Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
Vom Netzwerk:
verlassen würde – und zwar für immer.
    »Und außerdem hättest du ja wohl sagen können, dass du mit Patrick verheiratet bist, wie hätte ich das bitte erraten sollen?«
    Ich blieb auf dem Treppenabsatz stehen und wandte mich zu ihm um.
    »Und du hättest sagen können, dass deine Freundin ihn nach Lissabon gelockt hat.«
    »Sie ist nicht meine Freundin«, sagte Arnaud.
    In der vollgestopften Bürohalle sank er auf seinen Stuhl.
    »Noch dazu wusste ich überhaupt nicht, dass er nach Lissabon fahren würde.« Er fuhr sich durchs Haar. »Sie erzählt mir nicht alles. Ich habe ihr gesagt, dass ich es lieber gar nicht wissen will.«
    »Wer ist sie eigentlich?«, fragte ich.
    Arnaud lachte, und sein Blick verfinsterte sich für einen Moment.
    »Die Frau, die alle Männer lieben. Doch niemand bekommt sie«, sagte er leise. »Sie kommt und geht wie die Jahreszeiten.«
    »Erspar mir deine Poesie«, fuhr ich ihn an.
    »Das ist aus Nedjma, einem großen algerischen Roman. Die Hauptfigur heißt Nedjma, aber der Name ist auch ein Symbol. Er bedeutet Stern .«
    Ich setzte mich auf den Rand seines Schreibtischs und stieß dabei versehentlich gegen einen Stapel Zeitungen, der auf den Boden rutschte. Ich kümmerte mich nicht darum.
    »Sie stammt also auch aus Algerien?«
    »Nein, nein, das ist nur ein Name, den sie sich ausgesucht hat, ein Pseudonym.« Arnaud fingerte nervös an einem Stift, trommelte damit auf den Schreibtisch. »Sie ist in Neuilly-sur-Seine aufgewachsen, sagt dir das was? Da wohnt auch der Präsident.« Er lächelte ein wenig. »Doch im Unterschied zu ihm war sie tatsächlich auf der Sciences Po. Ihr Vater hat sie dazu gezwungen, und sie sagt, das Einzige, was sie dort gelernt hätte, wäre alles zu hassen, für das diese Welt steht.«
    »Wie heißt sie mit richtigem Namen?«
    »Es ist besser, wenn du das nicht erfährst. Sie hat alle Brücken hinter sich abgebrochen, sie verwendet nie ihren richtigen Namen. Seit Kurzem ist sie völlig untergetaucht. Ich weiß nicht einmal, wo sie derzeit wohnt.«
    »Seit das in Lissabon passiert ist?«, fragte ich.
    »Ich weiß nur, dass sie Josef K. versteckt hat und er jetzt tot ist. Jemand hat Informationen über sie weitergegeben.« Arnaud sah sich um. Nervös, verzweifelt. Er senkte die Stimme. »Es sind dieselben Menschen, die Salif aufgespürt haben. Am Ende werden sie auch Nedjma finden.«
    »Wie kannst du wissen, dass sie nicht auch mit dir ein doppeltes Spiel treibt?«
    »Ich bin nicht mit all ihren Methoden einverstanden, aber ich weiß, wie sie ist, wenn niemand anders zusieht, wenn nur sie ...« Er unterbrach sich und blickte mich an. »Sie ist wahrhaftiger als jeder andere Mensch, den ich je kennengelernt habe.«
    »Warst du in der Nacht, als es brannte, bei ihr?«
    Arnaud blickte unglücklich drein. Ich überlegte, ob er darunter litt, am falschen Ort gewesen zu sein, oder ob es ein Ausdruck des Leidens darüber war, eine Frau wie Nedjma zu lieben.
    »Wer mit ihr zusammen ist«, sagte er, »bewegt sich auf der Grenze zwischen Himmel und Hölle. Es ist ein Ort, an den die wenigsten je gelangen.«
    Es brannte in meiner Brust. Ich sah weg, wollte nicht mehr über sein Liebesleben wissen, über niemandes verteufeltes Liebesleben, und in derselben Sekunde fiel mir auf, dass der Platz, an dem Sylvie gesessen hatte, nun leer war. Vielleicht war sie nicht mehr so engagiert, wahrscheinlich hatte sie die Hoffnung auf Arnaud aufgegeben. Die Konkurrenz war zweifellos hart.
    »Wo ist denn deine andere Verehrerin?«, fragte ich. »Ich dachte, sie wäre so gut wie immer hier.«
    »Du meinst Sylvie? Ich habe keine Ahnung, wo sie ist, ich habe sie schon seit gestern Vormittag nicht mehr gesehen.«
    Wir schwiegen. Seine Worte blieben in der Luft hängen.
    Gestern Vormittag. Seit er Salif tot auf der Treppe vor diesem Haus gefunden hatte.
    Doch in diesem Moment sah ich nicht ihn vor mir, sondern Sylvie. Und allmählich nahm ein Gedanke Form an, etwas, das ich zwischen den vielen, verstreuten Puzzleteilen übersehen hatte.
    Das Mädchen mit den kurzen Haaren und den zerrissenen Jeans, das überall dort auftauchte, wo Arnaud war. Und das sich so eifersüchtig einmischte.
    Zum Teufel, dachte ich. Könnte es einen solchen Zusammenhang tatsächlich geben?
    Ich ging zu dem Platz, an dem sie gesessen hatte, an Kartons mit Plakaten und Gerümpel vorbei. Versuchte mich zu erinnern, was sie gesagt hatte: Sie hatte mit mir über Josef K. gesprochen und verraten, dass Arnaud die Männer

Weitere Kostenlose Bücher