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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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kennen gelernt, als ich Polizeianwärterin war...«
    »Sie waren bei der Polizei?«
    »Zwei Jahre lang.«
    »Und der zweite?«
    »Der war Musiker. Sehr begabt. Nicht so gut in puncto Treue, aber in anderer Hinsicht war er nett. Er konnte kochen und Klavier spielen.«
    »Fähigkeiten, die ich bewundere. Und wo ist er jetzt?«
    »Ich habe keine Ahnung. Sie haben erwähnt, dass Ihre Eltern tot sind?«
    »Es ist seltsam, eine erwachsene Waise zu sein, aber auch wieder nicht so schlimm, wie man glauben könnte. Was war Ihr Vater von Beruf?«
    »Briefträger. Meine Eltern waren schon fünfzehn Jahre verheiratet, bevor ich kam.«
    »Dann hatten Sie ja nur fünf Jahre zusammen als Familie.«
    »Das stimmt wohl. So habe ich es noch gar nicht gesehen.«
    »Armes Ding.«
    »Jeder ist arm. So ist das Leben«, sagte ich.
    Der Kellner kam mit unserem Chardonnay, und wir sahen ihm höflich zu, als er sich durch das Ritual arbeitete, zuerst den Korken herauszuziehen, dann einen Probeschluck zu kredenzen und zu guter Letzt zwei Gläser einzuschenken. Wir hatten noch keinen Blick in die Speisekarte geworfen, und so gewährte er uns ein paar Minuten, um zu entscheiden, was wir wollten. Schließlich bestellte ich mir Brathuhn und Tommy die Pasta puttanesca. Vorher teilten wir uns einen Salat. Als die Hauptgerichte kamen, sagte Tommy: »Erzählen Sie mir von Ihrem Freund. Wie stehen Sie zu ihm?«
    Ich ließ die Gabel sinken und hatte das Gefühl, Dietz verteidigen zu müssen. »Warum soll ich mit Ihnen über ihn reden?«
    »Seien Sie nicht so widerborstig. Ich wüsste eben gern, was hier läuft. Zwischen uns.«
    »Gar nichts. Wir essen zusammen.«
    »Ich glaube, es steckt mehr dahinter.«
    »Tatsächlich. Und das wäre?«
    »Ich habe keine Ahnung. Deshalb frage ich ja Sie.«
    »Was tun wir eigentlich hier — unsere Beziehung definieren? Ich kenne Sie seit einer Stunde.«
    Er lächelte träge. Meine Ungehobeltheit, die ich offenbar nicht zügeln konnte, schien ihm nichts auszumachen. »Ich glaube, es sind eher zwei Stunden als eine. Ich habe Sie schon zweimal in den Mieträumen gesehen und dann jetzt.« Er trank den Wein in seinem Glas aus und schenkte sich nach, nachdem er mein Glas aufgefüllt hatte. Seine Augen waren wirklich von einem ganz außergewöhnlichen Grün.
    »Tja, also ich kenne Sie noch nicht lang genug«, sagte ich. »Außerdem sind Sie zu jung.«
    Er zog die Augenbrauen hoch, und ich merkte, wie ich rot wurde.
    »Was hat Sie veranlasst, nach Santa Teresa zu ziehen?«, fragte ich.
    »Sie wechseln das Thema.«
    »Ich lasse mich nicht gern drängen.«
    »Reden wir lieber über Sex. Erzählen Sie mir, was Sie im Bett mögen, falls es sich je ergibt.«
    Ich lachte. »Reden wir über die Grundschule. Ich habe meine gehasst. Wie fanden Sie Ihre?«
    »Gut. Hat Spaß gemacht. Ich war zwei Jahre hintereinander Anführer des Sicherheitsteams. Später war ich auf vier verschiedenen Colleges, habe aber keinen Abschluss gemacht. Vielleicht versuche ich es eines Tages noch mal. Ich hätte gern mein Zeugnis.«
    »Ich war zwei Semester auf dem Junior College, aber es hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich habe Spanisch für Erwachsene genommen und alles wieder vergessen außer > ola < und > buenos dias <.«
    »Können Sie kochen?«
    »Nein, aber ich bin sauber und ordentlich.«
    »Ich auch. Mein Bruder ist ein Schwein. Sie kämen nie drauf, wenn Sie ihn so sehen. Er zieht sich ganz anständig an, aber sein Auto ist chaotisch.«
    »Bei mir stehen Dosen mit Motoröl auf dem Rücksitz.«
    »Gehört zu Ihrer Arbeit«, sagte er nachsichtig.
    In dieser Art plauderten wir weiter, und ich merkte, dass mir sein Gesicht gefiel. Außerdem war ich mir seines schlanken und muskulösen Körpers sehr deutlich bewusst. Ich fragte mich, wo Dietz heute Abend wohl war. Jedenfalls nicht in Reichweite, also spielte es ohnehin keine Rolle, oder? Mir gefallen nur wenige Männer, allerdings nicht unbedingt deshalb, weil ich ihnen gegenüber wählerisch wäre. Ich lege großen Wert auf meinen Selbstschutz, und deshalb kommen nur solche in Frage, die — ja, was eigentlich sind? Mir fiel nicht ein, was es war, das es manchen Männern ermöglichte, meine Abwehr zu durchbrechen. Chemie vermutlich. Ich konzentrierte mich darauf, mein Hühnchen zu zerteilen und eine Gabel Kartoffelpüree zu probieren. Das rangiert auf meiner Geschmacksskala ganz oben — gleich hinter Erdnussbutter.
    Tommy berührte meine Hand. »Wohin sind Sie denn jetzt abgetaucht?«
    Ich sah auf

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