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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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Erleichterung.
    Einmal blickte ich zurück. Jake starrte mir hinterher. Ein rätselhafter Ausdruck war auf seinem markanten Gesicht zu sehen, während er Penny am Halsband festhielt.
    Wenn er nur wüsste, was ich gesehen hatte. Aber das würde ich ihm nie sagen können.
    Vor der Galerie schlüpfte ich in meine Schuhe und stopfte den BH in die Tasche.
    »Was ist denn, Ta–Emma?«, wollte Lauria wissen.
    »Im Hotel. Wir reden im Hotel darüber.«
    Sie hielt mich am Arm fest.
    »War da jemand? Ich habe Leute da drinnen. Sagen Sie schon.«
    »Nein. Da war niemand. Und doch alle. Gehen wir.«
    * * *
    Ich schrubbte mein Gesicht sauber und schlüpfte in meinen Schlafanzug, und zwar meinen eigenen. Als ich aus dem Bad kam, reichte Lauria mir einen Bourbon. Auch sie hielt einen in der Hand.
    »Was ist dort passiert?«, fragte sie und nippte an ihrem Drink.
    Ich setzte mich aufs Bett und verschränkte die Beine. »Ich weiß jetzt, was er macht.«
    »Der Schnitter?«
    »Ja.« Ich trank einen Schluck Bourbon. Vielleicht würde er mir heute Nacht helfen einzuschlafen, aber ich hatte da so meine Zweifel. »Er setzt eine Frau zusammen. Er nimmt ein Teil von einer Frau und ein anderes von einer anderen und setzt nach und nach die in seinen Augen perfekte Frau zusammen. Eine geliebte Frau.«
    Ihr Glas schwebte auf halber Höhe. »Eine Frau basteln. Meinen Sie basteln wie in Das Schweigen der Lämmer?«
    Adrenalin peitschte durch meinen Körper, bis ich anfing zu zittern. »Nicht ganz. Der Killer in dem Buch will eine Frau werden. Unser Mann dagegen trägt eine Sammlung perfekter Körperteile zusammen, die in seiner Vorstellung dann zu der geliebten Person werden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber er hat doch erst Angelas Augen genommen, und dann Dellas. Das macht zwei Augenpaare. Und das Gleiche gilt für die Hände.«
    Meine Nerven fingen an zu flattern. »Richtig. Er behält nur das Beste für diese Kreatur. Und wenn er etwas Neues sieht, das ihm besser gefällt, so wie Dellas Augen im Vergleich zu Angelas, dann holt er sie sich.«
    »Sicher«, sagte sie. »Das verstehe ich. Ich frage mich nur, wie es kommt, dass er eine Frau einer anderen vorzieht?«
    »Wir haben es hier mit jemandem zu tun, der eine Persönlichkeitsstörung hat. Ein Mann, der ein schrecklich schwankendes Selbstbild hat. Er idealisiert manche Menschen zu sehr. So wählt er auch seine Opfer aus.
    Und er will sich umbringen. Oft sogar. Also vergräbt er diese Gefühle unter einer großen Zahl von Morden. Ich würde sagen, dass er sein ganzes Leben lang ein mieses kleines Arschloch gewesen ist. Die starken Jungs in der Schule haben sich über ihn lustig gemacht. Die Mädchen haben ihn ignoriert. Und doch ist er so verdammt smart. Echt smart.«
    »Viele Jungen erleben so was in der Schule. Und fangen nicht an, Leichenteile zu sammeln.«
    »Ich will auch nichts vereinfachen. Es ist viel komplexer. Er ist viel komplexer. Doch er hält sich für einen Versager, einen totalen Reinfall, weil jemand, den er liebte, ihn dafür hielt. Ich kann es beinahe spüren – wie er sich danach sehnt, es richtig zu machen.«
    »Richtig? Krass. Verschrumpeln denn die Körperteile nicht?«
    »In Wirklichkeit? Natürlich. Aber nicht in seinen Augen. Für ihn sind sie nicht länger wirklich. Sie behalten ihre Schönheit für immer. Er stellt die makellose Frau zusammen. Die Frau, die er anbetet. Die Frau, die er an einen Mörder verloren hat. Ich frage mich, ob er ihren Mörder auch kannte und sogar liebte.«
    In dieser Nacht hörten die Trommeln nicht auf zu schlagen. Sie waren durchdringend und laut, und ich griff schließlich zu einem Schluck Bourbon, um sie abzustellen.
    Das rundete zwar die Kanten ab, doch schlafen konnte ich trotzdem nicht. Ich drosch auf mein klumpiges Kissen ein und wünschte, ich hätte mein Daunenkissen. Und ich sehnte mich nach Jakes beruhigender Wärme. Nach Pennys auch.
    Der Schnitter. Einer seiner Angehörigen – ein Mordopfer. Verdrängter Kummer. Ich hatte das Tausend Mal erlebt. Armer Kerl.
    Himmel. Fehlte nur noch, dass er anfing, mir leidzutun.
    Ich musste eingenickt sein, denn es dauerte eine Weile, bis ich mich beim anhaltenden Klingeln des Telefons aufrappelte. Es war Jake. Die Ausstellung war ein Riesenerfolg. Er hatte fast alle seine Stücke verkauft.
    Wir lachten über Penny und die Geschichte mit dem BH und spekulierten darüber, wem das Dessous wohl gehörte und warum es in der Galerie herumflog. Es schockierte mich, wie sehr ich ihn

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