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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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würde mir Andy Nogler vorknöpfen.

28
    Zu Tode erschrocken wachte ich auf. Ich war nicht allein. Das spürte ich. Jemand beobachtete mich. Gütiger Gott. Zigarettenrauch. Ich tat, als schliefe ich noch, wagte einen Blick. Schwärze, abgesehen von den Neonziffern auf dem Wecker, die fünf Uhr früh zeigten. Pennys Gewicht war fort. Wo war sie?
    Ich tat so, als würde ich mich im Schlaf bewegen, warf den Arm herum, umklammerte das Pfefferspray.
    Ich wünschte, ich hätte ein Messer, eine Pistole. Nein. Keine Pistole.
    Ich sprang auf, den Finger auf dem Sprayknopf. »Nicht bewegen, du Arsch.«
    »Versprochen.«
    »Verdammt noch mal, Jake! Was zum Henker machst du denn hier?«
    »Ich seh dir beim Schlafen zu.« Jakes Stimme klang gleichgültig und nervig.
    »Wie denn?«, fragte ich und knipste das Licht an.
    Er hielt eine Yankee Candle Duftkerze hoch. »Hat dich nicht wach gemacht. Zumindest nicht gleich.«
    Ich bändigte meine Haare mit einem Haargummi. »Du hast vielleicht Nerven.«
    »Ich musste sehen, dass du schläfst.«
    »Warum?«
    Er zündete sich eine Zigarette an und zog daran, einer von diesen tiefen, befriedigenden Zügen. Ein Rauchfaden kräuselte sich zur Decke und ließ sein Gesicht so seltsam aussehen, dass er mir gar nicht wie Jake vorkam. Das gefiel mir. Mir gefiel die Art, wie er den Rauch einsog. Es wirkte so bezwingend auf mich. »Ich wusste gar nicht, dass du rauchst.«
    »Ich muss los.«
    Ich kletterte hinter ihm her. »Verdammt noch mal, Jake Beal. Warte gefälligst. Das war ja wohl das Unheimlichste, was du je getan hast: mich mitten in der Nacht beobachten.«
    Er schnippte die Zigarette in mein Spülbecken, wo sie zischend liegen blieb. »Da hast du recht. Daran hab ich gar nicht gedacht. Ich muss ins Atelier.«
    Ich stampfte mit dem Fuß auf. »Es ist fünf Uhr morgens.«
    »Meine Ausstellung beginnt in einer Woche.«
    »Hab ich vergessen. Aber mich ausspionieren …«
    Er beugte sich vor, um mich zu küssen.
    »Nicht doch«, sagte ich. »Morgens hab ich immer Mundgeruch.«
    Er grinste, kniete dann nieder und hob mein T-Shirt hoch.
    Tja, na dann.
    Auf dem Weg zur Arbeit war ich immer noch sauer auf Jake. Warum konnte er nicht normal sein, »Bäh, Mundgeruch« sagen und dann gehen? Stattdessen hatte er …
    Verdammt. Jake Beal spielte ganz eindeutig mit mir. Und ich genoss jede Minute dieser Spielchen. Und das war ganz, ganz, ganz schlecht.
    An einer roten Ampel rief ich schnell im Krankenhaus an. Die freundliche Schwester sagte, Mrs Cheadle habe zwar noch immer mit der Lungenentzündung zu kämpfen, aber man hoffte, sie in ein paar Tagen auf eine normale Station verlegen zu können.
    Als ich auf den Parkplatz einbog, stieß ich auf eine Mauer aus Menschen. Mein Gott, hatte es etwa einen schrecklichen Unfall oder einen kollektiven Selbstmord gegeben? Ich stellte den Wagen ab, und Penny und ich bahnten uns einen Weg durch die Menge schneebestäubter Menschen, die klagten und jammerten und die Hände rangen.
    »Wie viele sind gestorben?«, fragte ich, als Gert mich nach drinnen zog und die Tür zuknallte.
    »Der Zoo da draußen gehört zu so einem religiösen Spinner«, sagte Gert. »Strabo meint, einer seiner Jünger hätte ihn mit Rattengift gefüttert. Seine Schäflein drehen durch.«
    Ich stampfte den Schnee von den Stiefeln. »Und wer kümmert sich um sie?«
    »Wir haben zwei Leute rausgeschickt, die mitten in der Menge stecken.« Wir gingen zu meinem Büro.
    »Tut mir leid. Die hab ich nicht gesehen. Bin ziemlich schlecht drauf heute Morgen. Noch andere Todesfälle?«
    »Ein Obdachloser. Sieht aus, als hätte er sich zu Tode gesoffen.« Sie reichte mir die Liste. »Heute Morgen ist kein Meeting angesetzt. Auch die Einteilung hab ich auf den neuesten Stand gebracht.«
    »Super.« Ich fuhr mit dem Finger die Namen entlang. »Ich sehe Andys Name gar nicht.«
    »Er hat sich krankgemeldet. Schon wieder.« Sie saß mit den Händen zwischen den Knien da, kaute wie wild Kaugummi und starrte auf den zentimeterhohen Stapel Ausdrucke auf meinem Schreibtisch.
    »Was ist das, Gertie?«, fragte ich und griff danach.
    Ihre Augen glitzerten. Sie kämmte sich den Pony mit den Fingern.
    Ganz beiläufig.
    Ich überflog die erste Seite. Brenda Fitzer, Nase verschwunden. Jose Alvarez, die Finger. Ich blätterte weiter. Mario Basch, Zähne. Janet Atkins, die Zunge.
    Sie nickte und ein Lächeln teilte ihre Lippen.
    »Fehlende Körper teile?«, hakte ich nach.
    »Na ja, letzte Nacht hatte ich Zeit zum Nachdenken.

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