Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
bewaffnet in ein Gefängnis hinein darf.«
»Gut, gehen wir.«
Sie betraten die Wachstube.
    »Sergeant«, befahl der Major, »bringt diesen Mann in die Zelle des Premierleutnants Baum. Gebt acht, daß er die Sprechzeit von einer halben Stunde nicht überschreitet.«
    »Jawohl, Herr Major«, war die militärisch-knappe Antwort des Sergeanten.
    Michel ging voran, der Sergeant mit zwei Leuten hinter ihm drein. So heischte es die Gefängnisordnung. Vor einer Zellentür blieben sie stehen. »Aufschließen«, befahl der Sergeant seinen Leuten barsch.
    Die Tür schwang zurück. In der Zelle war es so dunkel, daß man kaum die Hand vor den Augen sehen konnte.
    »Premierleutnant Baum«, sagte der Sergeant um eine Nuance höflicher, »Ihr habt Besuch. Redezeit dreißig Minuten.«
    Michel trat einen Schritt vor. Da erhielt er plötzlich einen Stoß in den Rücken und taumelte in die Zelle. Er war auf ähnliches gefaßt gewesen. Er hatte mit allem gerechnet. Blitzartig fuhr er herum und starrte in die Läufe dreier Pistolen und in das grimmige Gesicht des Sergeanten. »Mucks Er sich nicht!« donnerte die Stimme des Sergeanten. »Wir haben Befehl, beim Fluchtversuch scharf zu schießen.« »Schon gut«, sagte Michel. Die Tür knallte ins Schloß, ein Schlüssel drehte sich herum.
    Michel zuckte die Schultern, zog seine Pfeife hervor, stopfte sie und zündete sie an.
    Er hätte etwas darum gegeben, zu sehen, was für ein dummes Gesicht der alte Eberstein machen würde, wenn er von dem eigenmächtigen Streich seines Sohnes erfuhr. Für Michel stand fest, daß der alte Graf von diesen Dingen hier nichts wußte.
    Er war keinen Augenblick niedergeschlagen. Nicht umsonst hatte er sich mit Ojos Hilfe so gründlich vorbereitet.
    Seine Blicke suchten das Gitter. Die Lichtluke war groß genug, um einen Menschen, der so schlank wie er war, hindurchzulassen.
    Seine Hände tasteten das Gitter ab. Die Stäbe waren nicht besonders stark. Es würde eine Kleinigkeit sein, hier herauszukommen, wenn —, ja, wenn draußen kein Posten stand. Dieser Gedanke schoß ihm blitzartig durch den Kopf. Sich dessen zu vergewissern, hatte er trotz allem Vorbedacht vergessen.
    Dennoch ließ er den Mut nicht sinken. Drei Rauchbomben trug er bei sich und eine
diamantenscharfe Feile. Das mußte genügen.
Er war nicht lange allein mit seinen Gedanken.
    Bald öffnete sich eine Luke in der Tür, und das grinsende Gesicht Ebersteins erschien darin. Michel wartete nicht, bis er angesprochen wurde, sondern meinte: »Dieser Bilderrahmen paßt gut um Eure Visage.«
    Ebersteins Gesicht veränderte sich augenblicklich. Wilder Haß löste den Ausdruck des Triumphes auf seinen Zügen ab.
    »Bist du noch frech, du Hund, wenn du schon den Strick um deinen Hals fühlst?«
    »Ich denke, du kennst das Reglement«, erwiderte Michel ungerührt. »Deserteure werden doch gemeinhin erschossen und nicht gehängt. Wozu also diese Drohung mit dem Strick?« »Du — du — du Halunke!« Eberstein konnte sich vor Wut kaum beherrschen. Die
    Unerschütterlichkeit des anderen, nunmehr Wehrlosen, wie er vermeinte, traf ihn tief.
»Da fällt mir ein«, sagte Michel, »es wäre besser gewesen, ich hätte dich damals an die Piraten
von Algier verkauft. Dann hättest du tausend neue Schimpfwörter hinzulernen können. Die
Araber sind darin erfinderischer als du.«
Die Klappe knallte zu.
Aber schon nach ein paar Sekunden ging sie wieder auf.
    Der Graf schien sich gefaßt zu haben. Er glaubte, noch einen Trumpf ausspielen zu können. »Wenn es dir langweilig wird«, sagte er hämisch, »dann brauchst du nur an die Zellenwand zu klopfen. Nebenan sitzt dein Vetter. Er wird sich freuen, wenn ich ihm mitteile, daß wir dich hinter Schloß und Riegel haben. Er wird mir den Triumph gönnen. Er ist mein bester Freund.« »Du Trottel«, sagte Michel nur. Er hätte jauchzen können vor Vergnügen. Er hätte es nicht für möglich gehalten, daß Eberstein so dumm sein würde, ihm zu verraten, in welcher Zelle Richard saß.
    Er ließ sich auf den Rand der Pritsche nieder und rauchte gemütlich Pfeife um Pfeife. Bald hatte
er herausgefunden, daß die lauten Schläge der Sankt Martinskirche bis in die Enge der Zelle
drangen. So brauchte er um die genaue Bestimmung der Uhrzeit nicht verlegen zu sein. Und das
war vielleicht von Wichtigkeit. — Kurz, nachdem es sieben Uhr geschlagen hatte, brachte ihm
ein Soldat ewas zu essen.
Michel fragte:
»Ist das alles?«
»Ja«, grinste der Soldat.
»Doch hoffentlich nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher