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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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Sie brauchen jemanden, den sie hassen können, auf den sie wütend sein können, auf den sie mit dem Finger zeigen. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie vieles von dem gerade selbst empfinden.«
    Mit um die Taille geschlungenen Armen wiegte sie sich hin und her.
    »Jemand muss ihn auf Dottie angesetzt haben. Zuerst hat er nämlich nicht so gedacht. Tatsache ist, dass Dottie und Roland befreundet waren. Dann wurde er anders, vier Monate ist das vielleicht her. Damals ist er auch darauf verfallen, Dottie habe die kleine Moira umgebracht.«
    »Haben Sie das der Polizei erzählt?«
    »Sicher doch. Dottie hat’s getan. Mehrmals.« Sie wiegte sich weiter, hin und her, hin und her.
    »Verstehe. Gibt es …«
    »Wenn Sie nicht solche Angst gehabt hätte, wäre sie nicht gestorben.«
    »Ach, Lin, ich wünschte, dem wäre so. Aber ich fürchte, das stimmt nicht.«
    »Oh doch, das stimmt. Mein großes Mädchen. Ihr Herz hätte nicht aufgehört zu schlagen, wenn sie nicht solche Angst gehabt hätte. Hätte es nicht. Mein großes Mädchen.« Lin Brylske-Harry schlang die Arme fest um sich.
    Fragend sah ich Gert an. Das Herz?
    Gert nickte. »Todesursache: Herzversagen. Wusstest du das nicht?«
    Ich verbrachte die halbe Freitagnacht damit, die Datenbank im Kummerladen zu durchforsten. Samstagmorgen saß ich wieder vor dem Bildschirm und versuchte, mich mit Spalten voller Zahlen, Namen und Statistiken anzufreunden. Ich kam nicht weiter.
    Ich hatte Penny zu Hause gelassen, und außer den wenigen für das Wochenende eingeteilten Angestellten war niemand da. Die meisten Mitarbeiter des Kummerladens arbeiteten am Wochenende nur »bei Bedarf«. Es war ruhig. Zu ruhig. Tödlich ruhig.
    Ich war froh, dass Burt vom Sicherheitsdienst da war und dass man einen Schlüssel brauchte, um ins Gebäude zu gelangen.
    Eine weitere Stunde verstrich. Es machte mich allmählich verrückt, dass ich Moira Blessing nicht in der Datenbank finden konnte. Obwohl ihr Tod vor mehr als drei Jahren stattgefunden hatte, hätte ihre Akte noch da sein müssen.
    War sie aber nicht. Wer also hatte Moira aus dem Archiv des Kummerladens gelöscht?
    Als ich gerade gehen wollte, kamen Gert und Mary. Gert hatte Bereitschaft als Beraterin.
    »Hört mal.«
    Ich erklärte ihnen, dass Moiras Unterlagen aus der Datenbank verschwunden waren. Beide sahen mich an, als hätte ich einen zu viel getrunken.
    »Schon gut«, sagte ich. »Ich bilde mir das bestimmt alles nur ein. Aber schaut ruhig selber nach.«

15
    Manchmal hasste ich den Winter. Als ich an diesem Abend vor unserem Haus anhielt, füllte die Dunkelheit jede Spalte und jeden Winkel der Straße. Vorsichtig machte ich die Autotür auf.
    Die nackten Zweige der großen Eiche weiter unten an der Straße knackten. Die Bürgersteige waren leer. Über meinem Kopf klapperte etwas. Ich fuhr herum. Jemand hatte einen Klappstuhl aus Alu auf seiner Dachterrasse gelassen.
    Weiter unten an der Straße warfen die Laternen ein warmes Licht aufs Pflaster. Jake hatte die Glühbirne über unserem Eingang immer noch nicht ersetzt. Ich würde es dieses Wochenende selber tun.
    Ich überquerte die schmale Straße, wobei ich mit einer Hand unbehaglich die Einkaufstüten umklammerte und mit der anderen meine Taschenlampe und die Schlüssel. Als ich die Treppenstufen hinaufging, nahm ich hinter mir eine Bewegung war. Ich fuhr herum. Nichts.
    Am liebsten hätte ich gerufen: »Zeig dich, zeig dich, wer immer du auch bist.«
    Ich schnappte mir das FedEx-Päckchen, das an der Tür lehnte, schloss auf und schlüpfte schnell hinein. Die Tür knallte ich hinter mir zu. Ich seufzte.
    Aber wo blieben das Tappen der Pfoten und das Begrüßungsgeheul? »Penny?«
    Kein Antwortbellen.
    Aber ja. Jake hatte sie sich ausgeliehen.
    Ich warf das Päckchen von FedEx auf den Couchtisch und entdeckte dabei den Absender. Byte Me. Huch. Ich schaltete meinen Computer an. Während er hochfuhr, machte ich mir ein paar tiefgefrorene Burritos in der Mikrowelle warm, schlüpfte in bequeme Klamotten und kehrte mit Trepels Visitenkarte ins Wohnzimmer zurück.
    Ich wählte die Nummer von Aliant Industries in Lub-bock, Texas, und hörte schließlich Bernard Trepels Ansage auf dem AB, komplett mit Akzent. Die Aufzeichnung besagte, dass er noch immer auf seiner »Tour durch Neuengland« sei. Er war echt. Er war normal. Zumindest hörte er sich normal an.
    Ich hinterließ meinen Namen, meine Nummer und eine Entschuldigung für Reens plumpes Verhalten vom Vorabend.
    Ich war von mir

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