Tödliche Gier
sagen: >Tut mir Leid, Leute, aber das war’s. Ich halt’s nicht mehr aus und mach mich aus dem Staub.< Und warum sich die Mühe machen, den Wagen auf den Seegrund zu versenken? Was soll das für einen Sinn haben?«
»Okay«, fuhr Jonah fort. »Wie wär’s, wenn wir die Sache mal umgekehrt angehen? Sagen wir, jemand hat ihm die Arbeit abgenommen. Du erschießt ihn bei geschlossenen Fenstern, um das Geräusch zu dämpfen. Dann machst du drei davon auf, damit der Wagen schnell sinkt. Du willst nicht, dass sich unter dem Dach eine Luftblase bildet, weil dann das ganze Teil oben treiben könnte. Die Tat wäre nicht so schwer durchzuführen. Du legst den Knaben um, steigst aus, machst die Handbremse los, versetzt dem Wagen einen Schubs und schickst ihn fröhlich auf den Weg.«
»Womit wir wieder da angekommen wären, wo wir angefangen haben«, entgegnete Odessa. »Wenn wir es als Mord betrachten, ist das Versenken des Autos wesentlich logischer.«
»Der Mörder nimmt an, dass das Auto sieben Meter tief unten liegt und nicht gefunden wird«, sagte ich.
»Genau. Jetzt wird die Geschichte heiß. Der Wagen wird gefunden, und jetzt ist der Täter gezwungen, mit etwas fertig zu werden, womit er nie gerechnet hat.«
»Falls ihr ein Motiv sucht: Ich habe gerüchteweise gehört, dass Crystal eine Affäre hatte«, warf ich ein.
»Mit wem?«
»Mit ihrem privaten Trainer. Ein Typ, mit dem sie bis vor acht oder zehn Monaten gearbeitet hat.«
Odessa sah auf die Uhr. »He, ich muss los. Ich habe Shelly versprochen, etwas zu besorgen.« Er stand auf und nahm sein Plastiktablett und auch das von Jonah. Jonah erbot sich zu helfen, doch Odessa war bereits am Selbstbedienungsfenster und stellte die Tabletts dort ab. »Wir sehen uns dann im Revier.«
»Ich muss auch weg. Gehst du in die Richtung?«
»Klar, wenn’s dir recht ist«, antwortete ich. Ich nahm meine Umhängetasche, und wir gingen ein Weilchen schweigend dahin. »Und wie läuft’s wirklich?«
»Besser, als du glaubst«, erwiderte er.
»Gut. Das freut mich zu hören. Ich hoffe, es ist das Richtige für dich.«
»Übrigens, was ich nie gesagt habe: Für die Zeit, die wir damals zusammen waren, bin ich dir echt dankbar. Du hast mir geholfen, einen klaren Kopf zu behalten. Ohne dich hätte ich es nie geschafft.«
»Ich habe dich nicht als Sozialfall gesehen«, sagte ich.
»So fühle ich mich aber: verflucht dankbar.«
»Tja, das bin ich auch.« Ich nahm einen Moment lang seinen Arm, überlegte es mir aber gleich wieder anders. Ich nahm die Hand weg und tat so, als müsste ich mir die Tasche höher auf die Schulter schieben. »Weißt du, ich stehe nach wie vor in Fionas Diensten und bin ihr noch ein paar Stunden schuldig.«
»Soll heißen?«
»Ich wollte es eigentlich mit Odessa abklären, aber es ist vermutlich besser, wenn ich mit dir spreche. Ich bin gestern Abend meine Notizen durchgegangen und wüsste gern über Dows Pass und die fehlenden dreißigtausend Dollar Bescheid. Wenn ich Fiona ihr Einverständnis abringen kann, würde es dich dann stören, wenn ich der Sache nachgehe?«
»Kommt darauf an. Was hast du denn vor?«
»Weiß ich noch nicht genau. Zuerst einmal hat Crystal ein Postfach erwähnt. Es war früher ihres, aber sie behauptet, sie hätte die Miete dafür nicht weiter bezahlt. Sie nahm an, Dow habe es behalten, um Bankauszüge dorthin umzuleiten, aber ich frage mich, ob das stimmt.«
Er musterte mich einen Augenblick. »Ich kann dich nicht daran hindern.«
»Das weiß ich, aber ich will niemandem auf die Füße treten.«
»Dann versau’s nicht. Und wenn du irgendwas rauskriegst, will ich, dass du sofort zu mir kommst. Und kein Rumpfuschen an Beweismitteln.«
»Ich würde doch nie an Beweismitteln herumpfuschen«, sagte ich verschnupft.
»M-m. Und du würdest diesbezüglich auch nicht lügen.«
»Na ja, dich würde ich nicht anlügen.«
Wir blieben an der Ecke stehen und warteten auf grünes Licht. Ich warf einen verstohlenen Blick auf sein Gesicht, das in entspanntem Zustand müde wirkte. »Glaubst du wirklich, dass er ermordet wurde?«
»Ich finde, wir sollten von dieser Annahme ausgehen, bis wir etwas anderes hören.«
Ich fuhr wieder ins Büro. Fiona hatte mir eine Nachricht hinterlassen, der zufolge sie zwei Stunden bewilligte, aber nicht mehr. Ich setzte mich auf den Drehstuhl, legte die Füße auf den Schreibtisch und drehte mich ein bisschen, während ich aufs Telefon starrte. Ich hatte zwar keine große Lust, Crystal mitten in
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