Toedliche Hoffnung
anderen Reporter in seinen Job mit einbezogen.
»Könnten Sie denn jetzt einen Versuch unternehmen?«, fragte ich. »Eine Interviewanfrage an Alain Thery stellen?«
»Immer noch nichts Neues von Ihrem Mann?«, fragte Olivier, als ich am Abend ins Hotel zurückkehrte.
Ich schüttelte den Kopf.
»Ist Ihnen irgendwas eingefallen?«, fragte ich. »Was auch immer, jemand, den er traf, oder ein Anruf ...«
»Ich habe keine Ahnung, ob das etwas zu bedeuten hat ...«
Oliviers Blick flackerte.
»Was denn?«, fragte ich und beugte mich über den Tresen. »Es ist doch irgendwas, oder?«
»Er sagte, sie wollten in den Louvre gehen ... ich dachte ...«
»Sie? Wer denn noch?« Ich starrte Olivier an, der nervös an seinem Schlips zupfte.
»Warum haben Sie mir nichts davon gesagt?« In derselben Sekunde fielen die Puzzleteile an ihren Platz. »Es war eine Frau, oder? Er ist mit ihr in den Louvre gegangen und Sie haben es die ganze Zeit verschwiegen, weil Sie glauben, er hätte eine Geliebte!« Ich schlug mit der Hand auf seinen verdammten Rezeptionstresen. Da hatte er doch tatsächlich all die Tage hier herumgesessen und diskret geschwiegen!
Olivier nahm seine Brille ab, um sie im nächsten Moment wieder aufzusetzen.
»Es war an einem der letzten Tage, ja natürlich, am Tag bevor er auscheckte, denn er war gerade vom Markt zurückgekehrt, undich fragte, ob er etwas gekauft hätte, aber er antwortete mir nicht, sondern ging gleich auf sein Zimmer ... und ja, etwas später kam sie dann, diese Frau, und fragte nach ihm.«
Mich schauderte, als ich den Zusammenhang begriff.
Patrick hatte von Luc auf dem Markt eine Nummer bekommen und angerufen: Ich möchte mit Josef K. sprechen.
Und dann war eine Frau gekommen, um ihn abzuholen, genau wie ich vor dem Taillevent von einer Frau abgeholt worden war. Diese Frau hatte Patrick am Montag getroffen, am Tag vor seiner Abreise, und sie wusste etwas über Josef K. Ich drehte eine Runde im Foyer. Das bedeutete auch, dass sie wusste, wohin er gereist war.
»Wie sah die Frau aus«, fragte ich und hörte, wie meine Stimme zitterte. »Können Sie sie beschreiben?«
Olivier sah weg, fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Tja, also, sie war schon so eine, der man als Mann hinterhersieht.«
»Hübsch?«
»Dunkel, ziemlich klein, große Augen.«
Die Augen waren das Einzige, was ich von ihr gesehen hatte. Und die Statur. Der Portier war genauso groß wie Patrick. Verglichen mit ihnen war sie also eindeutig ziemlich klein.
Olivier lächelte nervös. »Sie ähnelte Juliette Binoche, fand ich und sagte es ihr auch, aber sie freute sich nicht sonderlich darüber, sie bekommt so was wahrscheinlich regelmäßig zu hören.
»Konnten Sie hören, wo sie herkam?«
»Sie war auf jeden Fall Pariserin und nicht gerade aus der Unterschicht, möchte ich meinen.«
Ich nahm meinen Schlüssel und suchte ihre Nummer im Handy, während ich die Treppen hinaufging. Sie war unter dem Namen Josef K. eingespeichert.
Es tutete einmal. Dann noch einmal. Ich schloss mein Zimmer auf und ging hinein.
Nach dem fünften Klingeln wurde das Gespräch weggedrückt.
Als ich erneut anrief, hatte ich die automatische Mailbox amOhr. Dann piepste es zum Zeichen, dass man eine Nachricht hinterlassen sollte.
»Ich möchte über Patrick Cornwall sprechen«, sagte ich. »Ich weiß, dass er Josef K. interviewen wollte.«
Ich legte auf und setzte mich an den Computer, blieb lange im Schein des Bildschirms sitzen und starrte auf das Bild einer französischen Schauspielerin, während das Rauschen der Stadt vor meinem Fenster allmählich verstummte. So sah sie also aus.
PARIS
SONNTAG, 28. SEPTEMBER
»Hallo?«
Auf meinem Display leuchtete unterdrückte Nummer auf.
»Hab ich Ihnen nicht gesagt, dass Sie sich raushalten sollen?«
Sie war es. Die Frau aus dem Auto. Ich setzte mich kerzengerade im Bett auf. Diese Stimme hätte ich unter Millionen anderen erkannt.
»Wer sind Sie eigentlich?«, fragte ich. »Und wo fuhr Patrick Cornwall hin, nachdem er Paris verlassen hatte?«
»Sie sollten nach Hause fahren«, sagte sie nur.
»Er wollte Josef K. treffen, oder? Wo hält er sich auf?«
Ein Einatmen am anderen Ende, gefolgt von einer Sekunde des Schweigens. Mein Herz klopfte so sehr, als wollte es das Brustbein sprengen, um als pulsierender Klumpen auf meinen Knien zu landen.
»Sie haben gestern einen Mann namens Salif getroffen«, fuhr die Frau am anderen Ende fort.
»Woher wissen Sie das?« Ich zog die Decke fester um
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