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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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zurück, das rhythmische Geräusch eines Schraubdeckels, sssit – sssit – sssit – eine Plastikflasche an ihren Lippen, kühles Wasser rann ihre Mundwinkel hinab und tropfte ihr vom Kinn in den Schoß. Sie schluckte vorsichtig.  
    »Danke«, sagte sie. Der Fremde reagierte nicht.
    Wieder löste sich ihre Verbindung zur Wirklichkeit, wieder dämmerte sie weg, kehrte zurück an den Ort, von dem sie vor wenigen Minuten aufgetaucht war.
     
    Als Nora zum zweiten Mal erwachte, fühlte sich ihr Körper nicht mehr ganz so geschunden an. Die Übelkeit war einem flauen Gefühl im Magen gewichen, nur die dumpfen Kopfschmerzen blieben. Ringsum war alles stockfinster. Beim Versuch, die Augen zu öffnen, spürte sie ein seltsames Spannen und Ziehen. Außerdem musste sie dringend auf die Toilette.
    »Ich muss pinkeln«, sagte sie. Ihre Stimme klang leise, erzeugte jedoch ein raumgreifendes Echo. Sie schien sich in einem riesigen Raum zu befinden, einem Saal oder einer Fabrikhalle.
    Die Schritte näherten sich abermals, begleitet von einem blechernen Scheppern. Sie spürte, wie eine Hand unter ihre Achsel griff und sie hochzog. Unsicher stand sie auf den Beinen.  
    Der Mann drehte sie zur Seite und durchtrennte mit einem Ruck ihre Fußfesseln. »Der Eimer steht hinter Ihnen.«
    Seine Stimme wirkte wie die eines trotzigen Jungen. Wieder der schwere Atem. Er machte keine Anstalten, sich zu entfernen. Einen Moment lang überlegte sie, wie dringend sie wirklich musste. Die Härchen auf ihren Armen richteten sich auf, dann gab sie sich einen Ruck. »Solange meine Hände gefesselt sind, kann ich mir die Hose nicht herunterziehen.« Bei dem Gedanken daran, dass er nun vielleicht selbst Hand an Nora legen würde, stieg die Übelkeit wieder in ihr hoch.  
    Aber er tat nichts dergleichen. Stattdessen trat er hinter sie und löste die Schlinge um ihre Handgelenke.
    Ungeschickt knöpfte sie die Jeans auf, streifte Hose und Slip herunter, ging in die Knie und tastete nach dem Eimer. Aus ihm strömte der Geruch nach Erbrochenem.
    Sie spürte, wie ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg.  
    Das Geräusch des Urinstrahls, der hart gegen die Wand des Blecheimers traf, hallte an den Mauern wieder. Immerhin klang es weniger obszön als der schwere Atem ihres Entführers. Er schien zuzusehen, wie sie sich erleichterte.
    Nora stand vorsichtig auf und drehte ihm den Rücken zu, während sie ihre Unterhose hochzog.
    »Ziehen Sie die Jeans aus«, befahl die Stimme. Und weil Nora zögerte, ergänzte sie: »Die Unterwäsche lassen Sie an.« Nachdem sie fertig war, trat der Mann hinter sie und band ihre Hände erneut zusammen.
    Gefesselt, halbnackt und blind: Ihre Lage bot schlechte Voraussetzungen für eine Flucht. Der Fremde schien ihre Gedanken lesen zu können.
    »Wenn Sie schreien oder versuchen wegzulaufen, erschieße ich Sie mit Ihrer eigenen Waffe.«
    Nora ließ sich auf den kalten Betonboden nieder; sie dachte an das Holster in ihrer Wohnung. Stück für Stück kehrte die Erinnerung zurück. Der Paketbote, der betäubende Duft, der Alkohol, den er sie zu trinken gezwungen hatte. Vermutlich hatte Krüger sie in irgendeine abgelegene Industriehalle gebracht, weit genug entfernt von Menschen, die etwas von der Entführung mitbekommen könnten. Dass Paul Krüger hinter alledem steckte, daran zweifelte sie keine Sekunde.  
    Sie strengte sich an, aus den Geräuschen in der Umgebung etwas herauszuhören, was sich zuordnen ließ. Wie man es immer in Fernsehkrimis sah. Ein Schiffshorn, das Rattern eines Zuges, menschliche Stimmen. Aber außer dem gelegentlichen weit entfernten Vorbeirauschen eines Autos erkannte sie nichts.
    »Wie spät ist es?«
    »Das Oberteil auch«, antwortete Krüger.
    Nora hielt ihm demonstrativ die gefesselten Hände hin. Ein weiterer Ruck und das schmerzhafte Ziehen an ihren Gelenken ließ nach.
    »Die Pistole ist auf Sie gerichtet. Kommen Sie nicht auf dumme Gedanken.«
    Nora fragte sich, ob er eine Handfeuerwaffe bedienen konnte. Ob er wusste, wie man sie entsicherte. Sie würde es nicht herausfinden wollen.  
    Aber sie hatte eine andere Idee.
    Mit übertriebener Anstrengung zog sie sich das T-Shirt über den Kopf. Dabei erhaschte sie mit Daumen und Zeigefinger den Zipfel des Klebebandes, mit dem Krüger ihr die Augen bedeckt hatte, und löste es mit einem schmerzhaften Reißen ein kleines Stück. Gerade so viel, dass sie durch den Spalt sehen konnte.
    Sie befand sich, genau wie vermutet, in einer leer stehenden

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