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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hielt ihren Big Mäc in die Höhe, beglückt vom Anblick der Säfte, die aus dessen Unterseite tropften. Sie leckte sich einen Klecks Spezialsoße aus dem Mundwinkel. »Zwar nicht so groß wie die im Fernsehen, aber trotzdem gut.«
    »Ich könnte mich totessen an den Dingern. Und wie geht’s Ihnen immer so?«
    Sie bewegte den Kopf bedächtig hin und her: mittelprächtig also. »Ich habe gehört, dass der Wagen des Doktors gefunden wurde, also habe ich mir schon gedacht, dass Sie vielleicht vorbeikommen würden. Ich habe den ganzen Tag nach Ihnen Ausschau gehalten.«
    »Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich aufgerafft habe. Wie kommen denn die Leute hier mit der Neuigkeit zurecht?«
    »Manche hat es getroffen, aber ich glaube, überrascht sind die wenigsten von uns. War er der Tote?«
    »Weiß ich noch nicht. Ich nehme es aber an. Die Autopsie ist heute vorgenommen worden.« Ich schilderte ihr die ganze Geschichte und fügte ein paar der ekligeren Details hinzu, die sie offenbar genoss. Dann bat ich: »Sagen Sie mir etwas über die Leute von der Nachtschicht. Gehen sie nachts oft auf Kontrollgänge?«
    »Nicht oft, nein. Wenn ich im Rollstuhl den Flur hinauf- und hinunterfahre, sehe ich sie am Schreibtisch sitzen und plaudern oder Papierkram erledigen. Manche trinken Kaffee oder sehen im Personalaufenthaltsraum fern. Nachts herrscht meist Ruhe, wenn nicht gerade jemand stirbt.«
    »Wie viele sind es insgesamt?«
    Ruby zählte im Kopf nach. »Sieben, wenn Sie die Sanitäter, die Schwestern und die Schwesternhelferinnen zusammenzählen.«
    »Machen sie regelmäßige Runden, um nach den Patienten zu sehen?«
    »In der Hälfte der Fälle kommen sie ja nicht mal, wenn wir nach ihnen läuten. Warum? Wollen Sie den Laden ausspionieren?«
    »Allerdings.« Ich hielt inne, um mir den Mund abzuwischen und die Papierserviette sowie die Verpackungen auf meinem Schoß zusammenzuknüllen. »Offen gestanden müsste ich einen Blick in ein paar Akten werfen. Glauben Sie, dass sie die Unterlagen unter Verschluss halten?«
    Ruby schüttelte den Kopf und schob sich einen Happen Hamburger in die Backe, damit sie antworten konnte. »Kaum jemand will Unterlagen aus dem Altenheim stehlen.«
    »Würden Sie für mich Schmiere stehen? Ich könnte ein bisschen Hilfe gebrauchen.«
    Sie zögerte und wirkte auf einmal wesentlich kleinlauter. »Ach du liebe Zeit. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich bin nicht gut im Schnüffeln. Das konnte ich schon als Kind nicht besonders.«
    »Ruby, dazu braucht man Übung. Sie können nicht erwarten, dass Sie gut sind, wenn Sie nicht bereit sind, sich anzustrengen.«
    Ihr ohnehin schon winziger Körper schien zu schrumpfen. »Ich werd’s versuchen, aber ich glaube nicht, dass ich es besonders gut machen werde.«
    »Ich bin sicher, Sie kriegen das wunderbar hin.«
    Kurz darauf sah ich durch ihre einen Spalt breit geöffnete Tür zu, wie sie den Flur zum Schwesternzimmer um die Ecke entlangfuhr. Ihre einzige Aufgabe — abgesehen davon, mit dem Personal zu plaudern — bestand darin, ihren Rollstuhl so zu parken, dass sie sich umsehen und im Auge behalten konnte, ob jemand das Büro betrat, während ich dort herumwühlte. Der Korridor war so angelegt, dass ich hineingehen konnte, ohne gesehen zu werden, aber ich hatte Angst, dass eine der Schwestern womöglich nach einer Patientenakte suchen würde, die ihr nicht vorlag. Es war zwar unwahrscheinlich, aber ich hätte keinerlei Entschuldigung vorzubringen, falls jemand hereinplatzen sollte.
    Ich ließ genug Zeit verstreichen, damit Ruby zum Schwesternzimmer gelangen konnte, und schlich mich dann aus ihrem Zimmer. Ich zog die Tür hinter mir zu, bog rechts ab und marschierte den Flur entlang, als hätte ich hier ganz regulär zu tun. Ich kam am Aufenthaltsraum vorbei, am Eingang und am Speisesaal. Die Türen zum Aufenthaltsraum und zum Speisesaal standen offen, doch alle Lichter waren gelöscht. Ich blieb stehen und lehnte mich gegen die Wand. Wie ein Tier auf der Jagd schloss ich die Augen, nahm die Gerüche auf und entschlüsselte die Geheimnisse, die in der Luft hingen. Dies war die Welt der Alten: Zimtschnecken, Fichtennadelduft, frisch gebügelte Baumwolle und Gardenien.
    Am Verwaltungsbüro angelangt, holte ich tief Luft und drehte am Türknauf. Abgesperrt. Ich erwog, meine Dietriche einzusetzen, doch mir war unwohl bei der Aussicht, mich fünfzehn Minuten hier aufzuhalten und mit verschiedensten Spezialdietrichen, Drehwerkzeugen und verbogenen Drähten

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