Tödliche Gier
spricht sehr ungern darüber. Es ist nach wie vor ein wunder Punkt. Jedenfalls sind wir jetzt allein, mein Bruder und ich.« Er trat an die Kühlbox, klappte den Deckel auf und sah zu mir her. »Kann ich Ihnen ein Bier anbieten?«
»O nein, danke. Ich wollte gerade zu Abend essen, als mir jemand Ihr Inserat gezeigt hat. Sowie ich mit Richard gesprochen habe, fahre ich zurück und esse dort.«
»Sie wollen also nichts trinken, weil Sie noch fahren müssen«, bemerkte er und lächelte bedauernd.
»Unter anderem.«
Er wühlte durch das zerstoßene Eis, zog eine Pepsi light heraus und riss sie auf. Ich hielt eine Hand in die Höhe, jedoch nicht schnell genug, um ihn aufzuhalten. »Ehrlich, ich habe keinen Durst.«
Sein Stirnrunzeln wurde durch einen gespielt missbilligenden Tonfall aufgelockert. »Kein Bier, kein Cola. Die Dose ist jetzt aber offen. Sie können ruhig einen Schluck trinken. Sie wollen doch nicht, dass das alles vergeudet wird«, wandte er ein. Erneut hielt er mir die Pepsi hin und schwenkte die Dose lockend in meine Richtung. Ich nahm sie, um ihn nicht zu brüskieren.
Er fasste erneut in die Kühlbox und nahm eine Flasche Bass Ale heraus. Dann hebelte er den Kronkorken auf und hielt sie am Hals, während er sich auf den Fußboden setzte. Er lehnte sich gegen die Wand und streckte vor sich die Beine aus. Seine Arbeitsstiefel wirkten riesig. Er zeigte auf die leere Teppichfläche. »Nehmen Sie doch Platz. Dann haben Sie es gemütlicher.«
»Danke.« Ich wählte einen Fleck ihm gegenüber, setzte mich auf den Boden und trank höflich einen Schluck Pepsi, bevor ich die Dose absetzte.
Tommy trank einen großen Schluck Bier. Er sah aus wie ein Mann, der es gewohnt ist, bei der Arbeit zu rauchen. »Früher hab ich noch geraucht«, erklärte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Es ist hart, aufzuhören, aber ich glaube, ich hab’s geschafft. Rauchen Sie?«
»Früher mal.«
»Bei mir sind’s jetzt sechs Monate. Ab und zu juckt’s mich noch, aber dann hole ich ein paarmal tief Atem, so wie jetzt...« Er hielt inne, um es zu demonstrieren, und sein Brustkorb weitete sich, als er die Luft hörbar durch die Nase einatmete. Dann atmete er aus. »So verschwindet die Lust auf eine Zigarette ziemlich schnell. Woher kommen Sie?«
»Ich bin von hier. War auf der Santa Teresa High.«
»Mein Bruder und ich stammen aus Texas. Aus einem kleinen Ort namens Hatchet. Schon mal davon gehört?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Liegt gleich bei Houston. Pop war in der Ölbranche. Zum Glück hat er die Firma verkauft, bevor die Preise in den Keller sanken. Er hat sein ganzes Geld in Immobilien gesteckt. Hat Einkaufszentren gebaut, Bürogebäude, alle Arten von kommerzieller Architektur. Kalifornien ist seltsam. Die Leute hier kommen mir ganz und gar nicht so freundlich vor wie dort, wo wir herkommen. Vor allem die Frauen. Viele wirken richtig hochnäsig.«
Erneut machte sich Schweigen breit.
Er trank noch einen Schluck Bier und wischte sich mit der Handinnenfläche den Mund. »Privatdetektivin. Das ist für mich was Neues. Tragen Sie eine Pistole bei sich?«
»Gelegentlich. Nicht oft.« Ich lasse mich nicht gern aushorchen, obwohl er wahrscheinlich nur höfliche Konversation treiben wollte, bis sein Bruder auftauchte.
Er schmunzelte träge, als hätte er meine angeborene Gereiztheit gespürt. »Also, welche sind Ihnen lieber? Männer, die viel zu jung für Sie sind, oder Männer, die viel zu alt sind?«
»Darüber habe ich noch nie in dieser Form nachgedacht.«
Er drohte mir mit dem Finger. »Männer, die viel zu alt sind.«
Ich merkte, wie meine Wangen warm wurden. So alt war Dietz nun auch wieder nicht.
»Ich mag Frauen in Ihrem Alter«, sagte er und ließ seine weißen Zähne aufblitzen. »Haben Sie einen festen Freund?«
»Das geht Sie nichts an.«
Tommy lachte. »Ach, kommen Sie. Sind Sie mit jemandem zusammen?«
»Mehr oder weniger«, antwortete ich. Ich wollte es mir mit dem Typen nicht verderben, da ich entgegen aller Wahrscheinlichkeit hoffte, diesen Raum mieten zu können.
»>Mehr oder weniger<. Das gefällt mir. Also was von beidem?«
»Eher >mehr<, schätze ich.«
»Kann keine heiße Liebe sein, wenn Sie schon schätzen müssen.« Er zog die Augen zu Schlitzen zusammen, als zöge er seine Intuition zu Rate. »Wissen Sie, was ich glaube? Ich wette, Sie sind richtig schizo. Ich wette, Sie sind total sprunghaft gegenüber anderen Menschen, vor allem Männern. Hab ich Recht?«
»Nicht
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