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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Manche
murrten schon.
Da fragte Michel den Major:
»Wie lange soll das nun so weitergehen?«
    Der Sekundant hob den Degen zum Zeichen, daß der Kampf zu unterbrechen sei. Niedergeschlagen meinte er:
    »Ich verkünde hiermit feierlich, daß Don Hernán vom Gegner besiegt wurde.« Das war praktisch das Todesurteil für den General.
    Ojo aber nahm seine Waffe auf, ging zu dem Hauptmann, der sie ihm geliehen hatte, und gab sie ihm zurück.
    »Hört, Señor«, wandte er sich an den General, »ich habe eine Bitte an Euch.« Don Hernán stotterte irgend etwas.
    »Ich möchte nicht, daß der Geschäftsführer des Hotelsauf die Straße gesetzt wird. Versprecht Ihr mir, alles zu tun, damit er seine Arbeit behält?«
    Der General nickte und schluckte. »Gracias«, sagte Ojo, schlug ihm auf die Schulter, wandte sich um und winkte seinen Freunden.
    »Können wir gehen, Señor Doktor? Ich bin müde wie ein Hund.« »Ist das Duell beendet?« wandte sich Michel an den Major. »Ja. — Natürlich, wenn ihr meint — — ?«
    »Bueno, wir meinen.«
    Ojo wandte sich noch einmal zu den wartenden Offizieren um, hob die Hand und rief: »Adiós, Señores!«
    Noch am Vormittag wußte bereits das gesamte Hotel über den Ausgang des Duells Bescheid. Weder der General noch seine Damen ließen sich irgendwo blicken. Und am Abend kam Tscham, der in der Stadt einige Besorgungen erledigt hatte, in das Zimmer gestürzt und rief aufgeregt:
    »Denkt euch, was mir der Empfangschef erzählt hat, der General hat sein Abschiedsgesuch eingereicht. Er will den Dienst bei der Armee quittieren. Die Leute behaupten, er werde diese Schande nie mehr abwaschen können.«
    »So eine Dummheit«, brummte Ojo. »Nun ist nicht der Empfangschef, sondern der General
seinen Posten los. Was wird er nun machen? Um noch etwas Vernünftiges zu lernen, ist er sicher
schon viel zu alt.«
Michel lachte.
    »Ich wußte gar nicht, Diaz, daß du dich so um andere sorgen kannst.«
    Ojo machte sich an seinem Gepäck zu schaffen. Endlich hatte er den kleineren Sack mit den Edelsteinen herausgefischt. Er öffnete ihn, griff hinein und holte eine Handvoll Diamanten heraus.
    »So werde ich dem alten General ein paar Steine geben. Ihr meint doch nicht, daß er davon unglücklich wird?«
    Noch bevor Michel etwas erwidern konnte, war Ojo zur Tür hinaus.
    Der General starrte ihn an wie ein Gespenst, als Ojo das Appartement betrat.
    »Ich habe gehört, Señor, daß Ihr Euern Dienst quittieren wollt?« Don Hernán antwortete mit zitternder Stimme :
    »Seid Ihr gekommen, um Euch an meinem Unglück zu weiden?«
    »Ich bin doch kein Schuft«, erwiderte Ojo empört. »Ich wollte Euch nur eine kleine
Entschädigung bringen. Da —, nehmt.«
»Wa — wa — wa —, was ist das?«
    »Es sind wunderbare, herrliche, nie gesehene Diamanten«, sagte Ojo. »Ich habe genug davon. Wenn Ihr nach Portugal kommt, könnt Ihr sie verkaufen. Ihr werdet soviel Geld dafür bekommen, daß Ihr bis an Euer Lebensende sorgenfrei leben könnt.«
    In der Annahme, daß der General etwa zu stolz sein könnte, das Geschenk anzunehmen, drehte sich Ojo um und verließ eilig das Zimmer.
    Don Hernán starrte wie versteinert auf den Reichtum, der in einem kleinen Haufen auf dem Tisch lag. Er kämpfte einen bitteren, harten Kampf mit sich. In seiner Seele bekriegten sich der General und der Mensch, der nun sein Leben, wenn auch nicht gerade in bitterer Not, so doch auch nicht in den bisherigen Formen zu Endeführen sollte. Schließlich gewann der Mensch die Oberhand. Don Hernán dachte an Frau und Tochter und daran, daß er für diese keinen Mann gefunden hatte. Mit den Werten aber, die da vor ihm auf dem Tisch lagen, konnten er und seine Familie weiterhin ein sorgenfreies, standesgemäßes Leben führen.
    Außerdem war er so klug, daß er sich vornahm, niemandem gegenüber etwas über das unerwartete Geschenk verlauten zu lassen.
    Als er die Steine verstaut hatte, setzte er sich in einen Sessel und grübelte über seinen Gegner nach. Was war das für ein Mensch? Zweifelsohne mußte er verrückt sein. Weshalb kümmerte er sich noch um das Wohl und Wehe des Besiegten, dem er doch vorher bereits das Leben geschenkt hatte?
    Don Hernán dachte noch jahrelang in jeder Mußestunde über dieses Phänomen nach. Auf das einfachste, nämlich, daß ein Mensch gut, rauh, tapfer und kindlich zugleich sein konnte, daß es Ojo einfach ein Bedürfnis gewesen war, einem alten, geschlagenen Mann eine Freude zu bereiten, darauf kam er

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