Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung
hinter dem Bockenheimer Depot wie der Kamin eines Krematoriums in den Himmel wies und sagte: »An der Stelle liegt eine verfallene Lagerhalle, die hatte ich ganz vergessen.«
Richter informierte Hartmann umgehend per Funk über den vermuteten Standort von Nora und Krüger. Wenige Sekunden später hörte er ebenfalls über den Polizeifunk, wie Hartmann, der sich noch auf dem Weg zu Noras Wohnung befand, im Präsidium ein Spezialeinsatzkommando anforderte: Kollegen vom K 50, die auf den Zugriff bei Geiselnahmen spezialisiert waren, Scharfschützen inbegriffen.
Richter und die Streifenbeamten rannten über die noch ziemlich ruhig daliegende Bockenheimer Landstraße, passierten den schmalen Durchgang zwischen der Rückseite des Bockenheimer Depots und der Unibibliothek und standen mit einem Mal vor dem roten Backsteinbau. Unter einer verkrüppelten Birke parkte Noras Mini.
Aus dem Funkgerät kam Hartmanns ausdrückliche Anweisung, sich still zu verhalten und keinesfalls etwas zu unternehmen, bevor das SEK eingetroffen war. Richter und zwei Beamte umrundeten das Gebäude, die anderen blieben bei Noras Wagen.
Nachdem Richter festgestellt hatte, dass das Papierrollenlager lediglich über zwei Zugänge verfügte, verteilte er die Truppe rund um das Gebäude mit jeweils zwei Beamten vor dem Haupt- und dem Seiteneingang.
Er selbst blieb vor dem Haupttor, wo ihn die zur Unterstützung eintreffenden Kollegen schnell fanden. Die Männer verbargen sich, so gut das möglich war, hinter Hausecken oder geparkten Autos.
Wenige Minuten später fuhren zwei schwarze Personentransporter mit dunkel getönten Scheiben auf das Gelände, gefolgt von einem klapprigen Fiat. Ein südländisch aussehender Mann im Jogginganzug, dessen Strubbelfrisur darauf hindeutete, dass man ihn gerade erst aus dem warmen Bett gerissen hatte, entstieg dem Kleinwagen. Er trug einen gigantischen Schlüsselbund und watschelte mit nackten Füßen in Adiletten zum Hintereingang der Universitätsbibliothek.
Die Türen der Vans glitten beinahe lautlos auf. Ein gutes Dutzend schwarz vermummte Gestalten mit kugelsicheren Kevlar-Westen sprangen aus den Transportern, ohne ein ein-ziges Wort miteinander zu wechseln. Über dem gesamten Gelände lag trotz der Vielzahl der Menschen, die nun im Minutentakt hier eintrafen, eine gespenstische Stille, nur das leise Fiepen der Funkgeräte war gelegentlich zu hören und das unablässige Brummen der Flugzeugmotoren über der Stadt.
Vier Vermummte, zwei davon trugen schwarze Nylon-taschen in der Größe eines Instrumentenkoffers, verschwan-den mit dem Hausmeister im Hintereingang der Universitätsbibliothek.
Die Scharfschützen und ihre dazugehörigen Beobachter beziehen ihre Stellungen, dachte Gideon Richter. Und tatsächlich tauchten, kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, die ersten schwarz vermummten Köpfe an der Brüstung über ihnen auf.
Die verbliebenen Mitglieder des SEK versammelten sich um Richter und ließen sich auf den neuesten Stand bringen. Er konnte zwar nicht mit Details über das Innere der Halle dienen, aber das war auch nicht nötig. Denn in diesem Moment lieferten die Beobachter auf dem Dach, die durch die hohen Bogenfenster eingeschränkte Sicht auf das Geschehen im Lager hatten, bereits die ersten Informationen über Funk.
»Statusmeldung Blau: Ich erkenne einen weiblichen Ober-körper, ich vermute, die Frau sitzt oder steht auf einer erhöhten Position. Sie ist bewegungsunfähig, wahrscheinlich gefesselt und trägt etwas um den Hals.«
»Das ist Nora Winter«, sagte Richter zum Leiter des SEK, der vorübergehend seine Maske abgenommen hatte. »Kann man erkennen, was sie um den Hals hat?«
Der Enddreißiger mit dem blonden Bürstenschnitt und ausgeprägten Krähenfüßen an den Augen erkundigte sich bei seinem Kollegen und schüttelte den Kopf. »Blau: Wie viele Personen sind sonst noch in der Halle?«, fragte er den Beobachter auf dem Dach.
Die Antwort benötigte etwas länger.
»Ich sehe von einer Person nur die Hände, die auf einer Schreibmaschine ruhen.«
Richter und der SEK-Leiter sahen sich fragend an.
»Blau, bestätigen Sie: eine Schreibmaschine?«
»Sieht aus wie ein kleiner Tisch, auf dem eine rote Schreibmaschine steht. Die Person scheint davor zu sitzen. Ich sehe wie gesagt nur die Hände. Das ist alles, was ich im Moment erkennen kann.«
»Männerhände?«
»Kann ich nicht sicher bestätigen.«
Gerade als Richter zu einer neuen Frage anhob, setzte der
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