Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
Seine Augen waren wie das Wasser eines Sees, dachte sie. Eine faszinierende Mischung aus Blau und Grau. »Klar. Lädst du mich ein?«
»Wenn du es durch das Labyrinth schaffst, geht das Essen auf mich.« Nachdem er ihr mit der Sauerstoffflasche geholfen hatte, klopfte er ihr freundlich auf die Schulter. »Steigst du aus, zahlst du.«
»Abgemacht.« Sie schenkte ihm ein Lächeln, das so strahlend war wie dieser Tag, und setzte ihre Maske auf.
»Überprüfung des Funkgeräts«, befahl John.
Sie tat wie ihr geheißen, überprüfte nochmals ihre Kleidung und hob dann bestätigend den Daumen.
»Ich werde dich durchlotsen«, erinnerte John sie. »Denke an deine Atmung. Panik bringt dich in Schwierigkeiten.«
Sie würde nicht in Panik ausbrechen. Es war ein Test, nur eine weitere Simulation. Sie atmete ruhig und normal und wartete, bis John auf seine Stoppuhr drückte.
»Los.«
Es war dunkel wie ein Grab und heiß wie die Hölle. Fantastisch. Dicker schwarzer Qualm hing in der Luft. Sie konnte ihren eigenen Atem hören, ein leises Pfeifen, während sie Sauerstoff aus ihrer Flasche sog. Sie orientierte sich und tastete sich dann voran, mit Händen, Füßen und ihrem Instinkt, und fand eine Tür.
Sie schlüpfte hindurch. Bereits jetzt war ihr Gesicht schweißüberströmt. Da war eine Art Blockade. Sie versuchte,
sie mit ihren behandschuhten Händen zu ertasten, entdeckte eine niedrige, enge Lücke und schob sich hinein.
Dort drin könnten Menschen gefangen sein. Sinn dieser Übung war es, das »Gebäude« zu durchsuchen, Überlebende oder Opfer zu finden und sie nach draußen zu bringen. Mach deine Arbeit. Rette Leben. Bleib selbst am Leben.
Sie hörte Johns Stimme, seltsam und fremd in diesem schwarzen Loch. Er fragte nach ihrem Zustand.
»Gut. Prima. Alles in Ordnung.«
Sie tastete sich an einer Wand entlang und war gezwungen, sich durch einen engen Spalt zu zwängen. Dann verlor sie die Orientierung und blieb stehen, um sich wieder zurechtzufinden.
Langsam, ruhig, befahl sie sich. Geh hinein, geh durch und geh wieder hinaus.
Aber um sie herum waren nur Dunkelheit und Rauch und unbeschreibliche Hitze.
Sie kam nicht mehr weiter und spürte, wie sich ihre Kehle in einem ersten Anflug von Panik zusammenschnürte. Ihr Atem kam in raschen, keuchenden Stößen.
Johns Stimme befahl ihr, ruhig zu bleiben, sich zu konzentrieren und auf ihren Atem zu achten.
Da brach der Boden unter ihr ein.
Sie stöhnte beim Aufschlag, konnte nicht mehr atmen und spürte, wie sie die Kontrolle über sich ein weiteres Stück verlor.
Sie war blind und einen schrecklichen Moment lang auch taub, weil das Blut in ihren Ohren rauschte. Der Schweiß lief in Strömen über ihr Gesicht und unter dem erstickenden Schutzanzug über ihren Körper. Ihre Ausrüstung schien tausend Pfund zu wiegen, und die Maske erstickte sie.
Lebendig begraben, dachte sie. Sie war im Qualm lebendig
begraben. Überlebende? Niemand konnte diese erstickende schwarze Hölle überleben.
Einen Augenblick lang kämpfte sie gegen den verzweifelten Wunsch, sich den Anzug vom Leib zu reißen, sich zu befreien.
»Reena, achte auf deine Atmung. Ich möchte, dass du deinen Atem verlangsamst und mir dann sagst, wie es dir geht.«
Ich kann nicht. Beinahe hätte sie die Worte ausgesprochen. Sie schaffte es nicht. Wie konnte das überhaupt jemand schaffen? Wie sollte sie denken, wenn sie nicht sehen und nicht atmen konnte und jeder Muskel in ihrem Körper vor Anstrengung schmerzte? Sie wollte auf allen vieren hinauskriechen, durch den Boden, die Wände. Nur hinaus ans Tageslicht, an die Luft.
Ihre Kehle brannte wie Feuer.
War es Josh so ergangen? Jetzt brannten Tränen in ihren Augen, weil sie ihn vor sich sah, sein sympathisches Gesicht, das schüchterne Lächeln, das Haar, das ihm wie ein Vorhang über die Augen fiel, wenn er seinen Kopf vorbeugte. War er lange genug bei Bewusstsein gewesen, um vom Rauch zu erblinden und zu ersticken, bevor ihn die Flammen erfassten? Hatte ihn Panik überfallen, so wie sie jetzt? Hatte er gekämpft und nach Luft gerungen, um Hilfe herbeizurufen?
O Gott, hatte er gewusst, was auf ihn zukam?
Das war einer der Gründe, warum sie hier war. Hier, in diesem abscheulichen Loch, in der Hitze und der Qual. Um zu verstehen, wie es war. Es zu wissen. Und es zu überleben.
Zitternd kroch sie auf alle vieren und sagte sich selbst, dass sie nicht sterben würde. Auch wenn es ihr vorkam, als läge sie in ihrem eigenen Sarg.
»Mir geht’s gut.
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