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Tödliche Geschäfte

Tödliche Geschäfte

Titel: Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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und sie fragen.«
    »Sie sind nicht als Arzt im Praktikum bei uns«, brüllte Ms. Richmond, ohne Seans Vorschlag zu beachten. »Sie sind nur zur Grundlagenforschung hier. Die Annahme, Sie hätten das Recht, in diese Klinik einzudringen, ist anmaßend und unverzeihlich.«
    Plötzlich sah Sean hinter Ms. Richmonds Schultern ein vertrautes Gesicht. Es war die selbstgefällige Fratze des frustrierten Ledernacken Robert Harris. Sean begriff, was geschehen sein mußte. Eine der Überwachungskameras hatte ihn erfaßt, wahrscheinlich im Flur des zweiten Stocks. Harris hatte die Richmond angerufen und war selbst herübergeeilt, um Zeuge des Schlachtfests zu werden.
    Da jetzt auch noch Robert Harris beteiligt war, konnte Sean dem Drang, sich zu wehren, nicht länger widerstehen, vor allem, weil Ms. Richmond auf all seine Bemühungen, vernünftig zu sein, nicht reagiert hatte.
    »Da die Damen und Herren offenbar nicht in der Stimmung sind, die Angelegenheit wie erwachsene Menschen zu besprechen«, sagte er, »werde ich jetzt wohl am besten ins Forschungsgebäude zurückkehren.«
    »Ihre Dreistigkeit macht alles nur noch schlimmer«, zischte Ms. Richmond. »Sie betreten unbefugt diese Räumlichkeiten, dringen in die Privatsphäre von Patienten ein und zeigen keine Spur von Reue. Es überrascht mich, daß das Direktorium von Harvard jemanden wie Sie an ihrer Bildungseinrichtung zuläßt.«
    »Ich will Ihnen ein Geheimnis verraten«, sagte Sean. »Von meinen Umgangsformen waren sie auch nicht sonderlich beeindruckt. Es war meine Fertigkeit mit einem Puck, die ihnen gefallen hat. Aber so gerne ich noch bleiben und ein Weilchen mit Ihnen plaudern würde, ich muß jetzt zurück zu meinen Mäusefreunden, die im übrigen weit angenehmere Wesen sind als ein Großteil des an der Forbes-Klinik beschäftigten Personals.«
    Sean beobachtete, wie Ms. Richmonds Gesicht dunkelrot anlief, während er dachte, daß er von lächerlichen Zwischenfällen langsam die Nase voll hatte. Vielleicht bereitete es ihm deswegen eine geradezu perverse Lust, diese Frau zu reizen und weiter in Rage zu versetzen, die problemlos in der Innenverteidigung der Miami Dolphins hätte eingesetzt werden können.
    »Verschwinden Sie, bevor ich die Polizei rufe«, kreischte Ms. Richmond.
    Sean fand, daß das eine interessante Idee war. Er konnte sich den armen Streifenbeamten förmlich vorstellen, wie er versuchte, den Straftatbestand in Worte zu fassen. Sean sah die Schlagzeile schon vor sich: Harvard-Praktikant liest Krankenblatt!
    Er machte einen Schritt nach vorn, bis er direkt vor Ms. Richmond stand. Er lächelte sie mit gewohntem Charme an. »Ich weiß, Sie werden mich vermissen«, sagte er, »aber ich muß jetzt wirklich gehen.«
    Sowohl Ms. Richmond als auch Harris folgten ihm bis zur Fußgängerbrücke, die sich zwischen Klinik und Forschungsgebäude spannte. Den ganzen Weg über lamentierten sie über die Unverschämtheit der Jugend von heute. Sean kam sich vor, als würde er aus der Stadt vertrieben.
    Während er die Brücke überquerte, wurde ihm klar, wie sehr er davon abhängig war, daß Janet Material über die Medulloblastom-Studie beschaffen konnte, vorausgesetzt natürlich, er blieb.
    Sean kehrte in den fünften Stock des Forschungsgebäudes zurück und versuchte, sich in seine Arbeit zu stürzen, um die Wut und Enttäuschung zu vergessen, die er angesichts seiner lächerlichen Lage empfand. Genau wie die leeren Laborräume ein Stockwerk höher hatte Helens Krankenblatt nichts enthalten, was eine derartige Erregung gerechtfertigt hätte. Doch als er sich wieder beruhigt hatte, mußte Sean zugeben, daß Ms. Richmond nicht völlig unrecht hatte. Sosehr ihn das Eingeständnis wurmte, das Forbes-Zentrum war ein Privatkrankenhaus. Es war keine Universitätsklinik, wo Lehre und Patientenversorgung Hand in Hand gingen. Hier war Helens Krankenblatt in der Tat vertraulich. Trotzdem war Ms. Richmonds Wutanfall über seinen Regelverstoß völlig unangemessen.
    Fast gegen seinen eigenen Willen war Sean trotz alledem nach etwa einer Stunde wieder tief in seinen Kristallisations-Bemühungen versunken. Als er dann einen Kolben gegen das Deckenlicht hielt, nahm er aus dem Augenwinkel erneut eine Bewegung wahr. Es war wie eine Wiederholung des gestrigen Zwischenfalls. Wieder hatte sich im Treppenhaus etwas bewegt.
    Ohne auch nur in die Richtung zu blicken, erhob sich Sean langsam von seinem Hocker und ging in die Vorratskammer, als wolle er dort etwas holen. Der

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