Tödliche Gier
uns das letzte Mal gesprochen haben, habe ich ja abgelehnt, Ihnen zu helfen. Jetzt ist es doch passiert, aber nur weil Henry eingesprungen ist und es übernommen hat.«
»Ganz schön cool von ihm. Wenn der Tipp von ihm stammt, kommt Tommy nie auf die Idee, dass er aufs Kreuz gelegt wird.«
»Es ist trotzdem reichlich riskant.«
»Nicht besonders. Sie brauchen dringend Geld, und ihr Anwesen ist bis zum Gehtnichtmehr belastet. Der Schmuck ist ihr einziges Vermögen. Sie müssen ihn verkaufen, wenn sie überleben wollen«, erwiderte sie. »Übrigens, wo sind Sie und der edle Prinz denn gelandet? Doch hoffentlich nicht im Schlafzimmer.«
»Weiß Gott nicht«, entgegnete ich. »Ich habe unser gemeinsames Abendessen abgesagt, was ihm gar nicht gepasst hat. Er hat zwar so getan, als sähe er es ein, aber er war stinksauer. Wenn ich nur wüsste, wie ich den Kerl loskriege, ohne ihn in Rage zu bringen.«
»Oh, viel Glück. Der lässt Sie nie so ohne weiteres ziehen. Tommy ist ein Egomane. Er lässt Sie sitzen, nicht Sie ihn.«
»Er ist wie eine Spinne. Er lauert mir auf. Jedes Mal, wenn ich irgendwohin gehe, kommt er angekrochen. Langsam geht er mir wirklich auf die Nerven.«
»Tja, was wollen Sie anderes erwarten? Die Typen sind alle beide nicht ganz dicht. Wenn Sie Richard mal ausrasten sehen wollen, fragen Sie ihn nach Buddy und dem Fahrrad.«
»Warum? Was hat’s damit auf sich?«
»Es ist eine Geschichte, die ich gehört habe, als ich Nachforschungen über die beiden angestellt habe. Dieser Buddy schwört, dass sie schon im zarten Alter von zehn Jahren missgünstige kleine Arschlöcher waren, die sich ständig gegenseitig an den Kragen gingen. Jared fand, es sei an der Zeit, dass sie teilen lernten, und so hat er ihnen ein Fahrrad geschenkt und erklärt, dass sie sich abwechseln müssten. Richard hielt nichts davon, sich abzuwechseln, also hat er das Fahrrad irgendwo versteckt und seinem Vater weisgemacht, es sei gestohlen worden. Wochenlang hat er es verborgen gehalten, um damit fahren zu können, wann immer er Lust hatte.«
»Hat ihr Vater das nicht herausgekriegt?«
»Nein, aber Tommy. Sie hatten einen gemeinsamen Freund — Buddy — , der Richard mit dem Fahrrad gesehen hatte. Buddy sagt, Richard hätte ihn ständig verprügelt und ihm einmal sogar die Nase gebrochen, also hat Buddy bei Tommy gepetzt, um es ihm heimzuzahlen. Tommy hat gewartet, bis Richard mal weg war. Dann hat er das Fahrrad genommen und es von einer Brücke geworfen.«
»Und damit ist er ungestraft davongekommen?«
»Richard hat es auf der Stelle erraten, aber was konnte er schon tun? Er ist immer noch sauer deswegen. Der Punkt bei den beiden ist, dass jeder lieber etwas verloren gibt, als dem anderen seine Hälfte zu gönnen. Einmal ist es mit einem Mädchen passiert, und die war hinterher tot.«
»Sie heitern mich ja wirklich auf.« Ich schrieb »ENDE« auf den Schmierzettel und versah die Buchstaben im Stil von Gang-Grafitti mit drei Dimensionen. »Zum Glück steige ich jetzt aus der Sache aus. Ich habe Sie nur angerufen, um Ihnen Bescheid zu sagen, falls einer der beiden aktiv wird.«
»Kommen Sie. Sie können mich doch jetzt nicht im Stich lassen, wo es schon halb geschafft ist. Was ist mit dem Safe? Sie müssen noch so lange mitmachen, bis Sie wissen, wo er ist.«
»Suchen Sie ihn selbst. Ich verabschiede mich aus der Geschichte.«
»Denken Sie nur daran, was für ein gutes Gefühl es ist, wenn wir die beiden endlich zur Strecke gebracht haben.«
»Was soll der Stuss mit dem >wir Es ist nicht mein Problem, sondern einzig und allein Ihres.«
Mariah lachte. »Ich weiß, aber ich hoffe immer noch, dass ich Sie überreden kann.«
»Nein danke. Es war nett, mit Ihnen zu arbeiten. Hat wirklich Spaß gemacht«, sagte ich und legte auf. Ich hob den Blick von meiner Zeichnung und sah Richard Hevener in einem schwarzen Regenmantel und schwarzen Cowboystiefeln vor der Tür stehen.
Ich spürte das eisig-heiße Brennen eines schweren Sonnenbrandes, eine glühende Hitze auf meiner Haut, die mich bis auf die Knochen frösteln ließ. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er schon dastand, und konnte mich um nichts auf der Welt daran erinnern, ob ich seinen oder Tommys Namen in den letzten Momenten des Gesprächs erwähnt hatte. Den von Mariah glaubte ich allerdings nicht genannt zu haben.
Ich sagte »Hallo« und versuchte gelassen zu klingen.
»Was soll das?« Er zog einen Umschlag aus der Tasche und warf ihn in Richtung Schreibtisch.
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