Tödliche Gier
Dow vermutlich beides zu Hause in seinem Schreibtisch liegen hatte.
Wie versprochen rief ich gleich bei meiner Rückkehr ins Büro Jonah an.
»Lieutenant Robb.«
»Hier ist Kinsey. Wenn du meine Methoden nicht hinterfragst, sage ich dir, was ich herausgefunden habe. Ich schwöre dir, dass ich nichts durcheinander gebracht habe. Ich habe alles so gelassen, wie es war.«
»Lass hören.«
Ich schilderte meinen Besuch bei Mail &c More und legte dabei großen Nachdruck auf Leilas Benehmen, während ich meines herunterspielte.
Jonah sagte nicht viel, doch ich merkte, dass er sich Notizen machte. »Sag mir bitte genau, wo dieses Postfach ist.«
»Bei Mail & More im Laguna Plaza. Die Nummer ist 505.«
»Ich gehe der Sache nach«, sagte er. »Ganz schön verschlagen.«
»Und wie«, bestätigte ich in der Annahme, dass er Leila meinte.
»Irgendeine Ahnung, wo sie jetzt ist?«
»Ich habe gehört, dass sie oben bei Lloyd ist, aber vielleicht sollte ich noch mal nachfragen. Leila hat eine Lreundin namens Paulie, ein Mädchen, das schon ziemlich viel Ärger gehabt hat. Ich könnte mir vorstellen, dass die beiden womöglich ausreißen wollen. Vielleicht wäre es ganz interessant, Paulies Vorgeschichte nachzugehen und in Erfahrung zu bringen, was sie angestellt hat.«
Er versicherte mir, er werde das abklären, und ich legte auf. Schon jetzt bekam ich Schuldgefühle. Es hätte Crystal gerade noch gefehlt, wenn ihre eigene Tochter wegen schweren Diebstahls vor Gericht gestellt würde.
Ich setzte mich wieder ins Auto und fuhr zu Lloyd hinauf. Ich musste ihn ohnehin ein paar Dinge fragen, und das würde mir einen Vorwand liefern. Falls Leila zum Durchbrennen entschlossen war, konnte ich zwar nicht viel dagegen tun, aber es konnte nicht schaden, sie im Auge zu behalten.
Als ich auf Lloyds Haus zufuhr, sah ich, dass Licht brannte. Ich hielt vor der Einfahrt, stellte den VW ab und stieg aus. Lloyd arbeitete in der kleinen, frei stehenden Garage. Er hatte die Motorhaube seines Cabrios hochgeklappt, und seine Hände waren ölverschmiert. Er blickte mir ausdruckslos entgegen, als wäre mein Auftauchen vor seinem Haus etwas ganz Alltägliches. Ich hatte keine Ahnung, was er mit dem Innenleben des Motors vorhatte — zweifellos etwas Männliches. Er trug abgeschnittene Jeans, ein abgetragenes Sweatshirt und Gummilatschen. An einem seiner Brillengläser hing ein Schmutzfleck. Den Ohrring mit dem Schädel und den gekreuzten Knochen trug er nicht mehr.
»Sie sind Millhone«, bemerkte er, zu sich selbst genauso wie zu mir.
»Und Sie Lloyd Muscoe.«
»Schön, dass wir das geklärt haben.«
»Ich war gerade in der Gegend und dachte, ich schaue mal vorbei. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus. Ist Leila da?«
Er schmunzelte verhalten vor sich hin. »Kommt darauf an, was Sie wollen.«
Ich musterte den entblößten Motor, der aussah, als bestünde er nur aus Teilen, die explodieren konnten. Immerhin hatte ich gelernt, selbst zu tanken. Das war mein großer automobilistischer Triumph. »Was fehlt dem Wagen?«
»Nichts Konkretes, außer dass er alt und verbraucht ist. Ich wechsle das Öl, setze neue Zündkerzen ein und so weiter.«
»Ein bisschen aufmotzen.«
»Sozusagen. Ich fahre in zwei Tagen weg.« Er fasste hinein und zog ein kleines, knotiges Ding heraus, das er mit einem Lappen sauber wischte, bevor er es wieder hineinsteckte. Dann rückte er weiter unten an den lebenswichtigen Organen irgendetwas Zurecht.
»Wohin?«
»Vegas. Ich habe mir überlegt, Crystal zu fragen, ob ich Leila mitnehmen darf. Was meinen Sie?« Er zog mich nicht zu Rate, sondern machte nur Konversation, während er mit seiner Arbeit fortfuhr.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie zustimmt.«
»Das weiß man bei ihr nie. Sie hat die Nase voll von Leilas Problemen.«
»Das heißt aber nicht, dass sie sie rauswirft«, entgegnete ich. Ich wartete einen Moment, und als er nichts sagte, fuhr ich fort. »Glauben Sie, es täte Leila gut, sie schon wieder woandershin zu bringen?«
»Wenigstens hat sie sich drüben in Vegas benommen. Sie hasst diese Schule, auf die sie geht. Ein Haufen verwöhnter, reicher Debütantinnen. Nichts als rausgeworfenes Geld.«
»Sie scheint alles zu hassen.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie braucht eine starke Hand, weiter nichts. Jemanden wie mich, der ihr nicht jeden Scheiß durchgehen lässt.«
»Grenzen und Regeln.«
»Genau was ich sage.«
»Die bekommt sie auf Fitch, aber bis jetzt hat es nichts geholfen.«
»Zu
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