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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Mensch würde glauben, dass sich der Mann aus Versehen in die Schläfe geschossen hat.«
    Jonah sah genervt drein. »Tut mir Leid, wenn ich dich desillusionieren muss, aber die Versicherungspolice enthält keine Selbstmordklausel. Ich habe nachgesehen.«
    »Noch mal zurück zu dem Fenster auf der Fahrerseite. Warum das zulassen, wenn alle anderen offen sind?«
    »Um das Geräusch des Schusses zu dämpfen«, sagte ich.
    »Ja, aber was soll ihn das kümmern? Ich meine, was juckt es ihn, wenn jemand hört, wie die Pistole losgeht? Er weiß, dass er ein toter Mann ist, also was spielt das für eine Rolle?«
    »Dämpft ohnehin nicht viel, wenn die anderen drei Fenster offen stehen«, fügte Odessa hinzu.
    »Genau«, sagte Jonah. »Irgendetwas an der Sache stimmt nicht. Mir gefällt die Doppelung nicht. Sich erschießen und anschließend ertränken? Finde ich ein bisschen viel.«
    »Die wenigsten Selbstmörder ertränken sich«, meinte Odessa. »Es ist zu brutal. Selbst wenn du sterben willst, hast du den überwältigenden Drang, aufzutauchen und nach Luft zu schnappen. Ist zu schwer zu kontrollieren.«
    »Virginia Woolf hat es so gemacht«, sagte ich. »Sie hat sich Steine in die Taschen gesteckt und ist ins Wässer gegangen.«
    »Aber warum sich die doppelte Mühe machen? Das stört mich.«
    »Das tun sie doch andauernd«, sagte Odessa. »Sie nehmen eine Überdosis Pillen und stecken den Kopf in eine Plastiktüte. Sie mischen Wodka und Valium und schneiden sich dann die Pulsadern auf. Wenn das eine nicht hinhaut, kann man sich aufs andere verlassen.«
    Jonah schüttelte den Kopf. »Ich versuche es mir nur vorzustellen. Wie soll das in dem Fall abgelaufen sein? Er dreht drei Fenster auf, legt sich eine Decke auf den Schoß, holt seine Pistole heraus, setzt sie sich an die Schläfe und drückt ab. Währenddessen läuft der Motor, er hat einen Gang eingelegt und den Fuß auf der Bremse. Peng. Der Fuß gleitet vom Bremspedal, und das Auto rollt den Hügel hinunter und in den See. Das ist zu kompliziert. Kommt mir vor wie Overkill.«
    »War’s ja auch«, sagte Odessa.
    »Noch etwas. Die Whiskeyflasche gefällt mir nicht. Das ist melodramatisch. Wenn der Typ sich umbringen will, wozu braucht er dann einen Drink?«
    »Um seine Nerven zu beruhigen?«, schlug ich vor.
    »Nee, man braucht doch keine Entschuldigung, um zu trinken«, wandte Odessa ein. »Man trinkt, weil man es mag, und was gibt’s schon für eine bessere Gelegenheit? Sich selbst zuprosten, bevor man abtritt. Bon voyage und so weiter.«
    »Ja, aber nach allem, was ich über ihn gehört habe, ist er ein völlig geradliniger Typ. Es ist irgendwie nicht sein Stil, diese ganze ausgeklügelte Inszenierung.«
    »Er hat getrunken«, sagte ich. »Ein Freund von ihm hat mir erzählt, dass er, als er früher schon mal verschwunden ist, in einer Klinik war und einen Entzug gemacht hat. Ich vermute, im letzten halben Jahr hat er wieder angefangen.«
    »An seiner Stelle hätte ich mir einen hübschen kleinen Cocktail aus richtig feinen Drogen zusammengestellt. Er hatte doch garantiert Zugang zu allem, was das Herz begehrt. Vicodin, Codein, Percocet, Halcion...«
    »Da hätte ich Angst vor Verstopfung«, sagte ich zu niemand Bestimmtem.
    Jonah war immer noch zum Debattieren aufgelegt. »Drogen dauern zu lange. Er weiß genug über menschliche Anatomie, um die Sache richtig zu erledigen. Bei dem Weg, den die Kugel genommen hat, kann ich euch sagen, dass das das Ende war.«
    »Trotzdem eine ziemliche Sauerei für einen so konservativen Mann«, wandte ich ein. »Ich habe ihn zwar nur kurz gesehen, aber er trug doch Anzug, Oberhemd und Krawatte.«
    »Und den Sicherheitsgurt«, fügte Jonah hinzu.
    »An seiner Ehe war aber nichts konservativ. Ein Showgirl aus Las Vegas? Das ist ziemlich ausgefallen«, meinte Odessa.
    »Vielleicht gar nicht so abwegig, wie du denkst. Fiona behauptet, er hätte Probleme mit Impotenz gehabt und sich mit Sex-Hilfsmitteln und Pornografie und dergleichen beschäftigt. Sie fand es widerlich. Sie meint, sie habe sich geweigert, noch mit ihm zu schlafen, und dann ist er losgezogen und hat Crystal aufgetan.« Ich steckte mir den Rest des Sandwichs in den Mund und griff nach einem von Odessas Pommes.
    »Es stört mich, dass kein Brief da ist«, sagte Jonah. »Der Typ mag ja verzweifelt gewesen sein, aber er ist nicht boshaft. Stellt euch mal vor, der Wagen wird nie gefunden. Warum alle im Ungewissen lassen? Der Typ will sich umbringen. Er braucht doch nur zu

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