Tödliche Geschäfte
setzte und Dr. Friedburg anrief. Er nahm es als ein gutes Zeichen, daß der Pathologe das Gespräch selbst entgegennahm.
Sean erklärte, wer er war und daß er sich für die Ergebnisse der gestrigen Biopsie von Helen Cabot interessierte.
»Einen Moment bitte«, sagte Dr. Friedburg. Sean hörte, wie er mit einem Labormitarbeiter sprach. »Wir haben kein Biopsat von Helen Cabot bekommen«, sagte er, als er wieder am Apparat war.
»Aber ich weiß bestimmt, daß sie gestern biopsiert wurde«, erwiderte Sean.
»Dann ist es zu Basic Diagnostics gegangen«, erklärte Dr. Friedburg ihm. »Dort müssen Sie anrufen, wenn Sie Informationen brauchen. Diese Art von Analysen werden nie in unserem Labor erstellt.«
»Und nach wem muß ich fragen?« wollte Sean wissen.
»Nach Dr. Levy«, sagte Dr. Friedburg, »Seit Paul Roger gegangen ist, schmeißt sie den Laden da unten alleine. Ich weiß nicht, wer ihr jetzt die Gewebeproben macht, aber wir sind es nicht.«
Sean bedankte sich und legte auf. Im Forbes-Zentrum schien auch gar nichts einfach zu sein. Dr. Levy würde er bestimmt nicht nach Helen Cabot fragen. Sie würde sofort wissen, was er vorhatte, vor allem, nachdem sie von Ms. Richmond gehört haben würde, daß er Helens Krankenblatt gelesen hatte. Sean seufzte und blickte auf seine Kristallisierungsversuche mit dem Forbes-Protein. Er hätte das ganze Zeug am liebsten in den Abfluß gespült.
Für Janet verging der Nachmittag wie im Flug. Mit all den Patienten, die zu Tests oder zur Therapie gebracht oder von dort wieder abgeholt werden mußten, gab es ein permanentes Organisationsproblem. Zusätzlich mußten komplizierte Medikationspläne mit genauen Dosierungs- und Zeitangaben eingehalten werden. Doch trotz dieser hektischen Aktivitäten konnte Janet beobachten, wie die Betreuung der Patienten auf das Personal verteilt wurde. Ohne große Tricksereien gelang es ihr, am nächsten Tag für Helen Cabot, Louis Martin und Kathleen Sharenburg eingeteilt zu werden.
Obwohl sie nicht selbst damit zu tun hatte, beobachtete sie, wie Marjorie die Ampullen mit dem codierten Medikament an die an diesem Tag für die Medulloblastom-Patienten zuständigen Schwestern ausgab. Nach Erhalt nahmen die Schwestern die Ampullen mit in die Medikamentenkammer, wo sie sie auf Spritzen aufzogen. MB300 wurde in Zehnkubikzentimeter-Ampullen geliefert, während das MB303 in kleineren Fünfkubikzentimeter-Ampullen kam. Die Verpackungen sahen nicht anders aus als die anderer injizierter Medikamente auch.
Üblicherweise stand jeder Mitarbeiterin neben der Kaffeepause am Vormittag eine weitere Pause am Nachmittag zu. Janet nutzte ihre, um ins Archiv zu gehen. Dort wandte sie denselben Trick an wie mit Jim. Sie erklärte einer der Archivarinnen, einer jungen Frau namens Melanie Brook, daß sie neu im Forbes-Zentrum sei und sich gerne mit dem Computersystem vertraut machen wollte. Sie sagte, daß sie sich mit Computern im allgemeinen auskannte, sich jedoch bei der Benutzung des hauseigenen Rechners gerne helfen lassen würde. Die Archivarin war von Janets Interesse beeindruckt und überglücklich, ihr mit Hilfe des Archiv-Zugriffscodes die Formatierung der Dateien zu demonstrieren.
Nachdem Melanie sie nach einer kurzen Einführung allein gelassen hatte, rief Janet alle Patienten mit der Kennziffer T-9872 auf, die sie am Stationsterminal zum Aufruf der aktuellen Medulloblastom-Fälle verwendet hatte. Diesmal erschien eine andere Liste auf dem Bildschirm. Erfaßt waren insgesamt achtunddreißig Fälle aus den letzten zehn Jahren. Die fünf zur Zeit in der Klinik behandelten Patienten waren nicht verzeichnet.
Janet fiel auf, daß es in letzter Zeit einen signifikanten Anstieg von Fällen gegeben hatte, und sie befahl dem Computer, die Fälle nach Jahren zu ordnen. Die graphische Darstellung war in der Tat verblüffend.
Janet betrachtete die Graphik und bemerkte, daß es in den ersten fünf Jahren nur insgesamt fünf Medulloblastom-Fälle gegeben hatte, während es in den letzten zwei Jahren dreiunddreißig gewesen waren. Dieser Zuwachs kam ihr merkwürdig vor, bis ihr einfiel, daß die enormen Behandlungserfolge der Forbes-Klinik erst aus den letzten drei Jahren datierten. Derartige Erfolge zogen natürlich weitere Überweisungen von Patienten nach sich. So ließ sich der Zustrom erklären.
Nun wollte Janet etwas über die demographische Verteilung der Fälle wissen und befahl dem Computer, eine Aufschlüsselung nach Alter und Geschlecht zu
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