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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Kollegin zugelassen …«
    Der Polizist räusperte sich und taxierte durch das offene Fenster die völlig betrunkene Frau. Zuallerletzt wollte er einer Kollegin Schwierigkeiten bereiten. Also gab er dem Fahrer mit düsterem Blick das Papier zurück. In der Dunkelheit bemerkte er nicht, wie stark die Hände des Mannes zitterten, die den Fahrzeugschein entgegennahmen.
    »Vergessen Sie nicht, ihr den Sicherheitsgurt anzulegen. Sonst muss ich Sie mit dreißig Euro verwarnen.« Dann sah er zu, wie der Fahrer seiner Freundin unter erheblichen Schwierigkeiten den Gurt anlegte, bevor er sich mit einem knappen »Gute Fahrt« verabschiedete.
    Die Frau auf dem Beifahrersitz stöhnte laut. Die Polizisten schüttelten betroffen den Kopf. Der metallicgrüne Mini fädelte sich aus der Parklücke und verschwand im Dunkel der Nacht.
     
    Die Fahrt von Noras Wohnung zur Bockenheimer Warte dauerte kaum eine Viertelstunde. Das leise Brummen des Motors und die Abgeschlossenheit im Innern des Wagens gaben Paul ein Gefühl der Geborgenheit. Er besaß kein Auto und fuhr auch niemals bei irgendjemandem mit, von den städtischen Bussen einmal abgesehen. Schon fast hatte er vergessen, wie es war, selbst einen Wagen durch den Verkehr zu steuern.
    Nun standen sie schon über eine Stunde auf dem provisorischen Parkplatz zwischen dem Bockenheimer Depot und der alten Druckerei Dondorf. Paul kannte die Gegend gut; die Industriebrache lag nur wenige Gehminuten von seiner Wohnung entfernt und im vergangenen Sommer hatte er viele Stunden auf dem Gelände verbracht. Vor allem das heruntergekommene ehemalige Papierrollenlager faszinierte ihn: eine etwa fünfunddreißig Meter lange, fünfzehn Meter hohe und ebenso breite, leer stehende Lagerhalle aus Backstein. Alle umliegenden Gebäude nahm die Universität in Beschlag. Über die Zukunft des Lagers jedoch stritten sich Stadt, Universität und diverse Bürgerinitiativen ohne Aussicht auf Einigung, wodurch das Gebäude unweigerlich dem Verfall preisgegeben wurde. Es erhob sich inmitten der Weihestätten von Kultur und Bildung wie ein verfallener Tempel des Industriezeitalters. Graffiti überzogen wie Fresken die ziegelroten Mauern. Die zertrümmerten Fensterscheiben bleckten ihre scharfzackigen Glassplitter wie Reißzähne im Maul steinerner Skulpturen, und am südöstlichen Ende reckte sich ein Backsteinschlot fünfzig Meter hoch in den Himmel, an dem sich rostige Eisentritte hinaufwanden.
    Nora war bewusstlos. Ihr Atem ging leise, unregelmäßig, immer wieder setzte er für ein paar Sekunden vollständig aus. Vermutlich hatte sie eine Alkoholvergiftung erlitten. Nur der Sicherheitsgurt hielt ihren matten Körper noch auf dem Beifahrersitz und verhinderte, dass er auf Pauls Schoß kippte.
    Der Strom Amüsierwilliger, die auf ihrem Weg von der Sophienstraße nach Alt-Bockenheim an Noras Wagen vorbeiliefen, ebbte ab und kam schließlich zum Stillstand. Paul sah auf die Uhr. Zehn vor drei, seit zwanzig Minuten war niemand mehr vorbeigekommen. Er öffnete die Fahrertür, stieg aus und blickte sich um. Dann zog er auf der Beifahrerseite die Tür auf und beugte sich über Nora, um den Sicherheitsgurt zu lösen. Er kam ihr so nah, dass er die Rundungen ihrer Brüste spürte. Er verharrte einen Moment in dieser Position. Mit einem Klicken lockerte sich der Gurt über Noras Oberkörper. Paul stabilisierte sie an der Schulter, damit sie nicht zusammensackte. Dann sah er sich noch einmal prüfend um, griff der Polizistin unter die Arme und hievte sie aus dem Sitz. Kraftlos hing ihr Körper in seiner Umklammerung.  
    Sie ist tot, kollabiert, an der Alkoholvergiftung gestorben!
    Pauls Puls schoss augenblicklich in die Höhe. Mühsam zwang er sich, den Gedanken beiseitezuschieben, und legte sein Ohr an ihre Lippen.  
    Nein, sie atmete noch, wenngleich schwach. Er sah ihr ins Gesicht. Ihre Augenlider flatterten, ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen. Er stützte sie und trat mit dem Fuß die Beifahrertür zu. Sie knallte verräterisch laut. Oder spielten nur seine zum Zerreißen gespannten Nerven verrückt?
    Wieder schleifte er seine Gefangene mit sich. Paul richtete den Blick auf den Boden, um nicht zu stolpern. Der Weg war übersät mit Zigarettenkippen, daneben entdeckte er eine verrostete Batterie und den Flyer eines Nachtklubs. Irgendwo in der Nähe ein Kreischen, das offenbar von zwei Katern stammte – es klang wie ein Kampf auf Leben und Tod.
    Das Haupttor wurde von einer schweren Kette gesichert. Paul

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