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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Marquet
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vertraulichen Treffen erfahren hatte. Sie machte sich ohnehin schon unbeliebt, weil sie sich nicht von Jeff distanziert hatte. Da mochte sie sich nicht auch noch den Vorwurf des Verrats einhandeln.
    Sie begnügte sich damit, Mulligan verstohlen zu beobachten. Er schien sich völlig unter Kontrolle zu haben: Das beruhigte sie ein wenig. Doch viele Psychotiker verhielten sich vollkommen normal, wenn sie gerade keine Krise durchmachten …
    Sie waren auf der 79th Street Richtung Central Park. Dort folgten sie der Transverse No. 2, bogen in die Amsterdam Avenue und fuhren bis Höhe 91st Street, wo sie vor einem Wohnhaus hielten.
    Im siebten Stock klingelten sie an einer rot gestrichenen Tür. Eine Frau zwischen vierzig und fünfzig Jahren öffnete ihnen. Ein breites Lächeln entblößte ihre weißen Zähne.
    »Hallo, ich bin Mia Sheldon!«, rief sie und bat sie herein.
    Zahlreiche exotische Armreifen klimperten an ihrem Handgelenk, das lange Haar war hennagefärbt, und sie trug einen weiten indischen Sari, der genauso bunt war wie der Rest der Wohnung. Porträts fernöstlicher Gurus hingen neben farbigen geometrischen Gemälden und wild gemusterten Tüchern, die von einer Wand zur anderen gespannt waren. Der süßlich-herbe Duft von Räucherstäbchen erfüllte den Raum. Ann fühlte sich in dieser Umgebung etwas unbehaglich.
    »Aber so setzen Sie sich doch!«
    Die junge Frau sah sich um und konnte keine Sitzgelegenheit entdecken, nur ein paar dicke Kissen, die auf dem Boden lagen. Resigniert wählte sie eins davon und schob es an die Wand, damit sie sich anlehnen konnte. Jeff Mulligan ging in die Hocke.
    »Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen.«
    »Ich habe Tee gekocht«, verkündete die Frau des Hauses und verschwand in der Küche.
    Zwar hatte sie ein faltiges Gesicht und ging auf die fünfzig zu, doch sie gebärdete sich wie ein junges Mädchen. Eine alte Junge, dachte Ann unwillkürlich. Gleich bietet sie uns einen Joint an …
    »Ich habe auch Weizengrassaft oder …«
    »Ich fürchte, wir haben nicht so viel Zeit, Ma’am«, unterbrach sie der Sergeant höflich. Ein Ton, den seine Kollegin gar nicht an ihm kannte.
    Die Frau kam zurück und kauerte sich im Schneidersitz auf den Fußboden. Ihre Augen waren verquollen.
    »Natürlich, entschuldigen Sie. Sie wollen sicher über Lucie sprechen.«
    »Bitte.«
    »Was möchten Sie wissen?«
    »Sie waren eng mit ihr befreundet …«
    »Mehr als das.«
    Jeff runzelte die Stirn.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Sie lachte leise.
    »Auf jeden Fall nicht das, was Sie denken …«
    Für einen Moment wirkte Mulligan verwirrt, was Ann überraschte.
    »Ich kannte Lucie, seit sie fünf war. Ich war ihr Babysitter. Ich freundete mich mit ihrer Mutter an und später auch mit Lucie. Ich will damit sagen, dass ich gewissermaßen zur Familie gehöre.«
    Eine Träne rann über ihre Wange.
    »Sahen Sie sich häufig?«
    »Etwa einmal in der Woche.«
    »Waren Sie ihre Vertraute?«
    »Ebenso wie sie es für mich war. Der Altersunterschied spielte keine Rolle. Sie war sehr reif für ihre achtundzwanzig Jahre …«
    »Gab es Ihrer Meinung nach in ihrem Leben Ereignisse, die mit dem Mord in Zusammenhang stehen könnten?«
    »Das weiß ich nicht. Wer hätte auf so eine Idee kommen sollen? Alle Welt mochte sie.«
    »Vielleicht ein Mann, der sie … ein wenig zu sehr liebte?«, meldete sich Ann zu Wort.
    »Seit dem Tod ihres Verlobten hat sie sich mit niemandem mehr getroffen.«
    »Steve Buchanan gilt seit einem Unfall in den Bergen als vermisst, nicht wahr?«, hakte Jeff nach.
    »Ja. Die Sache war umso schrecklicher, weil sie ihn zu dieser Tour überredet hatte.«
    »Sie war wohl sehr sportlich …«
    »Das trifft es nicht ganz. Sie war eine sehr athletische Frau, die in der Lage war, große körperliche Herausforderungen zu meistern, so viel steht fest. Es war nicht leicht, mit ihr mitzuhalten! Doch das war es nicht, was sie interessierte.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Sie war keine von diesen Alpinisten, die den Berg … bezwingen wollen. Nein, sie war verliebt in die Berge. In die Berge, die Natur, das Leben …«
    Die Erinnerung an die junge Frau wirkte beruhigend auf Mia Sheldon. Ihre Augen strahlten, und sie schien zu vergessen, dass sie von einer Toten sprach.
    »Sie liebte die Morgendämmerung. Sobald sie ein neues Fleckchen entdeckt hatte, musste sie es bei Sonnenaufgang erleben. Sie behauptete, nur in diesem Licht werde einem die Seele eines Ortes bewusst. Eine Manie

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