Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
Haus.«
Er holte Gläser und schenkte den Wein ein. »Irgendwann schaffe ich das schon. Es muss nicht viel daran getan werden, weil ich immer alles in Schuss gehalten habe. Mit
dem Ausräumen habe ich bereits angefangen. Die Kartons im Nebenzimmer.« Er reichte ihr ein Glas. »Hauptsächlich enthalten sie Fotos, ihren Schmuck und …«
»Sachen, die ihr wichtig waren.«
»Richtig. Sie hatte ein paar Bilder, die ich als Kind für sie gemalt habe. Du weißt schon, viereckige Häuser mit dreieckigen Dächern. Eine große gelbe Sonne. V-förmige Vögel, die herumfliegen.«
»Sie hat dich geliebt.«
»Ich weiß. Mein Vater hat beschlossen, die beleidigte Leberwurst zu spielen, weil sie ihm nichts vererbt hat. In den letzten fünf oder sechs Jahren hat er sie vielleicht zwei Mal besucht, und jetzt gebärdet er sich wie der trauernde Sohn.« Kopfschüttelnd hielt er inne. »Tut mir leid.«
»Familien sind etwas Kompliziertes. Ich sollte das am allerbesten wissen. Sie hat sich so entschieden, Bo, und sie hatte das Recht dazu.«
»Ich verstehe das.« Er rieb sich kräftig die Nasenwurzel. »Ich könnte ihm ja einen Anteil geben, wenn ich das Haus verkaufe. Aber sie wäre nicht einverstanden gewesen, also lasse ich es. Meinem Onkel und meinem Cousin hat sie ein paar Kleinigkeiten vermacht. Vermutlich wollte sie uns damit etwas mitteilen. Wie dem auch sei.« Bo schüttelte den Kopf. »Hast du Hunger? Ich könnte dir etwas kochen.«
»Du kannst kochen?«
»Eine Fähigkeit, die ich mir schon vor langer Zeit angeeignet habe. Und zum Glück habe ich die Erfahrung gemacht, dass es auf viele Frauen wie ein Vorspiel wirkt, wenn ein Mann kochen kann.«
»Da liegst du gar nicht so falsch. Was gibt es denn?« Er schmunzelte. »Das muss ich mir noch überlegen. Währenddessen könntest du mir ja erzählen, warum du so müde aussiehst.«
»Sehe ich denn müde aus?« Reena trank einen Schluck
Wein. Bo öffnete den Gefrierschrank. »Tja, vermutlich ist das so. Oder war. Es war ein anstrengender Tag. Soll ich dich wirklich damit langweilen?«
»Natürlich.« Er nahm zwei Hühnerbrustfilets heraus und legte sie zum Auftauen in die Mikrowelle. Dann öffnete er eine Gemüseschublade.
»Mein Partner und ich hatten einen neuen Fall. Billige Absteige im Süden von Baltimore. Ein weibliches Opfer. Ihr Kopf und der Großteil ihres Oberkörpers waren … mir ist gerade klar geworden, dass man über so etwas besser nicht vor dem Essen spricht.«
»Schon gut. Ich bin nicht zimperlich.«
»Sagen wir mal, sie war übel verbrannt, und zwar mit der Absicht, zu vertuschen, dass sie totgeprügelt worden war. Aber der Täter hat sich dabei ziemlich dämlich angestellt, und es war kein Problem, ihm auf die Schliche zu kommen.«
Während Reena ihm den Fall schilderte, sah sie zu, wie er in einem Edelstahlschüsselchen eine Mixtur anrührte und diese über das Hühnchen goss.
»Dein Beruf und die Dinge, mit denen du dabei konfrontiert wirst, müssen ziemlich belastend für dich sein.«
»Es ist eine Gratwanderung zwischen Sachlichkeit und Mitgefühl. Manchmal ist das schwierig, und bei DeWanna habe ich fast meine Objektivität vergessen. All die Kosmetikartikel auf dem Spülkasten, das Essen, das sie gerade gekocht hatte. Sie hat diesen Mistkerl geliebt, aber er war einfach nur sauer, weil sie schon wieder schwanger war. So, als wäre das ganz allein ihre Schuld. Also schlägt er ihr das Gesicht mit einer Bratpfanne ein, prügelt sie dann damit zu Tode, kriegt anschließend Panik und zündet sie an. Er hat ihre Haare angezündet. Dazu muss man schon ziemlich verroht sein.«
Bo schenkte Wein nach. »Aber du hast ihn erwischt?«
»Das war nicht weiter schwierig. Der Typ ist dumm wie
Bohnenstroh und wollte ihre Kreditkarte benutzen. Jedenfalls hat er es versucht. Allerdings hat er uns sofort erkannt. Er hat Bullen gewittert, sobald wir in die kleine Spelunke kamen. Als er durch die Hintertür floh, hat er meinem Partner noch eine mit einer Mülltonne verpasst. Ich bin ihm nach und bei strömendem Regen über einen Zaun geklettert. Dabei habe ich gar nicht nachgedacht, sondern einfach nur gehandelt. Weil er sich in der Stadt nicht auskannte, ist er in eine Sackgasse geraten und saß fest. Und da hat er sich umgedreht und ein Messer gezogen.«
»Mein Gott, Reena.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich war bewaffnet. Mit einer Pistole! Was zum Teufel hat dieser Kerl sich bloß gedacht? Dass ich loskreische und davonlaufe?« Dabei hätte sie, wenn sie
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