Toedliche Intrige
mich an.
»Ich sollte vielleicht nicht so über sie reden. Verrate ich hier irgendwelche Geheimnisse?«
»Das glaube ich nicht«, sagte ich verlegen, um irgendetwas zu sagen.
»Ich habe gehört, dass sie eine Abtreibung gemacht hat.«
»Eine Abtreibung?«
»Die Freundin meiner Schwester arbeitet bei einem Arzt...«
»Ich hatte gehört, dass sie keine Kinder bekommen kann«, unterbrach ich sie. »Tatsächlich?« »Ganz bestimmt.«
»Ich habe aber etwas anderes gehört!« Sylvia ließ sich nicht beirren. »Du glaubst vielleicht, dass ich lüge. Du glaubst vielleicht, dass ich mir das alles zusammenlüge.«
»Nein«, sagte ich, »ganz bestimmt nicht, es ist nur, ich ... Für mich ist das ganz neu, ich glaubte ...«
Sylvia leerte ihr Glas.
»Weißt du, wann das war?«, fragte ich.
»Vor drei Jahren ungefähr, oder so was Ähnliches.«
»Du weißt, was mit Tómas, ihrem Mann passiert ist?«, sagte ich.
»Ja, ja, das war doch in den Nachrichten.«
Diese Eröffnung hatte mich völlig aus der Bahn geworfen. Ich erinnerte mich nur zu gut, als Bettý mit mirüber ihre und Tómas' Probleme sprach. Als sie mir von der Fehlgeburt erzählte und den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung. War sie tatsächlich so weit gegangen, so etwas zu erfinden?
»Darüber wirst du aber doch nicht in diesem Blatt schreiben, oder?«, sagte Sylvia. »Über diese Abtreibung und dass sie es früher mit Mädchen machte und dass sie sich nie bei einem meldet, nie.«
Sylvia füllte ihr Glas noch einmal, stand auf und hielt es in der Hand.
»Hat sie etwas darüber gesagt ... nein, das wäre irgendwie komisch ...«
»Worüber soll sie etwas gesagt haben?«
Sylvia ging zum Wohnzimmerfenster und schaute in den Garten, auf die Schaukel und den Sandkasten.
»Hier spielen nie Kinder in diesem Garten«, sagte sie. »Ich hab hier in diesem Block noch nie Kinder gesehen.«
»Nein, es ...«
»Hat sie etwas über mich gesagt?«, unterbrach sie mich und schien davon auszugehen, dass ich von Bettý zu ihr gekommen war.
Ich brauchte eine Weile, bis ich begriff, was sie meinte.
»Hat sie etwas über mich gesagt?«, wiederholte sie. »Sie bat mich, Grüße auszurichten«, log ich und verachtete mich selbst wegen dieser Lüge.
26
K lick -klackend führte mich Guðlaug den Gefängniskorridor entlang zum Verhörraum. Ich hätte ihr am liebsten gesagt, sie sollte sich statt der Clogs weiche Sandalen kaufen, aber aus Kinofilmen hat man gelernt, dass man Gefängniswärter nicht provozieren soll.
Diesmal warteten Dóra und Lárus schon auf mich. Irgendjemand befand sich hinter dem Spiegel, denn beide waren ausgesprochen höflich, vor allem Lárus. Das war sonst nicht seine Art. Beide waren superordentlich gekleidet. Ich fand auch, dass Dóra besser aussah. Ich blickte in den Spiegel, aber wie gewohnt sah ich nichts anderes als mich selbst in diesem schrecklichen Zimmer. Ich überlegte, ob womöglich der Polizeipräsident persönlich auf der anderen Seite sein konnte.
Lárus schaltete das Tonbandgerät ein. Er verlas das Aktenzeichen des Falls sowie Datum und Tageszeit. Es war erst kurz nach zehn. Morgens, nahm ich an, aber das spielte keine Rolle für mich.
»Wir haben über Tómas vermeintliche Vergewaltigung gesprochen, Sara«, sagte Lárus, der angestrengt darumbemüht war, sich formell zu geben. »Du streitest ab, dass es eine Vergewaltigung gewesen ist.«
»Ist das eine Frage?«, entgegnete ich.
»Hat Tómas dich vergewaltigt?«, fragte Lárus.
»Nein«, sagte ich, »das hat er nicht getan.«
»Würdest du sagen, dass es - falls er es getan hätte -für dich ein ausreichender Grund gewesen wäre, ihn umzubringen ? «
»Falls?«
»Keine Ausflüchte«, sagte Dóra. »Wir haben genug andere Dinge am Hut.«
»Ja«, sagte ich. »Ich finde, dass man Vergewaltiger umbringen sollte, aber es hat eben keine Vergewaltigung stattgefunden.«
»Dagegen steht die Aussage deiner Freundin«, sagte Dóra.
»Sie lügt«, sagte ich. »Begreift ihr das nicht? Werdet ihr nie begreifen, dass alles, was sie sagt, gelogen ist?« »Ruhig bleiben«, sagte Lárus.
»Du kannst mich mal«, stieß ich hervor. »Bettý hat eine Abtreibung machen lassen, wusstet ihr das? Hat sie es euch gesagt? Habt ihr sie danach gefragt? Habt ihr sie danach gefragt, weshalb sie eine Abtreibung machen ließ?«
»Was hat das mit der Sache zu tun?«, fragte Dóra.
»Mit der Sache zu tun?«, konterte ich. »Ihr seid doch von der Polizei. Findet ihr das
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