Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
Vom Netzwerk:
wartete auf Siegfried. Jetzt, um zwanzig vor sechs, erwachte das Viertel zum Leben. Ein unrasierter älterer Mann in einer fadenschei-nigen Anzughose trottete in gebeugter Haltung und mit einem Arm voller Prospekte von Briefkasten zu Briefkasten. Das aufgeregte Gezänk der Amseln in den Bäumen schien vor dem Hintergrund seiner Ängste geradezu grotesk.
    Alle dreißig Sekunden sah er nervös auf die Uhr. Was für ein Auto fuhr Siegfried überhaupt? Wie sollte er ihn erkennen? Kanther fühlte sich einmal mehr wie ein Vollidiot. Er würde alles vermasseln und damit Noras Todesurteil unterschreiben.
    Jetzt hielt direkt neben ihm ein Taxi auf der Berger Straße. Kanther spähte durch das offene Fenster. Die roten Haare waren zurückgegelt, es war Siegfried, der sich da in den Lederpolstern fläzte. Er trug ein marineblaues Hemd unter einem grauen Anzug und eine modische Sonnenbrille, und er ähnelte auch sonst eher dem Protagonisten einer amerikanischen Polizeiserie als einem geistesgestörten Serienmörder und Drogendealer.  
    Kanther lud den Trolley in den Kofferraum und nahm auf dem Rücksitz Platz. Siegfried forderte ihn mit einer wortlosen Geste auf, dem Taxifahrer das Ziel zu nennen.  
    »Zum Bockenheimer Depot, so schnell wie möglich«, hechelte Kanther und schob, als der Fahrer den Mercedes gemächlich auf die Berger Straße rollen ließ, noch ein »Es geht um Leben und Tod!« hinterher.
    Der Mann am Steuer musterte seine Kunden belustigt im Rückspiegel und drückte aufs Gas.
    Siegfried nahm die Sonnenbrille ab. Seine grünen Augen glitten über Kanthers Gesicht. »Beim Rasieren geschnitten?«, feixte er, auf die Verletzung deutend.
    Bevor Kanther etwas Schlagfertiges erwidern konnte, stieß Siegfried ein überraschtes »Ah!« aus und befahl dem Fahrer, neben einem Kiosk anzuhalten.
    Er sprang aus dem Wagen und kehrte wenige Augenblicke später mit zwei Pappbechern Kaffee und einem weiteren, in dem ein Teebeutel schwamm, zurück. Die beiden Kaffee-becher drückte er seinem Freund in die Hand.
    »Für wen ist der andere?«, fragte Kanther.
    »Für unseren jungen Freund natürlich. Würde mich wundern, wenn er letzte Nacht auch nur ein Auge zugetan hat. Übermüdete Menschen neigen dazu, Dummheiten zu be-gehen.« Siegfried lehnte sich zurück, schlürfte vernehmlich seinen Tee, während der Wagen wieder anfuhr, und verzog das Gesicht.
    »Leider kein Grüntee. Also gut, dann erzähl mir mal alles, was du über diesen Rittka weißt«, verlangte er mit einem spöttischen Lächeln.
    *
    Das Taxi passierte die Universitätsbibliothek an der Zeppelinallee und bog dann einhundertfünfzig Meter weiter in eine Einfahrt ein.  
    Wenige Augenblicke später schoss eine dunkelgraue Opel- Limousine ein paar hundert Meter entfernt westlich an der Bockenheimer Warte vorbei. Sie kam mit quietschenden Reifen vor dem Universitätsgebäude zum Stehen; hinter ihr fanden sich kurz darauf drei Streifenwagen ein, ohne Blaulicht und Sirene.  
    Auf der anderen Straßenseite rissen die ersten neugierigen Anwohner ihre Fenster auf.
    Gideon Richter sprang aus dem Opel. Er trug Freizeitkleidung, aus der Innentasche seines Parka führte ein Kabel zu einem Hörer in seinem Ohr. In der einen Hand hielt er das Mikrofon seines Funkgerätes, mit der anderen deckte er sein Ohr ab, um Kühnast besser verstehen zu können.
    »Das war der letzte Standort, an dem wir das Signal geortet haben, Gideon. Vor knapp einer Minute.«
    »Von welchem Radius sprechen wir?«
    »Ungefähr zweihundertfünfzig bis vierhundert Meter.«
    Richter drehte sich einmal um die eigene Achse. Auf einer Fläche von einem halben Quadratkilometer standen hier, im Herzen der Stadt Frankfurt, mehrere Dutzend große Gebäude, Werkstätten und Hallen. Die alle abzuklappern, würde Tage dauern. Ihnen lief die Zeit davon.
    »Ich brauche mehr Infos, verdammt! Sonst suchen wir die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen.«
    »Noras Stimme hatte auf der Aufnahme einen ziemlichen Hall«, sagte Kühnast, »es wird sich also um ein größeres Gebäude handeln.«
    »Bei der Uni gibt es einige große Hallen.«
    »Dann fangt ihr am besten dort an. Ich melde mich bei dir, wenn wir das Signal wieder orten.«
    Richter versammelte die Streifenpolizisten um einen zer-fledderten Stadtplan und teilte ihnen Quadranten zu. Dann stob die Menge auseinander.  
    Die Suche hatte begonnen.
    *
    Das hohe Gras kitzelt in den Kniekehlen. Der Tau glitzert auf den Halmen an diesem schwülwarmen Julimorgen des Jahres

Weitere Kostenlose Bücher