gern?«
Das hatte er nicht wirklich gesagt. Das war nicht nur eine plumpe Anmache, sondern Reen war noch nicht mal eine Woche tot. Wusste er, dass ich »Emma« spielte, und wollte ihr eins auswischen? Bei Kranak konnte man nie wissen. Ich fühlte mich total mies, weil ich ihn nicht eingeweiht hatte.
»Hier gut?« Er hielt vor dem Ritz.
»Danke noch mal.« Ich wollte die Tür öffnen.
Er legte eine Hand auf meinen Arm. »Ähm, Emma? Ich hatte Sie etwas gefragt.«
Meine Lippen formten bereits die nächste Lüge. Doch als ich in seine traurigen lieben Augen und das zerdellte Gesicht sah, das ich seit Jahren kannte, wollte sie mir nicht über die Lippen kommen.
Ich versteifte mich. »Warum, Officer Kranak?«
Er blies die Wangen auf. »Soll ich ehrlich sein? Ich habe vor Kurzem jemanden verloren. Sie sehen ihr zwar nicht ähnlich, aber … Also na ja, Ihr Haar hat die gleiche Farbe. Und manchmal trug sie auch so einen roten Lippenstift. Und außerdem tragen Sie keinen Ring, also …« Er fuhr sich mit der Hand über seinen Bürstenschnitt. »Ich weiß auch nicht. Ich dachte nur, es wäre vielleicht eine gute Idee.«
Kranak wusste nicht, dass ich es war. Wie sauer würde er sein, weil ich nun seine Gefühle kannte. »In meinem Leben gibt es auch jemanden.«
Er zuckte die Achseln, grinste. »Wie kommt es dann, dass ich erleichtert bin?«
»Vielleicht, weil Sie sie sehr vermissen?«
»Das tue ich. Mehr, als ich mir je hätte träumen
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