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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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herumzuprobieren. Es musste doch eine geschicktere Methode dafür geben. Ich nahm den gleichen Weg zurück und ging zum Empfang, der zu dieser Stunde verlassen in der matt erleuchteten Raumnische lag. Ich trat hinter den Tresen und durchsuchte eine Schublade nach der anderen. Dabei hielt ich die Ohren gespitzt und lauschte auf eventuelle Warnlaute, die darauf hinweisen könnten, dass sich jemand näherte. In der untersten Schublade fand ich einen Metallkasten, der sich ohne weiteres öffnen ließ. Darin befand sich ein Einsatz mit mehreren Fächern, in denen verschiedene Schlüssel lagen, allesamt ordentlich etikettiert und beschriftet. Hip hip hurra. Das war ja wirklich aufregender als eine Schnitzeljagd. Um ganz sicher zu gehen, nahm ich drei mit: den für die Verwaltung, den für die Aufnahme und den fürs Patientenarchiv. Ich legte den Deckel wieder auf den Kasten, schob die Schublade zu und huschte den Flur hinab.
    Ich begann mit der Verwaltung. Meine Hände zitterten leicht, etwa 1,2 auf der Richter-Skala, aber ansonsten kam ich gut zurecht. Drinnen angelangt, wollte ich es nicht riskieren, Licht anzumachen, obwohl die Tür massiv war. Meine größte Sorge war, dass jemand auf den seitlich gelegenen Parkplatz fahren und sich fragen könnte, warum die Fenster zu dieser Uhrzeit erleuchtet waren. Ich fasste unter mein T-Shirt und nahm die flache Taschenlampe aus ihrem Versteck im BH. Als ich darauf drückte, fühlte sich das Plastik warm an, und der Lichtstrahl, der herauskam, war mickrig, aber für meine Zwecke ausreichend. Ich nahm mir einen Moment Zeit, um mich neu zu orientieren. Ich hatte dieses Büro bereits einmal bei Tag gesehen und besaß ein ganz gutes Gefühl dafür, wie der Raum aufgeteilt war.
    Gegenüber dem Tresen stand Merrys Schreibtisch, Rücken an Rücken mit einem zweiten gleicher Machart. Außerdem gab es mehrere rollbare Aktenwagen, einen Kopierer und eine Reihe metallener Aktenschränke an der Wand gegenüber. Merrys Computerbildschirm war dunkel, doch ein kleiner, bernsteinfarbener Punkt pulsierte darauf regelmäßig wie ein Herz. In der Finsternis konnte ich die große Wanduhr zwar nicht sehen, aber ich hörte das unbeirrbare Klick, Klick, Klick, das der Sekundenzeiger auf seinem Weg ums Ziffernblatt von sich gab. Zu meiner Rechten lag die Tür zu Dr. Purcells Büro, wo ich meine Unterhaltung mit Mrs. Stegler geführt hatte. Zur Linken befand sich die Tür, die dieses Büro mit dem Patientenarchiv verband. Ich richtete den Lichtstrahl auf meine Armbanduhr. Es war 10.22 Uhr.
    Vorsichtig drehte ich am Knauf der Tür zum Patientenarchiv. Sie war unverschlossen. Oh, was für ein Glückstag. Ich ließ den Lichtstrahl durch den Raum gleiten, der gähnend weit und finster dalag und mit vier Schreibtischen, einem Arbeitstisch, einigen Stühlen und einem Kopiergerät möbliert war. Außen herum waren Aktenschränke eingebaut, und an der Wand gegenüber sah ich eine zweite Tür. Ich ging hin, drehte am Knauf und stellte hocherfreut fest, dass auch diese Tür unverschlossen war. Ich steckte den Kopf hindurch. Eine schnelle Musterung des Raumes dahinter sagte mir, dass ich hiermit Zugang zur Aufnahme hatte. Alle drei Räume waren durch eine Reihe von innen gelegenen Türen miteinander verbunden. Sicher waren die Angestellten im Patientenarchiv, die Sekretärinnen und die Damen am Empfang froh darüber, dass sie so leicht von einer Abteilung in die nächste gehen konnten, ohne den Außenkorridor benutzen zu müssen. Meine Laune wurde von Minute zu Minute besser.
    Ich ging wieder zurück ins Patientenarchiv und konzentrierte mich auf das, was anlag, nämlich in diesem dicht gepackten Lager mit ärztlichen Unterlagen Klotildes Papiere zu finden. Ich ließ meinen Minilichtstrahl wandern und leuchtete die Schubladenfronten nach Hinweisen auf das hiesige Ablagesystem ab. Ich hatte auf ein so grundlegendes Ordnungsprinzip wie A, B, C gehofft. Pech gehabt. Ich zog die erste Schublade auf und starrte auf die endlosen Reihen mit Dokumenten. Die Unterlagen schienen nach einem Zahlensystem sortiert zu sein — einer sechsstelligen Nummer. Ich nahm fünfzehn Akten heraus, die ich willkürlich wählte, und suchte nach dem Grundprinzip, das diese speziellen Unterlagen miteinander verband. Keiner der fünfzehn Patienten hatte mit den anderen Alter, Geschlecht, Diagnose oder behandelnden Arzt gemeinsam. Ich stand da und starrte. Ich blätterte vor und zurück. Ich konnte kein Muster erkennen. Ich zog die Schublade

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