Toedliche Hoffnung
die nicht fertig wurde.
»Ich hab ihm gesagt, dass es nicht schlimm wäre«, fuhr der Bartender fort. »Nicht das Geld zählt für diese kleinen Wesen, sondern die Liebe, man muss sie bis zu seinem Tod lieben, das ist das einzig Wichtige.«
Ich griff nach dem Glas, verfehlte es allerdings, sodass es überschwappte, vom Tresen flog und zwischen den Füßen einiger britischer Fußballfans eine Bruchlandung hinlegte. »Schorry«, sagte ich.
Der Bartender fegte die Glasscherben zusammen.
»Wollen Sie einen guten Rat hören?« Er zeigte auf das Bild von Patrick. »Vergessen Sie den Typen einfach. Er ist verheiratet, er möchte Kinder. Für Sie gibt es nichts zu holen bei ihm.«
Ich nahm das Foto, über das ein Teil des Drinks gelaufen war, quer über Patricks Gesicht und weiter über das dunkle Holz in einem kleinen Rinnsal, das schließlich auf meine Knie tropfte.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, ein Taxi zu rufen«, sagte der Barkeeper, der nicht Harry hieß.
Die Tür stand einen Spalt weit offen und ließ einen Lichtstreif auf den Teppich fallen. Ich öffnete sie und gelangte in einen Durchgang, der zu einem weiteren Raum führte, viel größer als das kleine Hotelzimmer, das lediglich ein Wartezimmer gewesen war, wie ich nun begriff. Durch eine Reihe von Dachgauben flutetedas Tageslicht herein. An einem Schreibtisch mitten im Zimmer saß Patrick über seinen Laptop gebeugt.
»Bezahlen wir etwa für all das?«, fragte ich. »Hast du die ganze Zeit gewusst, dass es diesen Raum gibt?«
»Irgendwo muss ich ja schließlich arbeiten«, antwortete Patrick.
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass du hier bist?«
»Sie haben das Kind gefunden«, sagte er, und ich wusste, dass er von dem Säugling sprach, dessen Mutter im Krankenhaus von Los Cristianos gestorben war.
»Lebt es noch?«, wollte ich fragen, doch mit einem Mal war Patrick weg. Ich ging von Raum zu Raum und suchte ihn, und die Sirenen schlugen Alarm, denn das Haus war dabei, im Fluss zu versinken. Auf dem Weg nach draußen kehrte ich um und rannte erneut die Treppen hinauf, weil ich etwas vergessen hatte. Benji war da und Duncan, der Choreograf, die Arbeit ging einfach weiter, obwohl wir gerade untergingen und das eiskalte Wasser stieg und Stockwerk um Stockwerk überflutete, während die Sirenen heulten.
Ich erwachte mit einem Ruck und hatte mich im Laken verheddert. Die Decke war auf den Fußboden geglitten, und vor dem Fenster war es nachtschwarz. Der Traum hatte ein Gefühl geweckt, das ich festhalten wollte. Etwas, das ich vergessen hatte, das mir wieder einfallen musste. Der Alarm war noch immer zu hören, und ich begriff, dass es mein Handy war, das auf dem Nachttisch blinkte und lärmte. Die Zeit auf dem Display: 01:23 Uhr.
»Wurde ja auch mal Zeit, dass ich einen von euch beiden erwische. Aber ich verstehe nicht, warum er sich nicht meldet.« Es war Patricks Mutter. »Haben wir ihm was getan? Geht es schon wieder um seinen Vater? Dass es so schwer sein kann, mal ein bisschen zu planen.«
»Ach, hallo, du bist es«, sagte ich und richtete mich kerzengerade auf.
Wenn meine Schwiegermutter mitten in der Nacht anrief,musste etwas passiert sein. Dann fiel mir ein, dass es dort, wo sie sich befand, keineswegs Nacht war. Ich sah das helle Ledersofa im Wohnzimmer vor mir, wo sie und ihr Mann stets nebeneinander saßen und alle Mahlzeiten einnahmen, wenn sie allein waren. Im Salon wurde nur gedeckt, wenn Gäste kamen. Silberne Kerzenleuchter, Blumenservietten und vier Gänge. Eleonora Cornwall war immer ein wenig zu sehr bemüht.
»Ich muss es schließlich jetzt planen, wenn ich nicht selbst in der Küche stehen will, ich muss das Essen bestellen, und sie wollen es immer so lange im Voraus wissen.«
Ich beugte mich herab, zog die Decke vom Boden und wickelte mich darin ein. Mein Kopf war kurz vorm Zerspringen, und ich hatte einen Geschmack von altem Fisch im Mund. Von welchem Essen faselte sie? Dann fiel mir ein, dass sie in ein paar Wochen ihren Hochzeitstag feierten. Den achtundvierzigsten?
»Nur weil sein Vater und er unterschiedlicher Meinung sind, muss man sich doch noch lange nicht von der Familie distanzieren. So haben wir ihn nicht erzogen!«
»Wir kommen natürlich«, sagte ich matt.
»Ja, es ist ja kein runder Jahrestag, es wird also nichts Großes.«
»Wie viele Jahre sind es inzwischen?«
»Siebenundvierzig. Und mittlerweile sind wir einfach zu alt, um uns scheiden zu lassen.«
Für kurze Zeit hatte ich ein Bild von Patrick und
Weitere Kostenlose Bücher