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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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war Blessing in meiner Wohnung gewesen. »Lass mich erst mal ausreden, ja?« Ich erzählte von Blessings Krankenakte und seinem Verhalten in unserer Gruppe, das nun einen traurigen Sinn ergab. »Er erstarrt förmlich, Rob. Den ursprünglichen Vorfall kannst du nennen, wie du willst – Feigheit, Angst, was auch immer –, er war schließlich nur ein Angestellter. Hatte nie gekämpft. Himmel, er ist einer von Pisarros Technikfreaks. Er hängt bloß mit den harten Jungs rum.«
    »Diese Scheiße mit dem Trauma ist dreißig Jahre her. Die Zeiten ändern sich. Und die Leute auch.«
    »Als sein Kind umgebracht wurde, war das posttraumatische Stresssyndrom wieder so frisch, als wäre es heute. Steht alles in der Akte.«
    »Die kann mich mal, die Akte. Er war’s bei deiner Freundin. Wir haben ein Dutzend Fingerabdrücke, den Golddollar, ebenfalls mit Abdrücken, und den Burschen, der gesehen haben will, wie ein Kerl, der aussieht wie Blessing und für Pisarro arbeitet, mit Chesa gestritten hat. Und du selbst hast das Motiv geliefert.«
    »Ja, schon, alles scheint zueinanderzupassen, aber es kann nicht stimmen, wenn man sein psychologisches Profil berücksichtigt.«
    Er verdrehte die Augen. »Wenn er aussieht wie ein Killer und einem auch so vorkommt …«
    »Dann ist es noch lange kein Killer, Rob. Es fühlt sich verkehrt an.«
    »Lass mich noch hinzufügen: Blessings Fingerabdrücke waren auch überall am Tatort von Arlos Mord. Und auch da haben wir einen Zeugen, der die beiden zusammen gesehen hat. Sieh der Sache ins Gesicht, Babe. Er hat sie beide auf dem Gewissen.«
    Um fünf Uhr zehn bogen wir in den Marshview Way in Newburyport ein. Ich hoffte, noch rechtzeitig zu kommen, bevor Blessing eine Dummheit beging.
    Ich kam mir vor wie im Zoo. Lampen, Lärm, Fernsehsender und Cops in allen möglichen Uniformen. Hangabwärts hinter einem hübschen Haus mit Mansardendach wand sich der sumpfige Fluss Richtung Meer. Ein Dutzend Boote mit riesigen Scheinwerfern schaukelten auf dem Wasser. Alle waren auf ein Bootshaus ausgerichtet, das von der Größe her vielleicht für ein Schnellboot reichte. Kranak dirigierte Penny und mich durch eine Ansammlung von Cops, bis wir schließlich neben Lieutenant Capistran standen. Kranak machte sich davon, und ich blieb mit dem gedrungenen Lieutenant zurück.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Blessing ist mit dieser Brylske im Bootshaus«, sagte Capistran. »Der Unterhändler meint, Blessing wäre in Ihrer Trauergruppe oder so was. Der Typ hat schon zwei Leute umgebracht. Sie kannten beide, stimmt’s?«
    »Eine war eine Freundin von mir. Der andere war in meiner Gruppe. Aber ich bin nicht sicher, ob Blessing …«
    »Wir wollen nicht, dass die Vermieterin das dritte Opfer wird.«
    »Und was jetzt?«
    Ich warf den Kopf zurück, um die frische Luft tief in meine Lungen zu saugen.
    Er deutete auf einen zerbrechlich wirkenden Mann in Jeans und einem weiten Sweater. »Reden Sie mit Stan, unserem Unterhändler.«
    Ich stellte mich vor. »Wie klang Blessing denn?«
    »Völlig fertig«, sagte der Unterhändler. »Und weinerlich. Er hört gar nicht mehr auf zu weinen. Was können Sie mir über ihn erzählen?«
    Ich erzählte ihm alles, was ich wusste, und er runzelte die Stirn, als ich Pisarro erwähnte.
    »Die Frau, die er als Geisel genommen hat«, fuhr ich fort, »hält er für die Mörderin seiner Tochter. Sie kann es zwar nicht gewesen sein, aber sie gibt ein gutes Ziel ab. Sie ist lesbisch. Und wie man mir sagte, hat sie eine große Klappe und eine ruppige Art.«
    Seine Augen verengten sich. »Himmel. Na, dann wollen wir mal sehen, ob wir nicht doch beide in einem Stück da rausholen können.«
    Er hielt einen Finger hoch, während er den Kopfhörer fest ans Ohr presste. Er nickte wiederholt. »Sie wollen Tally Whyte?« Pause. »Ich hole sie.«
    Er machte eine Handbewegung, und ein schwarz gekleideter Polizist reichte mir ein Headset. Ich setzte es mir auf. »Sind Sie da, Roland?«
    »Ich bin froh, dass Sie da sind.« Blessings Stimme zitterte vor Angst oder Nervosität. Ich hoffte, er stand nicht unter Drogen.
    »Ich bin auch froh«, sagte ich.
    »Ihr Vater wurde umgebracht, stimmt’s?« fragte Blessing schluchzend. »Erstochen. Das habe ich zumindest gehört. Überall Blut. Erinnern Sie sich noch an das Blut? Wie es aus seinem Körper gepumpt wurde?«
    Ich schauderte. »Ja. Wie geht es Mrs Brylske, Roland?«
    »Sie hat Schmerzen.« Er kicherte. »Schrecklich, diese Schmerzen. Moira ging es

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