Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
Drogen, und er trank nicht viel. Und er rauchte nicht. Um welche Uhrzeit ist das Feuer ausgebrochen?«
»Gegen elf Uhr dreißig gestern Abend.«
»Ich war bei ihm. In seinem Apartment. Ungefähr bis zehn Uhr. Ich bin nach der Hochzeit mit ihm dorthin gegangen. Wir… wir haben miteinander geschlafen. Es tut mir leid, Dad. Er bat mich, die Nacht bei ihm zu bleiben. Sein Zimmergenosse war verreist. Aber ich hatte das Gefühl, ich sollte nach Hause gehen. Wäre ich dort geblieben…«
»Du weißt nicht, ob etwas anders abgelaufen wäre,
wenn du geblieben wärst«, unterbrach John sie. »Du rauchst nicht.«
»Nein.«
»Das hat er sicher gewusst und wollte möglicherweise in deiner Gegenwart nicht rauchen.«
»Hast du den Brandort untersucht? Hast du…« Reena stockte.
»Reena, das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich. Das Haus gehört zum Prince Georges County, und die dafür verantwortlichen Leute sind kompetent. Ich habe mir die Fotos, die Aufzeichnungen und die Berichte angesehen. Wie schon gesagt, sie haben mir damit als Kollegen eine Gefälligkeit erwiesen. Du hast dich bisher in erster Linie mit Brandstiftung beschäftigt und weißt einiges über böswilliges Legen von Feuer. Aber du studierst diese Art von Untersuchungen und weißt auch, dass eine solche Tragödie manchmal einfach nur ein Unfall ist.«
»Pastorelli?«
»Hält sich in New York auf. Nur um sicherzugehen, habe ich mich bei der örtlichen Polizei erkundigt. Er war letzte Nacht in Queens. Dort hat er nachweislich einen Job als Nachtportier. Er konnte nicht in Maryland sein und dann um kurz nach zwölf seinen Dienst antreten – was er getan hat.«
»Dann ist es… einfach passiert? Warum macht es das noch schlimmer?«
»Du suchst nach Antworten, und es gibt keine.«
»Nein.« Sie starrte auf ihre Hände und spürte, wie ein kleiner Teil ihres Herzens abbröckelte und zu Staub zerfiel. »Manchmal bekommt man Antworten, nach denen man nicht gesucht hat.«
Kapitel 8
Baltimore, 1996
W ie schwierig würde es wohl sein? Reena ging um die harmlos wirkende Feuerbrücke vor dem »Labyrinth« herum. Im Branddezernat hatte das Gebäude einen beinahe mythischen Ruf, aber das machte ihr keine Angst. Natürlich hatte sie etliche Geschichten gehört, Witze und Warnungen, was einen Rekruten dort drin erwartete. Aber war es nicht nur eine Sache der Konzentration?
An der Akademie hatte sie bereits ihr Training in brennenden Gebäuden absolviert. Sie war mit physischer Belastung zurechtgekommen, hatte mit kompletter Ausrüstung Leitern erklommen und sich von Wänden abgeseilt. Sie hatte Einsätze gehabt – zugegebenermaßen meist nur als Begleitperson –, aber bei zwei Feuern in der Gegend hatte sie als Strahlrohrführer mitgearbeitet.
Und am Schlauch zu arbeiten war nichts für Schwächlinge oder Feiglinge.
Immerhin war sie jetzt Polizistin, nicht wahr? Und stolz darauf, Uniform zu tragen. Aber wenn sie Brandinspektorin werden wollte, dann musste sie das Feuer in- und auswendig kennen. Solange sie die Arbeit eines Feuerwehrmanns nicht tun konnte, bis sie sie nicht getan hatte, konnte sie ihr persönliches Ziel nicht erreichen.
Nicht nur im Labor und bei Simulationen. Erst wenn sie selbst mit angepackt hatte, würde sie zufrieden sein.
Sie war in guter Form, rief sie sich selbst ins Gedächtnis. Es war harte Arbeit gewesen, an ihrem zarten Körper Muskeln aufzubauen. Muskeln, die sie brauchte, um in voller Montur fünf Stockwerke ohne Pause hinauf- und hinunterzulaufen.
Sie hatte sich das Recht auf diesen Weg verdient, ebenso wie den Respekt, den sie von den Männern und Frauen
erhalten würde, die an vorderster Front gegen das Feuer kämpften.
»Du musst das nicht tun, das weißt du.«
Sie drehte sich zu John Minger um. »Ja. Ich tue es für mich. Und es geht darum, dass ich es tun kann.«
»Eine tolle Art, einen herrlichen Sonntagmorgen zu verbringen.«
Da hatte er recht. Aber es war ihre Mission und auf eine gewisse Art, die sie nicht erklären konnte, auch eine Belohnung für sie.
»Die Sonne wird immer noch scheinen, wenn ich wieder herauskomme. Die Vögel werden immer noch zwitschern.« Aber sie würde sich verändert haben. Zumindest hoffte sie das. »Wird schon alles gut gehen, John.«
»Wenn nicht, wird mir deine Mutter den Kopf abreißen.« Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und starrte auf das Labyrinth. Mittlerweile ging er auf die sechzig zu, und die Falten um seine Augen hatten sich tief
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